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wuming schrieb am 15.7. 2007 um 00:43:18 Uhr über

neoismus

Einführung in eine wahre Geschichte des Neoismus
(Vortrag auf dem »borderline-Kongreß«, Wiesbaden, 9.6.2001, 16 Uhr)


Wie das so geht. E-Mail. Ob man sie liest. Manchmal ist da weiter nichts
zu entscheiden, da liest man sie natürlich NICHT. Bei Weltschmerz. Wenn
man wie ein Schatten verkatert durch die Bude schleicht. Oder
stinkfaul auf dem Bett verwest, im Heideggerschen Sinne natürlich
und vorerst. Ich habe gelesen, daß sie bei der Bahn eßbares Geschirr
und eßbare Verpackungen für ihren Fraß ausprobieren. Das hat was mit
Nägelknabbern zu tun, sublimes Nägelknabbern. Manche fressen Popel,
kriegen Schuppen groß wie Haferflocken, bloß um was von sich auffressen
zu können; ein unbewußtes Entgegenkommen eigenerseits, um endlos in
Schwund zu gehen. Das kann man heute auch mit E-Mail, sich temporär in
nichts auflösen. Und wenn man gerade beim Schuppenfressen ist, kommt
meistens keine, aber manchmal doch E-Mail. Also es kommt E-Mail. Für
die folgende Geschichte. Und für so eine Geschichte liest man sie. Denn
»Geschichten« kommt von »Schichten«, und Korrespondenz verursacht nicht
selten komplexe Neusedimentierungen. Erst- und Umschichtungen. Deshalb
muß man sie ab und zu lesen, sonst passiert bald überhaupt nichts mehr.

Eines Tages, genauer gesagt am 24. Februar 2001, meldete sich ein
Sascha Büttner per E-Mail. Er wollte einen »borderline«-Kongreß in
Wiesbaden organisieren. Es solle um "Strategien und Taktiken für Kunst
und soziale Praxis" gehen. Ob ich Interesse hätte, ein Referat im Rahmen
des »Netzblocks« zu halten. "Du kannst machen, was Du willst, bloß bitte
zum Thema 'Neoismus'!" Und weil's fünfhundert Mark Lohn dafür gibt, plus
zweihundertfünfzig für die Bahnfahrt plus kostenlose Übernachtung plus
Verpflegung, sage ich zu. Obwohl ich automatisch zum Buschmesser greife,
wenn ich »Neoismus« höre. So ein blödes Wort! »No-Ismus« zum Beispiel war
noch lustig. In einer amerikanischen Späthippie-Kommune hatten sich ein
paar gestrandete Subkultur-Existenzen und Kunstclowns »No-Isten« genannt,
Ende der 70er Jahre war das, und einfach eine Albernheit. 1978 oder
1979, keiner weiß es genau, wurde dann aus »No-Ismus« »Neoismus«. Also
ein Präfix »Neo« und ein Suffix »Ismus«, das so zusammengezwackt noch
sinnbefreiter war als »No-Ismus«. Niemand nahm es ernst, die Neoisten
am wenigsten. Womit hier und heute eigentlich alles gesagt wäre.

Darf es aber nicht, weil es sonst keine Einladung gibt und keine
fünfhundert Mark und keine Bahnfahrt und keine Übernachtung und auch
kein Essen für lau. Was nix neues ist. Genau wegen solcher Schnorrereien
tischen sogenannte Neoisten ja immer wieder Geschichten über sich selbst
auf und geben sie öffentlich zum Besten. Bis die Legenden ins Kraut
schießen und ein paar nicht minder hungerleidende Schreiberlinge kommen,
sehen und die Notizblöcke zücken. Da capo die Neoismus-Geschichten,
aber akkurat und diskurskompatibel diesmal bitte. Man wittert eine neue,
irgendwie ironische Meta-Anti-Avantgarde. Man wittert »Postmoderneund
»Konzeptkunst!« und sich selbst schon als ihren Apollinaire, Carl
Einstein, Clement Greenberg und Lucy Lippard in heiliger Dreifaltigkeit
samt Jungfrau Maria. Also das ganze neoistische Seemannsgarn aufgesammelt,
zu Häppchen verklumpft, tranchiert und à la Döner verdaulich zwischen
Buchdeckel gepreßt. Womit wir wieder beim Buschmesser wären. Also Neoismus
ist hochstapelblöd, aber das darf man nicht laut sagen, wenn man dafür
bezahlt wird, und deshalb muß eine Unterschichtgeschichte her:



Eine Geschichte vom 63. Neoistischen Apartment-Festival


Die Geschichte von John Berndt und mir selbst, wie wir den Anti-Neoisten
Reinhardt U. Sevol in den Pariser Vorstädten besuchten. Eine Geschichte
voll Heulen und Zähneklappern.

Wir kamen aus Baltimore und Berlin nach Paris, um uns zur 63. neoistischen
Apartment-Kommune zu treffen. Es ging um nichts geringeres als
die radikale Neuerfindung des Neoismus. Aus einer esoterischen
Studiengesellschaft der Informationstheorie, die so tat, als sei sie
eine paramilitärische Sekte, sollte eine paramilitärische Sekte gemacht
werden, die so tut, als sei sie eine esoterische Studiengesellschaft der
Informationstheorie. Dazu hatte wir uns in eine enge Zweizimmer-Wohnung
im Studentenviertel Belleville eingemietet. Unser Gepäck quoll über
von handschriftlich bekritzelten Zetteln, und außerdem hatten wir
zwei alte elektromechanische Rechenmaschinen mitgeschleppt. Damit, und
mit unseren statistischen Berechnungsmethoden, wollten wir die geheime
Botschaft von König Salomos Sprüchen entschlüsseln. Wir wirkten ziemlich
heruntergekommen, aber so arbeiten Neoisten nun einmal.

Dritte im Bunde war Jake True, eine Performancekünstlerin und
professionelle Stripperin, damals mit Wohnsitz in Nizza. Schon in
Bälde sollte sie außerdem John Berndts ex-Freundin sein. Daß sie keinen
Hehl aus ihrer schlechten Laune machte, konnte unsere Forschungen nur
beflügeln. Draußen schneite und regnete es, wir hockten in der Wohnung
wie Affen im Käfig. Immer, wenn der Wasserhahn wieder zu tropfen begann,
setzte uns Jake auseinander, weshalb unsere Berechnungen falsch seien,
und traf uns mit ätzenden Bemerkungen wie:

"Es heißt doch immer, daß etwas PASSIERT bei neoistischen
Apartment-Festivals. Irgendwas wird angezündet, es gibt Pathos, Krach
und Eifersüchteleien. Und ihr wollt mir weismachen, daß ihr nur hier
herumsitzen wollt, um Zahlen zu addieren und Kekse zu essen?"

Natürlich wußten Berndt und ich, daß sie völlig recht hatte. Zwar hatten
wir frühneoistische Begriffe wie »Tun« und »Handeln« längst hinter uns
gelassen und durch unsere Methode der Berechnung ersetzt. Aber irgendwie
machten uns diese endlosen Berechnungen, naja, verrückt. An meinem Hintern
zum Beispiel hatte sich eine Art Schwiele gebildet. Sie hatte eine gewisse
Ähnlichkeit mit den Schwielen, die auch Karl Marx zeitlebens plagten und
inspirierten. Und Berndt schien eine etwas sportlichere Erfrischung zu
benötigen als seine allabendlichen zwei Flaschen Discount-Rotwein aus
dem Supermarkt.

So kam uns der Einfall, den berühmten Anti-Neoisten Reinhardt
U. Sevol aufzuspüren. Einen Mann, der die ganze Frage, ob Neoismus ein
Gegenteil haben könne, gründlich durcheinandergebracht hat. Wenn Sie
Sevol noch nicht kennen, sollten Sie wissen, daß er eine bemerkenswerte
Persönlichkeit ist. 1987 hatte ich zwei Wochen mit ihm in Paris verbracht
und war beeindruckt von seiner völligen Skrupellosigkeit bei öffentlichen
Aktionen. Seine Spezialität war es, in seltsamer Kostümierung auf die
Straße zu gehen, einen belebten Platz anzusteuern, dort zusammenzubrechen
und einen epileptischen Anfall zu simulieren, während ich mit einer
versteckten Kamera Fotos schoß. Der Mann war, Anti-Neoismus hin oder her,
ohne Zweifel auch ein Neoist. In Theorie-Diskussionen konnte er im selben
Atemzug Paul Valéry, Buckminster Fuller und Henry Ford zitieren. Unser
Kontakt brach nach 1987 ab, obwohl wir uns in aller Freundschaft
verabschiedet hatten. Auch wenn ich es ungern zugebe, hatte mich wohl verstört,
wie er mich auf dem Gare du Nord mit drei Abführpillen praktisch dazu
gezwungen hatte, die Hose herunterzulassen und vor den Augen zweier
Polizisten meinen Darminhalt auf dem Bahnsteig zu lassen.

Die einzigen neueren Informationen über Sevol kamen vom Erfinder des
Neoismus, Dr. Al Ackerman persönlich. Wegen seines starken russischen
Akzents ist Ackerman nicht leicht zu verstehen, zumal wenn er am
Telefon versucht, sich abwechselnd als John Berndt und Henry Flynt zu
verstellen. Dennoch konnten wir in Erfahrung bringen, daß sein alter
Freund Gerald Simpson genannt »The Asp« Sevol erst vor drei Jahren in
Paris getroffen hatte. »The Asp« hatte sofort nach seiner Ankunft Sevols
Adresse in der Rue de Crouelbarbe aufgesucht, fand aber das Klingelschild
nicht und erfuhr schließlich, daß man Sevol schon vor längerer Zeit wegen
Mietschulden hinausgeworfen hatte. Sevol habe seinen Wohnsitz daraufhin
in ein öffentliches Klo verlegt. Kein Scherz.

»The Asp« ließ seine Verbindungen in Paris spielen, um Sevol aufzustöbern,
fand ihn schließlich in seiner Unterkunft und besorgte
ihm eine neue. Allerdings nur unter einer Bedingung. Sevol, der sich
früher mit Englischstunden an der Berlitz-Schule durchgeschlagen
hatte, sollte Gerald »the Asp« als persönlicher Dolmetscher zur
Seite stehen. Genaugenommen brauchte »The Asp« Sevol bloß für eine
Taxifahrt. Denn seinen ganzen Paris-Trip hatte er nur zu einem einzigen
Zweck unternommen: Ein Taxi zu mieten, sich mit nichts als einer
Fliegerkappe bekleidet hinters Steuer zu klemmen, mit hundert Sachen
nonstop zwölf Runden um den Arc de Triomphe zu drehen und dabei so zu tun,
als ob er verrückt wäre. Sevol sollte für ihn einen Taxifahrer finden
und mit 500 Dollar davon überzeugen, daß sich das Risiko lohnt. Was ihm
dann auch gelang. Kein Scherz.

Und das war beinahe das letzte, was wir von Sevol gehört hatten.

Beinahe, denn Arthur Berkoff, der holländische Erfinder und Sachverwalter
des »Neoismus/Anti-Neoismus/Pregroperativismus« hatte uns mitgeteilt,
daß Sevol jetzt in einer Vorstadt von Paris lebte. Mit John Berndts
falscher Identität als »Agent seiner Majestät Steve Steele« sahen wir das
polizeiliche Melderegister ein und fanden heraus, daß Sevol unter seinem
alten Decknamen Michael Ferrara in Aubervilliers, Rue de l'Union Nummer
50 wohnte. Dieselbe Adresse wie die »Data Attic« des schottischen Neoisten
Pete Horobin in Dundee, Union Street 50! Unglaublich! Und typisch für die
teleologische Durchschlagskraft blinder Kombinatorik. Vor unserem Aufbruch
entschloß sich Berndt deshalb, seine Brille, ohne die er praktisch nichts
sieht, zuhause zu lassen. Damit, so erklärte er mir, wolle er meine Aktion
vom New Yorker Apartment-Festival von 1988 plagiieren und trivialisieren.
Ich hatte die drei Festival-Tage und -Nächte als offizieller Chronist
mit verbundenen Augen besucht. Denn wie Dr. Ackerman zu sagen pflegt,
»leuchtet die Seele, wenn die Augen trüb sind«. Trotzdem tat Berndts
Entschluß unserm Vorhaben nicht gut. Mein Orientierungssinn ist schlecht,
der von Berndt aber erstklassig, solange er seine Brille aufhat. Also
brauchten wir etwas länger, um den nächsten Bahnhof der Pariser S-Bahn
R.E.R. zu finden. Und es kostete uns einige Umwege und Irrfahrten, bis wir
schließlich in Aubervilliers ankamen, das sich als eine herunterkommene,
von Jugendgangs kontrollierte Trabantenstadt entpuppte.

Wieder mal so eine Neoisten-Existenz also. Architektonischer
Retro-Avantgarde-Konzeptualismus in Beton, mit postmodernen Honoraren
vom Sozialamt. Bei mir und Berndt war's ja auch nie anders. Man tritt
sich vors Schienbein in den Neoisten-Kreisen, damit's nicht zu sehr
nach gegenseitigem Schulterklopfen aussieht. Und ab und zu staubt man
mal ne Einladung ab mit Honorar und Spesen. Also dachte ich, du mußt
wieder raus aus diesem Milieu. Hat zwar ne Weile hübsch beschäftigt,
jeden Tag ne neue Heldengeschichte von sich selbst zu erfinden war
auch nicht ohne, aber sich »Neoist« zu nennen ist komisch genug,
wenn man schon das Wort »Neoismus« so blöde findet. Also habe ich mir
meine neoistischen Fabrikationen zu Gemüte geführt, Pamphlete, Intrigen,
Schriftverkehr und dergleichen. Die Hälfte war sowieso Schrott, den habe
ich gleich weggeschmissen. Festplatte formatiert und alles Materielle
ab in die Mülltonne auf dem Hinterhof. Und mich scheintot gestellt. Viel
schlafen, innehalten, dachte ich. Meine Ruhe haben. Doch ausgerechnet dann
meldet sich John Berndt per E-Mail aus Baltimore. »Heyschreibt er,
"wir erfinden ein Apartment-Festival in Paris, alles fiktiv, du und ich
auf der Suche nach einem erfundenen Neoisten, wir schreiben ellenlange
Berichte, fälschen alle Fotos und Videos und sorgen dafür, daß es in
allen Neoismus-Geschichtsbüchern steht". Und natürlich kriegt er mich
damit. Ich laß' ich mich breitschlagen, und fälsche drauflos.

Aber das wollte ich ja hier und heute nicht tun. Mein Vortrag heißt
»Einführung in eine wahre Geschichte des Neoismus«, und das war nicht
als Witz gemeint. Also:

Stop.

Aus.

Pause, Nachdenken.

Sich zusammenreißen und die Zunge auch.

Und alles nochmal auf Anfang.

Die Geschichten vom wahren Neoismus, na klar, sind blöd. Langweilig,
banal. Will keiner hören. Muß aber jetzt sein, weil, hab' ich
versprochen. Eine wahre Geschichte vom trüben Alltag des Neoismus. Zweiter
Anlauf, neuer Versuch, ein neuer Titel so trostlos wie die Geschichte
muß her:



Kotzen-Nutzen-Rechnung, zum Thema Neoismus


Etliche Jahre her, hat Richtung Berlin-Friedenau bei der oberen
Mittelschicht daheim in den schmucken Altbauwohnungen, wo der elaborierte
Code herkommt, sonntags immer jemand Neoisten zu sich eingeladen. Zog
dann so ein im Bestand ziemlich gleicher Haufen des Sonntags umher,
und alle aus diesem Pulk waren dann Neoisten. Das war nämlich jetzt was
besonderes. Sich in Silberfolie einwickeln oder so was Schreckliches
in der Art, symbolisch aufgepumpt im Namen des Neoismus, aber doch
wieder mit Absicht oder aus Doofheit undeutlich gemacht, weil der Trick
ist ja, daß mit der Zunahme an Undeutlichkeit der Erklärungswahn, der
Sinngeber-Sadismus triebhaft und schaffensfroh mit anwächst. Vielleicht
verhältnismäßig exponentiell sogar. Das könnte man, wenns nicht gar so
blöd oft wäre, durchaus als »den Neoismus« verbuchen. Auch der kühle Kant
oder der barhäuptige Foucault forcieren ja die Hitze der Leser besonders
an den Stellen, wo sie ziemlichen Quatsch schreiben. Ist hier vielleicht
auch so.

Na jedenfalls sonntags ab nach Friedenau zur neoistischen Basisarbeit an
der Oberschicht. Es wurden die Flügeltüren von Weinkellern aufgesperrt, es
wurden die Oliven, wo ja früher genau an der Stelle vom Steinchen noch so
ein rotes Stückel Paprika oder ne Mandel dringesteckt hat, also es wurden
diese Oliven ausgeteilt, Stangenweißbrot von hier bis da und dergleichen
mehr mit Schweizer Käse. Zur rauhen Schale von so einer wöchentlichen
Neoistenversammlung gehört natürlich der gute alte Saufparasit wie du
und ich, und da gehört nun auch der Stiletto - bürgerlich Frank - dazu,
der ebenfalls zum Trunke neigte und sich für Gastgeberinnen jenseits
der Wohnzimmer interessiert hat. Und für Oliven! Was nun den Neoismus
betraf, war Stiletto Zuschauer, also möglichst etwas weiter hinten
stehen, rechts das Bier, links das Olivenschüsselchen. Er rollte an den
richtigen Stellen mit den Augen, und sein markantester Charakterzug
war die Bosheit im Dienste der Menschheit. Hier ein Apercu und dort
eine kompakt formulierte Beleidigung. Das war Stiletto, und das war
nun natürlich schlimm, denn Neoisten sind ganz schnell beleidigt, sie
hecheln zwar kreuz und quer ihren Haß gegen sich und die Welt durch,
und das weiß auch jeder, aber das darfst du nun doch nur dick auftragen,
das darf nicht hinterfotzig kommen. Nun hatte sich manch einer von den
Neoisten schon angepißt gefühlt vom Stiletto, und da mußten sie sich
auf ihre verquaste Art was ausdenken gegen ihn. "Mach doch auch mal ne
neoistische Aktion, Stiletto!" Das wars. Sollte er auch mal den Puller
zeigen, sich lächerlich machen. »Sagte er nun aber. Und sie lassen
nicht locker, und er sagt immer »«.

Bis ich eines Tages doch höre, wie sie ihn wieder nörgeln, und der sagt
plötzlich "Gut! Nächsten Sonntag! Ich mache ein großes Essen und halt
'ne Rede!" Ach Gottchen! dachten nun alle, Essen! Aber gönnerhaft,
soll er mal machen, der Stiletto. Es ist ja auch so, daß Essen zum
Nulltarif im Neoistenmilieu sehr positiv aufgenommen wird. Und da kamen
sie anmarschiert, die hungrigen Kolonnen zu Stilettos Sonntag. Und nu:
Wat kocht er denn? Wat kocht er denn? Und die Fleppen gleich runter:
Spaghetti. Na trotzdem, es wird aufgeladen, erst die Nudelknoten al
dente, es wird sozusagen gordisch ausgeteilt, und schließlich wackelt
unser Stiletto noch höchstpersönlich mit der Tomatenplempe die Reihen
entlang und gibt uns das Rote. Und nervös vor Gier noch dicke Schichten
Käse rüberrubbeln. Und los. Wir drehen da so lustig die Gabel an den
Löffeln rum, und Stiletto legt sich in seine Rede. Neoismus heißt teilen,
etwas von sich geben. Ein bißchen Bataille, ein bißchen Bibel, ein bißchen
Diätessay, er entwickelt Furor und bekommt schon Feuer ins Auge, wir sind
halb fertig, und er echauffiert sich immer mehr und brüllt schließlich:
»Neoismusbrüllt er , "Neeeoismus! Neoismus heißt teilen, etwas von
sich geben. Und deshalb habe ich in die Tomatensoße gewixt".

Damit bin ich auch am Ende meines Vortrags angelangt. Ich wollte Ihnen
heute zeigen, daß es im Neoismus um "Strategien und Taktiken für Kunst und
soziale Praxis" geht und nicht, wie böse Zungen behaupten, bloß darum,
seinen nackten Arsch in Silberfolie zu wickeln. Allen Neoismus-Mythen
wünsche ich den prompten Ruhestand, und Ihnen noch einen schönen
Nachmittag.


Monty Cantsin

cantsin {AT} neoism.net



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