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mod schrieb am 20.10. 2002 um 20:06:19 Uhr über

sinnflut

die sinnflut

eine junge frau - eine freundin erwähnte, sie denke, träume schon so viel vom nächsten jahr.

»was wird so anders sein am nächsten jahr, als an diesem meinem«, fragte der oktober (diesen jahres).

»nächstes jahr werde ich heiraten«, antwortete der tod. »nächstes jahr werde ich töten«, geiferte die liebe ein wenig aufdringlich schwatzhaft dazwischen.

- »nächtes jahr werde ich endlich weit, weit fort in die fremde ziehen«, orakelte die heimat nach einer pause peinlichen schweigens, die dieser bemerkung wiederum gleichermaßen folgte. - "und ich besuche eine fortbildung zum thema 'eine heimat kann heute jede sein' plauderte die fremde - sichtlich um einen lockeren scherz bemüht, aus.

»dann werd ich wohl versuchen müssen, im nächsten jahr mit dem juli meinen urlaub zu tauschen«, stöhnte resigniert der oktober.

»hier dürfen sie nicht parken«, geiferte eine alte lady, die zeitlebens nie einen führerschein besaß. »ausländer raus«, skandierten haßerfüllt die schneeweißen januar und februar (nächsten jahres) im chor, als sie den farbig bunten oktober (diesen jahres) erblickten.

»kommt ihr erst mal in mein alter«, schimpfte der oktober (diesen jahres) daraufhin bereits am zweiten. »und alles liebe zum tag der deutschen zweisamkeit« lallten die beiden min- derjährigen zwillinge politak und polituk dazwischen.

»jetzt reichts ! auseinandergehen ! dies ist eine nichtgenehmige demonstration !« befahl brüllend ein verstört wirkender knüppelschwingender, schildbewehrter polizopt, für den dies bereits sein drittes reich -, weil das dritte das erste war.

»du wirst auch noch ruhiger«, versprach ihm im gegenzug ein antifaschistisches megaphon, das gerade auf der suche nach einer guten demo des weges kam.

gott, der, wenn es einen gäbe, ob dieses irdischen getöses sicherlich aus seiner himmlischen mittagsruheruhe aufgeschreckt wäre, stellte plötzlich fest, daß immer, wenn ihm in letzter zeit jemand mit einer dieser allgemeinplatzierten sinnlosigkeiten (»ruhiger werden«) begegnete, sich auf seinem gesicht ein weises, andererseits auch arrogant-überheblich wirkendes, quasi päpstliches lächeln auszubreiten begann, dessen gesichtsmuskeltonus alleine bereits genügte, übelkeit in seier kehle aufsteigen zu lassen... voller wehmut gedachte er der zeit vor der sinnflut.

021091 mod'91



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