Ein erstaunlich vital gebliebener Endfünfziger, den kennenzulernen ich unlängst (vgl. tandaradei) das nachmittägliche Vergnügen hatte, arbeitet als ehrenamtlicher Betreuer für taubstumme Homosexuelle. Von ihm habe ich gelernt, daß das Gehörlosenzeichen für lesbisch darin besteht, die Arme wie bei der japanischen Begrüßung vor dem Bauch zu verschränken, um sich dann mit der rechten Hand den linken Ellenbogen zu kitzeln und umgekehrt. (Daß das Zeichen für männliche Homosexuelle darin besteht, sich mit dem Daumen das rechte Ohrläppchen zu kitzeln, wußte ich bereits.)
Ach H. ich habe dich sehr gern gehabt, und es war ein schöner Nachmittag; dein Referat über die Hardangerstickerei war vielleicht ein wenig zu lang und schwul geraten, aber dein daumennagelgroßer Schmetterling auf der linken Arschbacke, den du zuvor noch als Alterstorheit entschuldigt hast, war eigentlich sehr gelungen. 'Zu dumm, daß ich seine Adresse verlor' (Hair, 'Frank Mills'). Aber wer weiß, wozu es gut war, du wärst der zweite Mann in meinem Leben gewesen, dessen Telefonnummer ich nicht weggeworfen habe, und mit dem ersten bin ich nach sechzehn Jahren immer noch zusammen. Ein Mangel an Ordnungssinn offenbart Vermeidungsstrategien.
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