Töten ist einfacher und billiger als gefangen nehmen
Um Menschenrechte wieder für Gefangene in den Konfliktgebieten oder in Guantanamo zu achten, wird von der US-Regierung der Krieg mit den Kampfdrohnen ausgeweitet
Um Geheimgefängnisse oder berüchtigte Lager wie Guantanamo schließen zu können, hat US-Präsident Obama eine nicht weniger schmutzige Strategie aus der Bush-Zeit gefördert: den Einsatz von Kampfdrohnen zur Tötung von verdächtigen Personen in Regionen, in denen dies wie im Irak, an der afghanisch-pakistanischen Grenze oder im Jemen geduldet wird. Im »failed state« Somalia wurden die Drohnen auch zum Töten eingesetzt.
Der Preis für die zumindest versuchte, wenn auch bislang wenig geglückte Wiedereinführung rechtsstaatlicher Prinzipien für die Verhaftung, Internierung und Behandlung der von der Bush-Regierung zu Outlaws gemachten »feindlichen Kämpfer«, ist die Ausweitung der gezielten Tötungen. Schon vor einiger Zeit wurde bekannt, dass die US-Soldaten in Afghanistan die Anweisung erhalten haben sollen, verdächtige Aufständische, die auf »Kill-or-capture«-Listen aufgeführt werden, möglichst nicht mehr gefangen zu nehmen, sondern lieber gleich zu töten.
Mit Gefangenen fangen die Probleme an, schließlich müsste dann nachgewiesen werden, dass es sich tatsächlich um Aufständische handelt, die Angriffe ausgeführt haben oder solche planten. Bei Verhören könnte nicht mehr mit den erweiterten Methoden vorgegangen werden. Die Frage entstünde, ob es sich um Kriegsgefangene handelt oder um Kriminelle, die vor Gericht gestellt werden müssten. Da Menschenleben in den Konfliktregionen nicht viel wert sind, wenn es sich nicht um US-Amerikaner oder andere westliche Soldaten handelt, ist das Töten auf Verdacht die pragmatischere und billigere »Lösung«.
Ein Pentagon-Mitarbeiter sagte der Nachrichtenagentur Reuters unter der Bedingung der Anonymität, dass das Töten zunehmend die bevorzugte Option geworden sei. Dabei werden mehr und mehr Menschen auf Verdacht getötet, die nicht der Führungsebene der Taliban oder von al-Qaida zugerechnet werden, sondern auf der unteren oder mittleren Ebene fungieren sollen. Das aber bedeutet auch, dass mit den Drohnenangriffen, die neben der traditionellen Kriegsführung Angst und Schrecken verbreiten und die Rückzugsmöglichkeiten der Gegner unterminieren sollen, auch mehr und mehr Zivilisten getötet werden könnten. Genaue Zahlen über die Opfer gibt es nicht, vor allem nicht darüber, wie viele unschuldige Menschen sind, da das US-Militär zuerst einmal immer beteuert, dass es sich um Taliban- oder al-Qaida-Mitglieder handelt. Eine wirkliche Aufklärung gibt es nicht. Allerdings kommt die Strategie, den Drohnenkrieg auszuweiten, mittlerweile in den USA unter Kritik. Die westlichen Verbündeten, Deutschland eingeschlossen, scheint das alles nicht zu bekümmern.
Florian Rötzer20.05.2010
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