"Judith Butler über das Subjekt der Unterwerfung
Diesen »Prozeß des Unterworfenwerdens durch Macht«, der zugleich ein »Prozeß der Subjektwerdung« ist, bezeichnet Butler als »subjection«. Für den kaum ins Deutsche zu übertragenden Begriff hat Reiner Ansén, der das Buch übersetzt hat, den treffenden Neologismus »Subjektivation« gefunden. Der Terminus bezeichnet weder nur »Beherrschung«, noch nur »Erzeugung« eines Subjekts, sondern vielmehr eine »gewisse Beschränkung in der Erzeugung«, ohne die das Subjekt überhaupt nicht hervorgebracht werden kann, eine »Restriktion« also, mit und durch die sich diese Hervorbringung allererst vollzieht.
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Butler folgt Foucault in der Auffassung, dass das Subjekt durch eine »ursprüngliche Unterwerfung unter die Macht« geschaffen werde, moniert aber, dass er es dabei belasse, auf die Ambivalenz dieser Formulierung hinzuweisen, ohne dem Doppelaspekt von Macht als Unterwerfung und Erzeugung nachzugehen. Zudem lasse er die »gesamte Sphäre der Psyche« außer acht. Über Foucault hinausgehend will sie nun zeigen, dass die Theorie der Macht und die Theorie der Psyche einander erhellen und befruchten können. Ihr zentraler Bezugspunkt bleibt dabei jedoch stets Foucault, an dessen Theorie der Subjektgenese sie eine psychoanalytisch begründete Kritik oder besser gesagt Korrektur vornimmt, da sich die Subjektivation - vor allem der Vorgang, bei dem das Subjekt zum »Prinzip seiner eigenen Unterwerfung« wird - ohne Zuhilfenahme einer psychoanalytischen Erklärung der »formativen und generativen Wirkungen von Restriktion« nicht verstehen lasse.
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Ausdrücklich versucht sich Butler bei der Erörterung der praktischen Bedeutung ihrer Theorie der Subjektivation von »politisch scheinheilige[n] Formen des Fatalismus« ebenso freizuhalten wie von »naive[n] Formen des politischen Optimismus«. Zunächst einmal hält sie fest, dass sich aus der »ursprünglichen Komplizenschaft mit der Unterordnung« keine deterministisch notwendigen »historischen oder logischen Folgerungen« ableiten lassen. Zwar verhänge das Subjekt die Subjektivation als Unterordnung über sich selbst, doch da diese im Zuge der Evozierung des Subjekts Vorbedingung für dessen Handlungsfähigkeit sei, werde sie ihrerseits zur »Begründung dafür, dass das Subjekt Garant seines Widerstands und seiner Opposition« werde, wie sie mit Foucault betont.
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In den Worten ihrer über Foucault hinausgehenden Verknüpfung der Theorie der Subjektivation mit einer Theorie der Psyche heißt das, dass der »Trieb« als Ort der »potentiellen Kontrolle« zwar ständig erzeugt wird, diese Erzeugung jedoch die sie »leitenden Reglementierungsziele« überschreitet. So ist zwar die Möglichkeit des Subjekts zum oppositionellen Handeln immer schon im Bestehenden befangen: Das Subjekt empfängt - um es mit Adorno zu sagen - seinen »Raum zum Atmen von der Gnade dessen [...], wogegen es rebelliert«. Doch dieses treibt - und das sah Adorno nicht - notwendigerweise jene hervor und über sich hinaus. »Wenn das Begehren letztlich auf das Fortdauern seiner selbst« zielt, dann sei der »Fähigkeit des Begehrens, sich zurückzuziehen und neu anzubinden«, die »Verwundbarkeit jeglicher Strategie der Subjektivation« inhärent, lautet das alles andere als naive, wohl aber gemäßigt optimistische Fazit Butlers."
es bleibt also noch hoffnung.
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