Beim Telelearning schaltet sich gelegentlich die Webcam einer Teilnehmerin an. So angenehm es ist sie zu sehen, so unheimlich ist der Gedanke, dass sie nicht steuern könnte, wann sie für Dritte sichtbar ist. Manchmal ergibt sich aus ihrem Sichtbarwerden eine Situationskomik, die der ähnelt, die Stimmenhören für mich ausmacht. Ich höre etwas, während ich etwas lese, ordne das Gehörte dem Gelesenen zu und halte es im Blaster fest - ein Zusammenhang, der sich so Dritten nicht mehr erschließt, umso weniger je kürzer die notierten Wortbruchstücke sind. Das heißt aber nicht, dass sich die daraus beim Schreiben ergebenden Emotionen schnell vergessen lassen. Es ist eher so wie der Kontrollverlust nach dem Vorstellungsgespräch, bei dem ich bis in die dunkelsten Ecken meiner Erinnerung abgleite, mit meinem Gegenüber einen für Dritte einsehbaren Raum betrete und erschrecke, wenn er sich auf von mir Gesagtes bezieht, weil ich nicht einordnen kann, wie der unsichtbare Dritte es aufnehmen wird. Konkret: ich hab von meiner Trennung gesprochen und die künftige Arbeitgeberin beschreibt die Tragik des allein zurückgelassen Werdens, während ihr eigener Mann hinter verschlossener Tür schwer zu atmen scheint. Bleibt nur die Augen weit aufzureißen und zu hoffen, dass er die nötige Leichtigkeit beim Hören behält.
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