Um den Mord an Unschuldigen und den Tempelraub zu beschönigen, verbreitete [Antiochos IV. Epiphanes um 170 v. Chr.] eine Lügengeschichte, zusammengewoben aus Selbsttäuschung, Eingebungen seines Helfershelfers Menelaos und geflissentlicher Erfindung, welche das Judentum unter den gebildeten Völkern für eine geraume Zeit in Verruf brachte. Antiochos verbreitete, er habe im Allerheiligsten des Tempels das steinerne Bild eines Mannes mit einem langen Barte wahrgenommen. Dieses Bild habe auf einem Esel gestanden und habe ein Buch in der Hand gehalten. Er habe es für ein Abbild des Gesetzgebers Mose gehalten, welcher den Judäern menschenfeindliche, abscheuliche Gesetze gebracht, sich von allen Völkern fern zu halten und ihnen kein Wohlwollen zu erweisen. Hatte Antiochos wirklich ausgesprengt, das steinerne Bild auf einem Esel im Tempel gesehen zu haben? Oder verstand er darunter eine Unterlage von Stein, die sich allerdings im Allerheiligsten befand? Genug, es wurde unter Griechen und Römern verbreitet, Antiochos habe im Tempel einen Eselskopf aus Gold gefunden, dem die Judäer eine hohe Verehrung zollten, daß sie also Eselsanbeter wären.
Heinrich Graetz, Geschichte der Juden 283 ff.
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