Wenn eine Unterscheidung zwischen den in der Relation der Schwingungszahlen einfacheren Intervallen zu den komplizierteren durchgeführt werden soll, so sollte man nicht die Begriffe 'natürlich' und 'künstlich' oder 'natürlich' und 'unnatürlich' oder gar 'widernatürlich' wählen, sondern etwa 'naheliegend' und 'nicht naheliegend' oder 'fernerliegend', allenfalls 'einfach' und 'kompliziert'. Das Einfache oder Naheliegende aber als natürlich hervorzuheben, und das Fernliegende oder Kompliziertere als unnatürlich oder gar als widernatürlich auszuschließen, ist nicht logisch, sondern nur ideologisch begründbar. Eine Musik aber, bei der die vorherrschenden Tonbeziehungen kompliziert sind, also die nicht naheliegenden Intervalle das Klangbild beherrschen, allein dieses Umstandes wegen als widernatürlich zu verwerfen, enthüllt die Ideologie."
(Rudolf Stephan, Das Neue der Neuen Musik, in: Hans Peter Reinecke, Das musikalisch Neue und die Neue Musik, Mainz 1969, S. 51.) (S. 86f)
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