Die Mist-Marie
Marie ist eine schmuddelige Stallmagd im mittelalterlichen Deutschland, die gegen Kost und Logis auf einem abgelegenen Bauernhof arbeitet. Sie ist eine sonderbare junge Frau, die immer vergnügt ihrem Werk nachgeht und scheinbar große Freude an der schmutzigen Stallarbeit hat. Die stets barfüßige Marie liebt es, mit ihren nackten Füßen in Dreck und Mist zu treten und suhlt sich gern nach getaner Arbeit bei den Schweinen im Schlamm. Da sie auf einem Misthaufen als Bett in ihrer kleinen Stallkammer schläft, wird sie von allen die »Mist-Marie« genannt. Noch nie hat jemand Marie, der es zu gefallen scheint schmutzig zu sein, ein Bad nehmen sehen, und so halten die allermeisten lieber Abstand von der zwar freundlichen, aber wortkargen und furchtbar stinkenden jungen Stallmagd.
Viele halten sie für ein verrücktes armes Mädchen, doch was niemand weiß, ist, daß Marie in Wirklichkeit Marianne heißt und die Tochter eines wohlhabenden Adligen ist. Marianne haßte ihr wohlbehütetes, aber auch eingeengtes Leben voller Regeln und Vorschriften bei ihrer Familie in einem prachtvollen Schloß. Sie wollte nicht die feine, wohlerzogene Hofdame sein, zu der ihr Vater sie erziehen wollte. Sie wollte frei von all dem Prunk, Luxus und Zwang sein. Ein einfaches Leben führen, spüren wie es sich anfühlt barfuß durch Schlamm zu waten und sich nicht mehr darum kümmern, das saubere und ordentliche Fräulein zu sein.
So lief Marianne eines Tages davon, um ein neues Leben zu beginnen. Sie entledigte sich ihrer schicken Schuhe, um nur noch barfuß zu laufen und tauschte ihr juwelenbehangenes Gewand gegen ein braunes Lumpenkleid ein. Ihr seidiges goldenes Haar verwandelte sich zu einer verfilzten Zottelmähne, ihre weißen Zähne wurden gelb und lückenhaft. Ihr hübsches Gesicht verschwand unter einer dicken Schicht Schmutz und ihre zarten Füße wurden zäh und robust, überzogen mit einer braunen Kruste aus Staub, Matsch und Dreck. Marianne ist nun keine feine Dame mehr, sondern die schmuddelige aber glückliche Stallmagd Marie, die alle nur für arm und verrückt halten.
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