herreinspaziert in die menagerie!
ihr stolzen herren, ihr lebnslust`gen Frauen,
mit heißer wollust und mit kaltem grauen
die unbeseelte kreatur zu schauen,
gebändigt durch das menschliche genie.
was seht ihr in den lust- und trauerspielen?!
haustiere, die so wohlgesittet fühlen,
an blasser pflanzenkost ihr mütchen kühlen
und schwelgen in behaglichem geplärr,
wie jene andern - unten im parterre. -
das wahre tier, das wilde schöne tier,
das - meine damen - sehn sie nur bei mir.
sie sehn den tiger, der gewohnheitsmäßig,
was in den sprung ihm läuft, hinunterschlingt,
den bären, der von anbeginn gefräßig,
beim späten nachtmahl tot zu boden sinkt!
sie sehn den kleinen amüsanten affen
aus langeweile seine kunst verpaffen;
er hat talent, doch fehlt ihm jede größe,
drum kokettiert er frech mit seiner blöße.
sie sehn in meinem zelte, meiner seel`,
sogar gleich hinterm vorhang ein kamel!
sie sehn auch das gewürm aus allen zonen:
reptilien, molche, die in klüften wohnen.
sie sehn das krokodil und andres mehr...
he, aujust! bring mir unsre schlange her!
sie ward geschaffen, unheil anzustiften,
zu locken, zu verführen, zu vergiften
und zu morden - ohne das es einer spürt.
mein süßes tier, sei ja nur nicht geziert!
du hast kein recht, uns durch miaun und pfauchen
die urgestalt des weibes zu verstauchen.
es ist jetzt nichts besondres dran zu sehn,
doch warten sie, was später wird geschehn:
hopp, aujust! marsch! trag sie an ihren platz
die süße unschuld - meinen größten schatz!
und nun bleibt noch das beste zu erwähnen:
mein schädel zwischen eines raubtiers zähnen.
wißt ihr den namen, den das raubtier führt?
verehrtes publikum - hereinspaziert!
(frank wedekind)
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