Meine Mutter hat künstliche Herzklappen. Aus Kunststoff, nicht wie Arnold Schwarzenegger; der hat Schweineklappen. Wenn man Schweineklappen hat, muss man kein Marcumar nehmen. Das Medikament würde ihn als - ähm - Schauspieler zu sehr einschränken: Es wirkt gerinnungshemmend. Meine Mutter kann oft nicht einfach zum Zahnarzt gehen und sagen, machen wir einen Termin für nächste Woche. Sie muss ihr Medikament »einstellen« lassen, damit sie nicht zu viel Blut verliert. Das endet manchmal wegen relativer Kleinigkeiten in der Zahnklinik mit einigen Tagen Aufenthalt. Aber so dramatisch das klingt, all das ist eine unglaubliche Verbesserung gegenüber vierzig, fünfzig ihrer Lebensjahre davor. Als Kind durfte meine Mutter weder Radfahren noch Schwimmen lernen. Als ich klein war, arbeitete sie einige Jahre lang noch, aber sie wurde schnell müde, und wenn es ihr nicht gut ging, half sogar mein Opa im Haushalt (daher auch die Sache mit dem weggeworfenen Limahl-Starschnitt). Die körperlichen Einschränkungen wurden immer unangenehmer. Heute gilt sie zwar zu, ich glaube, 80 Prozent als behindert, was bedeutet, dass sie in der Straßenbahn Leute von den entsprechenden Sitzen scheuen dürfte, wenn sie ihren Ausweis zeigt. Besonders toll findet sie aber, dass sie damit eine Netzkarte umsonst bekommt, mit der sie nicht nur ständig durch ganz Bochum sausen kann, nein, die gilt sogar für große Teile des Umlandes. Und seit der Herzklappen-Operation geht es ihr prima, sie kann noch viel mehr durch die Gegend sausen, und wenn sie mal wegen irgendwas Kleinem ins Krankenhaus muss, kommen Assistenzärzte und fragen ehrfürchtig, ob sie sie mal abhören dürfen. Mancher fragt auch, ob sie was gesehen hat, als sie klinisch tot war. Das findet sie immer ziemlich lästig.
|