Liebes MeinTagebuch,
nun habe ich Dir schon wieder etwas mitzuteilen, und da Du noch immer völlig unbefleckt hier aufzufinden bist, werde ich das auch tun. Man soll Chancen ja nutzen, so lange sie sich einem bieten.
Ich sitze gerade in Berlin in einem, sagen wir: heruntergekommenen Studentenwohnheim. Das Zimmer ist ungefähr 8 Quadratmeter groß, es gibt eine Gemeinschaftsdusche und ein Gemeinschaftsklo für 10 Leute. Grund für mein Hiersein ist das Konzert gestern. NatashaKahn war besser, als ich es mir je hätte vorstellen können. Sie ist eine Göttin. Die Göttin mit der Stupsnase und dem staunenden Blick. Wie herzlich sie zum Publikum war! Man hat ihre Lebenswärme förmlich in Wellen durch den Saal pulsen gespürt. Dabei gab sie sich ganz bescheiden. Sie ist nicht die abgehobene, unnahbare Virtuosin, sie ist einfach sie selbst und macht gerne ihre Musik.
Das Publikum bestand vorwiegend aus intellektuell aussehenden Frauen und ein paar unscheinbaren, bärtigen Männern - wahrscheinlich Kunst- oder Musikstudenten.
Nun warte ich, daß mein alter Freund A., bei dem ich übernachtet habe, von der Uni (ach, wie angenehm, daß ich nicht mehr ans Studieren denken muß) zurückkehrt und hoffentlich was zum Frühstücken mitbringt. Dann werde ich mir das verregnete Berlin zu Gemüte führen, um später, heute Abend, noch C. zu treffen, die mich unbedingt sehen wollte. Die Begeisterung hält sich freilich in Grenzen, aber ich bin ja ein freundlicher Mensch. Irgendwann heute Nacht wieder zurück.
Bis bald, liebes meinTagebuch. Vielleicht hast Du ja weiterhin Glück, und Dir wird nichts zustoßen.
DeinBaumhaus
|