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biggi schrieb am 14.10. 2004 um 11:02:04 Uhr über

instabil

Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes.

Vom 4. Februar 1933.




Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird folgendes verordnet:

A b s c h n i t t I
Versammlungen und Aufzüge

§ 1

(1) Öffentliche politische Versammlungen sowie alle Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel sind spätestens achtundvierzig Stunden vorher unter Angabe des Ortes, der Zeit und des Verhandlungsgegenstandes der Ortspolizeibehörde anzumelden.
(2) Sie können im Einzelfall verboten werden, wenn nach den Umständen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist. Statt des Verbots kann eine Genehmigung unter Auflagen ausgesprochen werden. Zuständig sind, soweit die obersten Landesbehörden nichts anderes bestimmen, die Ortspolizeibehörden.
(3) Ausgenommen sind Veranstaltungen nicht politischer Art.
(4) Eine Anordnung nach Abs. 2 kann nach den Bestimmungen des Landesrechts angefochten werden. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 2

Öffentliche politische Versammlungen sowie Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel können aufgelöst werden,

wenn in ihnen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder die innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen der verfassungsmäßigen Regierung oder der Behörden aufgefordert oder angereizt wird, oder
wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden, oder
wenn in ihnen eine Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts, ihre Einrichtungen, Gebräuche oder Gegenstände ihrer religiösen Verehrung beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden, oder
wenn in ihnen zu einer Gewalttat gegen eine bestimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen aufgefordert oder angereizt wird,
wenn sie nicht angemeldet oder wenn sie verboten sind oder wenn von den Angaben der Anmeldung absichtlich abgewichen oder wenn einer Auflage zuwidergehandelt wird.


§ 3

(1) Die Polizeibehörde ist befugt, in jede öffentliche Versammlung Beauftragte zu entsenden.
(2) Die Beauftragten haben sich unter Kundgebung ihrer Eigenschaft dem Leiter oder, solange dieser nicht bestellt ist, dem Veranstalter der Versammlung zu erkennen zu geben.
(3) Den Beauftragten muß ein angemessener Platz eingeräumt werden.
(4) Wird die Zulassung der Beauftragten verweigert, so kann die Versammlung für aufgelöst erklärt werden.

§ 4

(1) Ist eine Versammlung für aufgelöst erklärt, so hat die Polizeibehörde dem Leiter oder Veranstalter der Versammlung die mit Tatsachen zu belegenden Gründe der Anordnung schriftlich mitzuteilen, falls er dies binnen drei Tagen beantragt.
(2) Die Auflösung kann nach den Bestimmungen des Landesrechts angefochten werden.

§ 5

Der Reichsminister des Innern kann allgemein oder mit Einschränkungen für das ganze Reichsgebiet oder einzelne Teile Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge sowie das Tragen einheitlicher Kleidung, die die Zugehörigkeit zu einer politischen Vereinigung kennzeichnet, verbieten und für Zuwiderhandlungen Gefängnisstrafe oder Geldstrafe allein oder nebeneinander androhen.

§ 6

(1) Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge dürfen von den Landesbehörden wegen unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden

allgemein nur für bestimmt abgegrenzte Ortsteile,
im übrigen nur im Einzelfalle.

Weitergehende allgemeine Verbote treten außer Kraft.
(2) Hat der Reichsminister des Innern gegen ein Verbot nach Abs. 1 Nr. 1 Bedenken, so kann er die oberste Landesbehörde um Änderung oder Aufhebung ersuchen. Entspricht die oberste Landesbehörde dem Ersuchen nicht, so kann er das Verbot aufheben.



A b s c h n i t t II
Druckschriften

§ 7

(1) Druckschriften, deren Inhalt geeignet ist, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu gefährden, können polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden.
(2) Zuständig sind, soweit die obersten Landesbehörden nichts anderes bestimmen, die Ortspolizeibehörden.

§ 8

Die Vorschriften des Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichsgesetzbl. I S. 65) über die Beschlagnahme von Druckschriften ohne richterliche Anordnung (§§ 23 ff. des Gesetzes) finden auf die in den §§ 81 bis 86, 92 Nr. 1 und 110 des Strafgesetzbuchs oder in den §§ 1 bis 4 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse bezeichneten strafbaren Handlungen mit der Maßgabe Anwendung, daß der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß des Gerichts, der die vorläufige Beschlagnahme aufhebt, die sofortige Beschwerde mit aufschiebender Wirkung zusteht.

§ 9

(1) Periodische Druckschriften können verboten werden,
wenn durch ihren Inhalt die Strafbarkeit einer der in den §§ 81 bis 86, 92 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs oder in den §§ 1 bis 4 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse bezeichneten Handlungen begründet wird;
wenn in ihnen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder die innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen der verfassungsmäßigen Regierung oder der Behörden aufgefordert oder angereizt wird;
wenn in ihnen zu Gewalttätigkeiten aufgefordert oder angereizt wird oder wenn in ihnen Gewalttätigkeiten, nachdem sie begangen worden sind, verherrlicht werden;
wenn in ihnen zu einem Generalstreik oder zu einem Streik in einem lebenswichtigen Betriebe aufgefordert oder angereizt wird;
wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden;
wenn in ihnen eine Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts, ihre Einrichtungen, Gebräuche oder Gegenstände ihrer religiösen Verehrung beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden;
wenn in ihnen offensichtlich unrichtige Nachrichten enthalten sind, deren Verbreitung geeignet ist, lebenswichtige Interessen des Staates zu gefährden;
wenn als verantwortlicher Schriftleiter dem Verbote des Reichsgesetzes vom 4. März 1931 zuwider jemand bestellt oder benannt ist, der nicht oder nur mit besonderer Zustimmung oder Genehmigung strafrechtlich verfolgt werden kann.

(2) Die Dauer des Verbots darf bei Tageszeitungen vier Wochen, in anderen Fällen sechs Monate nicht überschreiten. Diese Beschränkung fällt fort, wenn eine periodische Druckschrift, die auf Grund der Vorschriften dieser Verordnung bereits zweimal verboten war, innerhalb dreier Monate nach dem ersten Verbot erneut verboten wird, in diesem Falle darf die Dauer des Verbots bei Tageszeitungen sechs Monate, in anderen Fällen ein Jahr nicht überschreiten.
(3) Ein auf Grund des Abs. 1 erlassenes Verbot umfaßt auch die in demselben Verlag erscheinenden Kopfblätter der Zeitung sowie jede angeblich neue Druckschrift, die sich sachlich als die alte darstellt oder als ihr Ersatz anzusehen ist.


§ 10

(1) Zuständig für das Verbot einer periodischen Druckschrift sind die obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen. Gegen das Verbot ist binnen zwei Wochen vom Tage der Zustellung oder Veröffentlichung ab die Beschwerde an einen vom Präsidium zu bestimmenden Senat des Reichsgerichts gegeben. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Beschwerde ist bei der Stelle einzureichen, gegen deren Anordnung sie gerichtet ist. Diese hat sie unverzüglich der obersten Landesbehörde vorzulegen. Hilft diese der Beschwerde nicht ab so hat sie sie unverzüglich an den Reichsminister des Innern weiterzuleiten. Der Reichsminister des Innern kann der Beschwerde abhelfen, andernfalls hat er sie unverzüglich dem Senat des Reichsgerichts zur Entscheidung vorzulegen. Gegen eine Entscheidung des Reichsministers des Innern, die der Beschwerde abhilft, kann die oberste Landesbehörde die Entscheidung des Senats des Reichsgerichts anrufen.
(3) Der Reichsminister des Innern kann die oberste Landesbehörde um das Verbot einer periodischen Druckschrift ersuchen. Glaubt die oberste Landesbehörde, einem solchen Ersuchen nicht entsprechen zu können, so teilt sie dies unverzüglich, spätestens aber am zweiten Tage nach Empfang des Ersuchens, dem Reichsminister des Innern mit und ruft innerhalb derselben Frist die Entscheidung des Senats des Reichsgerichts an. Erklärt dieser das Verbot für zulässig, so hat die oberste Landesbehörde dem Ersuchen sofort zu entsprechen. Einer Beschwerde gegen ein auf Ersuchen des Reichsministers des Innern angeordnetes Verbot kann die oberste Landesbehörde nicht abhelfen.

§ 11

(1) Eine periodische Druckschrift, die unter Duldung des Verlegers den Beziehern einer verbotenen Druckschrift als deren Ersatz zur Abwendung der Folgen des Verbots zugestellt wird, kann für die im § 9 Abs. 2 bestimmte Dauer verboten werden.
(2) Zuständig für das Verbot ist die Stelle, die das erste Verbot angeordnet hat. Erscheint die als Ersatz zugestellte periodische Druckschrift in einem anderen Lande als die verbotene, so ist die zuständige Landesbehörde von der Stelle, die das erste Verbot angeordnet hat, um Anordnung des Verbots der als Ersatz zugestellten periodischen Druckschrift zu ersuchen. Will die ersuchte Behörde das Verbot nicht anordnen, so hat sie die Entscheidung des Reichsministers des Innern anzurufen; die Vorschriften des § 10 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.
(3) Gegen das Verbot ist die Beschwerde gemäß den Vorschriften des § 10 Abs. 1, 2 zulässig.

§ 12

Ein Verbot einer periodischen Druckschrift muß ohne sachliche Nachprüfung sofort aufgehoben werden, wenn die Beschwerde nicht spätestens am fünften Tage nach ihrer Einlegung dem Reichsminister des Innern zugeleitet ist.

§ 13

Ist in einer periodischen Druckschrift, die nicht im Inland erscheint, eine Veröffentlichung der im § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 bezeichneten Art enthalten, so kann der Reichsminister des Innern ihre Verbreitung im Inland bis zur Dauer von sechs Monaten verbieten. Gegen das Verbot ist kein Rechtsmittel zulässig.


A b s c h n i t t III
Sammlungen zu politischen Zwecken

§ 14

(1) Die obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen können verbieten, daß Geld- oder Sachspenden zu politischen Zwecken oder zur Verwendung durch politische Organisationen von Haus zu Haus, auf Straßen und Plätzen, in Gast- und Vergnügungsstätten oder an anderen öffentlichen Orten eingesammelt werden; das Verbot kann auf einzelne Sammlungen oder die Sammlungen bestimmter Vereinigungen beschränkt werden. Sammlungen, die in Versammlungen oder im Zusammenhang mit ihnen am Versammlungsort stattfinden, sowie Sammlungen von Haus zu Haus, die sich auf Mitglieder der sammelnden Organisation beschränken, sind zulässig.
(2) Hat der Reichsminister des Innern gegen ein Verbot nach Abs. 1 Satz 1 Bedenken, so kann er die oberste Landesbehörde um Änderung oder Aufhebung ersuchen. Entspricht die oberste Landesbehörde dem Ersuchen nicht, so kann er das Verbot aufheben.[1]


A b s c h n i t t IV
Strafbestimmungen

§ 15

(1) Wer öffentlich zu einer Gewalttat gegen eine bestimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeit gegen Personen oder Sachen auffordert oder anreizt, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.
(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen.

§ 16

(1) Mit Gefängnis, neben dem auf Geldstrafe erkannt werden kann, wird bestraft,

wer ohne die nach § 1 erforderliche Anmeldung oder in absichtlicher Abweichung von den in der Anmeldung gemachten Angaben oder unter Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder eine Auflage eine Versammlung oder einen Aufzug veranstaltet oder leitet oder dabei als Redner auftritt;
wer für eine Versammlung, die entgegen der Vorschrift des § 1 nicht angemeldet oder die verboten ist, den Raum zur Verfügung stellt.

(2) Die Vorschriften des Abs. 1 sind nicht anzuwenden, wenn ein politischer Zweck mit der Tat nicht verbunden war und eine Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht eingetreten ist.


§ 17

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark wird bestraft,

wer an einer Versammlung oder einem Aufzuge teilnimmt, die entgegen der Vorschrift des § 1 nicht angemeldet oder die verboten sind;
wer als Veranstalter oder Leiter einer Versammlung den Beauftragten der Polizeibehörde die Einräumung eines angemessenen Platzes verweigert3);
wer sich nach Erklärung der Auflösung einer Versammlung (§§ 2, 3 Abs. 4) nicht sofort entfernt.


§ 18

Wer eine auf Grund der §§ 9 oder 11 verbotene periodische Druckschrift herausgibt, verlegt, druckt oder verbreitet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft, neben dem auf Geldstrafe erkannt werden kann. Ebenso wird bestraft, wer im Inland eine periodische Druckschrift verbreitet, deren Verbreitung gemäß § 13 verboten ist.

§ 19

Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen auf Grund der § 14 Abs. 1 Satz 1 erlassenen Verbot über Sammlungen vorsätzlich zuwiderhandelt.[2]

§ 20

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig Druckschriften politischen Inhalts herstellt, verbreitet oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält, auf denen zur Verheimlichung des Ursprungs die in den §§ 6 und 7 des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichgesetzbl. S. 65) vorgeschriebenen Angaben über Drucker, Verleger, Verfasser, Herausgeber oder verantwortlichen Redakteur nicht enthalten oder unrichtig, unvollständig oder unleserlich sind, wird, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, wenn durch die Schrift

das Verbrechen des Hochverrats (§§ 81 bis 86 des Strafgesetzbuchs) oder
ein Vergehen gegen die Vorschriften über verbotene Vereine5 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932, Reichsgesetzbl. I S. 548) oder über verbotene Druckschriften (§ 18 dieser Verordnung) oder
eine nach den §§ 110 bis 112 des Strafgesetzbuchs oder nach § 15 dieser Verordnung strafbare Aufforderungen oder Anreizung begründet wird.

(2) Wer wegen einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung nach Abs. 1 bestraft worden ist, wird, wenn er abermals der Vorschrift des Abs. 1 vorsätzlich zuwiderhandelt, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. § 245 des Strafgesetzbuchs findet entsprechende Anwendung.
(3) Auf Gegenstände, die zur Begehung eines nach diesen Vorschriften strafbaren Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, findet § 86a des Strafgesetzbuchs entsprechende Anwendung.


§ 21

(1) Wer von dem Vorhandensein eines Vorrats von Druckschriften, deren Inhalt den Tatbestand einer der im § 20 Abs. 1 bis 3 bezeichneten strafbaren Handlungen begründet, zu einem Zeitpunkt glaubhafte Kenntnis erhält, zu dem das Vorhandensein dieses Druckvorrats der Behörde noch nicht bekannt ist, ist verpflichtet, unverzüglich der Polizeibehörde Anzeige zu erstatten. Die in seinen Besitz oder Gewahrsam gelangten Stücke der Druckschrift hat er unverzüglich der Polizeibehörde abzuliefern.
(2) Wer es unterläßt, die Anzeige oder Ablieferung rechtzeitig zu bewirken, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.
(3) Straffrei ist, wer eine Anzeige unterläßt, die er gegen Verwandte auf- und absteigender Linie, Ehegatten oder Geschwister erstatten müßte. Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet, anzuzeigen, was ihm bei Ausübung der Seelsorge anvertraut worden ist.

§ 22

(1) Wer in dem dringenden Verdacht einer nach den §§ 81 bis 86, 92 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs oder den §§ 1 bis 4 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse strafbaren Handlung oder eines Verbrechens oder Vergehens steht, das mittels einer Waffe begangen ist oder dessen Strafbarkeit durch unbefugtes Führen einer Waffe oder unbefugten Erscheinens mit einer Waffe begründet wird, kann im Interesse der öffentlichen Sicherheit in polizeiliche Haft genommen werden.
(2) Die polizeiliche Haft ist aufzuheben, wenn und solange gegen den Verhafteten die gerichtliche Untersuchungshaft verhängt ist, oder wenn drei Monate seit der Inhaftnahme vergangen sind.
(3) Gegen die Anordnung der polizeilichen Haft ist die Beschwerde im Dienstaufsichtswege zulässig.
(4) Bestreitet der Verhaftete die Begehung der ihm zur Last gelegten Tat, so hat auf seinen Antrag über die Frage, ob dringender Tatverdacht vorliegt, der Amtsrichter des Bezirks zu entscheiden, in dem die Haft vollstreckt wird. Verneint der Amtsrichter einen dringenden Tatverdacht, so ist die polizeiliche Haft aufzuheben. Das gleiche gilt, wenn eine einen dringenden Tatverdacht verneinende gerichtliche Entscheidung in dem Strafverfahren ergeht, das wegen der Tat eingeleitet worden ist. Bejaht der Amtsrichter den dringenden Tatverdacht, so kann der Verhaftete eine neue Entscheidung des Amtsrichtern nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel beantragen.

§ 23

(1) Räumlichkeiten,
von denen aus eine Mehrheit von Personen aus politischen Beweggründen oder zu politischen Zwecken gemeinsam oder zusammen mit anderen Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen begangen hat, oder von denen nach den Umständen zu besorgen ist, daß sie von einer Mehrheit von Personen für Gewalttätigkeiten dieser Art benutzt werden, oder
in denen Schriften hergestellt oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten werden, deren Inhalt den Tatbestand einer der im § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten strafbaren Handlungen begründet oder
in denen einer Mehrheit von Personen Aufenthalt oder Unterkunft gewährt wird, die in diesen Räumen eine nach § 5 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 548) verbotene Tätigkeit ausüben,

können polizeilich geschlossen werden, wenn dies für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Beseitigung der Gefahr der Wiederholung solcher Taten erforderlich ist. Die in solchen Räumlichkeiten befindlichen Waffen können polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden.
(2) Das Verbot kann auf Räume erstreckt werden, die mit den im Abs. 1 bezeichneten Räumlichkeiten zusammenhängen.
(3) Handelt es sich um eine Gast- oder Schankwirtschaft, so kann die Erlaubnis zum Betriebe von der Ortspolizeibehörde bis zur Dauer von einem Jahr entzogen werden.
(4) Gegen eine polizeiliche Maßnahme nach Abs. 1 bis 3 ist nur die Beschwerde im Dienstaufsichtswege zulässig. Der Reichsminister des Innern ist jederzeit berechtigt, die Aufhebung der Maßnahme anzuordnen.
(5) Wer eine nach Abs. 1 bis 3 polizeilich geschlossene Räumlichkeit vor Aufhebung der Schließung benutzt oder anderen zur Benutzung überläßt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Bei Gast- oder Schankwirten, die wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift rechtskräftig verurteilt worden sind, kann die höhere Verwaltungsbehörde mit Wirkung für das Reichsgebiet aussprechen, daß sie für eine bestimmte Zeit oder für die Dauer nicht die Zuverlässigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättengesetzes vom 28. April 1930 (Reichsgesetzbl. I S. 146) besitzen.


§ 24

(1) Zur Aburteilung der in dieser Verordnung mit Strafe bedrohten Handlungen ist das Verfahren nach § 212 der Strafprozeßordnung auch dann zulässig, wenn der Beschuldigte sich weder freiwillig stellt noch infolge einer vorläufigen Festnahme dem Gericht vorgeführt wird.
(2) Dasselbe gilt für alle übrigen zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden strafbaren Handlungen, die an öffentlichen Orten, in Versammlungen oder durch Verbreitung oder Anschlag von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen worden sind.


A b s c h n i t t V
Schlußvorschriften

§ 25

(1) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erläßt der Reichsminister des Innern, und zwar, soweit es sich um Vorschriften über das Verfahren vor dem Senat des Reichsgerichts handelt, im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz. Er kann, soweit er es für erforderlich hält, Richtlinien für die Handhabung der Vorschriften dieser Verordnung erlassen.
(2) Der Kreis der leitenden Beamten im Sinne dieser Verordnung2 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 5) wird, soweit es sich um Reichsbeamte handelt, von dem Reichsminister des Innern, soweit es sich um Landesbeamte handelt, von den Landesregierungen bestimmt.

§ 26

(1) Diese Verordnung tritt mit dem Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.[3]
(2) Während ihrer Geltungsdauer sind die Vorschriften der §§ 2, 6 bis 8 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 548) nicht anzuwenden.


Berlin, den 4. Februar 1933.

Der Reichspräsident
von Hindenburg

Der Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick

Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner




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