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mcnep schrieb am 8.12. 2007 um 14:24:34 Uhr über

rheinisch

Anekdoten zählen sicher zu den tutigsten Erzählgenres, die man sich denken kann: »... als der große Menschenfreund Friedrich der Große einmal in Köstritz bei dem für seine Scharfzüngigkeit gefürchteten Hofrat Gernot von Donsbach nach Tabak fragte, da er den seinen in der Kalesche vergessen hatte...«, so etwas geht wirklich nicht mehr, da liest man schon gar nicht weiter, es sei den, man will einem Salamander beim Kameradschaftstreffen oder dem bunten Abend in der Seniorenresidenz 'St. Stefan und Maximin' ein verträgliches Restmaß an Würze verleihen. Aber was ich heute über den Kölner Dirigenten Günter Wand gehört habe, scheint mir berichtenswert; nicht ob irgendeiner in Neusilber gegossenen Sentenz, für deren exakten Wortlaut ich mich nicht einmal verbürgen könnte, das ging heute unnotiert zwischen den Ohren durch irgendwo auf der Autobahn im deutsch-niederländischen Niemandsland, aber die dahinter stehende Geste scheint mir berichtenswert in einer Zeit, da sich die Existenzberechtigung von Theatern und Konzerthäusern wieder mehr und mehr an der Auslastung und Marktnähe zu bemessen scheint: Günter Wand war der vielleicht bedeutendste deutschsprachige Dirigent der Karajan-Ära, dabei anders als dieser meist zurückhaltend, wenn es um die mediale Verwertung ging. Zudem endete für ihn die Musikgeschichte nicht bei Richard Strauss und Strawinsky, er setzte sich vielmehr vehement dafür ein, dass die neuen Komponisten seiner Kölner Zeit - also grob gesprochen von 1947 bis 1975 - einen festen Platz auf dem Spielplan bekamen und auch in den traditionell konservativen Abonnementskonzerten gespielt wurden. Ein Komponist, für den er sich dabei besonders einsetzte, war Bernd Alois Zimmermann, mit dem ihn auch eine wenn gleich kritische und schwierige persönliche Freundschaft verband. Als das Konzertpublikum bei einem von Wands Gürzenich-Konzerten auf die Uraufführung eines neuen Zimmermann-Stücks mäßig begeistert und mit hörbarer Unruhe reagierte, wendete Wand (sic) sich nach dem Schlussakkord ans Publikum und sagte in seinem von keinerlei Geziertheiten getrübten Rheinisch: »Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, sie haben dieses Stück noch nicht verstanden. Erlauben Sie mir also, dass ich es ihnen noch einmal zu Gehör bringe...«, sprach es, und ließ das Orchester erneut den Zimmermann spielen.


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