a) Rainald Goetz: Abfall für alle
Rainald Goetz, Jahrgang 1954, vor knapp zehn Jahren als ”Junger Wilder” der deutschen Literaturszene bezeichnet, wurde mit den Wer-ken Irre und Rave bekannt. Und dadurch, daß er sich 1983 – während einer Lesung beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis – mit einer Rasierklinge die Stirn aufschnitt und das Blut auf sein Manuskript tropfen ließ.
Rainald Goetz hat als einer der ersten etablierten Autoren das Netz als Publikationsmedium entdeckt und veröffentlichte dort seit dem 2.2.1998 das täglich aktualisierte Online-Tagebuch Abfall für alle. Diese Texte wurden nur für das Internet verfaßt und waren auch nur online zugänglich.
In diesem kürzlich abgeschlossenen Projekt erzählt er von großen und kleinen Alltäglichkeiten – vom Fernsehen und dem Wetter beispielsweise – und leitet daraus teilweise provokative Thesen zu Kultur, Medien und Literatur ab: ”Natürlich wäre es denkbar, daß auch im Fernsehen Buchkritiken erscheinen, OHNE daß der Autor in einem ganz komischen Akt von Kumpanei sich durch Mitmachen und Gesichtherzeigen zum Teil der Sache macht. Es müßte doch ein Interesse da sein, die Logik des Mediums in Beziehung zu so einer Aufga-benstellung zu setzen. Die Antwort der Münchner Fernseh-Kultur-Leute, im 3. BR-Programm zum Beispiel, ähnlich wie im WDR, ist seit Jahren ein hochgetriebener Subjektivismus. [...] Wie im billigsten Boulevard-Fernsehen, bloß andere Musik, von der Methode her gleich. [...] Sie sind halt Fernseh-Kultur-Journalisten. Sie sind, entschuldigung, das Letzte.”
Rainald Goetz attackiert Autoren, (Literatur-)Kritiker, Journalisten, Musiker, ‘Fernsehleute’ und wurde so zum kritischen Filter der aktuellen Öffentlichkeit, wobei seine Ansichten und Bewertungen manchmal recht launisch erscheinen. Diese Subjektivität gekoppelt mit der Nutzung des Internet als (literarisches) Medium machen ihn sowohl zum Kritiker als auch Initiator unserer Kulturlandschaft.
AlwaysUltra sagt: ichbinderwahremessias
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