ich habe eine konkrete Erinnerung. Es muß kurz nach dem Einzug in den Tulpenweg gewesen sein. Ich hatte ja öfter Ohrenentzündung. Da gabs immer so warme ölige Tropfen ins Ohr. Normalerweise. Aber dieses Mal war es besonders schlimm. Ich weiß nur, daß ich lange Zeit wimmerte vor Schmerzen und daß ich ausnahmsweise unten in deinem Bett schlafen durfte, damit man besser an mich rankommt. Und daß Mutter dann als ich nicht aufhörte zu wimmern mit einem Teelöffel ankam, mit einer Flüssigkeit, ein Teelöffel Flüssigkeit den ich schlucken sollte, und ich erinnere mich an ihre Worte „Gleich wird es besser“. Ich hatte alles das bis 2012 völlig verdrängt und mich immer wieder gefragt woher diese seltsamen Zustände die ich als Kind ab und zu hatte und auch ein einziges mal vor Mutter und dem Arzt (Winkler) die beide im Türrahmen des Kinderzimmers standen, erklären wollte, was nicht gelang. (Ich hielt damals z.B. immer beide Hände in die Luft zum Beispiel, weil ich das Berühren des lakens oder der Decke nicht ertrug und hatte seltsame Dimensionsempfindungen des raums und meines Körpers) Diese Erinnerung ist irgendwann schlagartig gekommen nachdem ich 2012 bei Marc war und dort im Oktober/November nahe der Wildermuthstraße in einem Container Flaschen sammelte und etwa zehn oder zwölf 500ml leere Polamidonflaschen fand die ich allesamt herausangelte. (Ich kannte das vom Namen her als starkes Schmerzmittel)Die Flaschen enthielten jeweils einen kleinen Restinhalt, waren also nicht vorschriftsmäßig ausgewaschen, ich bereitete das apothekermäßig auf eine einzige Konzentration indem ich alle zwölf Flaschen mit heißem wasser ausspülte und sämtliche Inhalte vereinigte und probierte die erste Dosis versuchsweise. Mit der Einnahme kam augenblicklich die Erinnerung daß ich diesen geschmack kenne. Es hat einen sehr typischen, ein wenig unangenehmen aber noch erträglichen geschmack. Es ging mir wie ein Licht auf, ich kenne das. (Da war aber die erinnerung mit dem teelöffel Mutters noch nicht da) Dann wollte ich natürlich sparsam sein und habe bemerkt, nach der zweiten Einnahme und dem Aufwachen danach, daß es eine Art von tiefer Depression hinterlässt (von Magenübelkeit bei auch nur geringer Überdosierung einmal abgesehen), und anhand dieses Zustandes, den ich auch aus meiner Kindheit kannte, sogar das gefühl an den Händen, das ich hasste, war wieder da, danach kam die Erinnerung langsam, im Laufe der nächsten Monate. Irgendwann hörte ich dann Mutters Stimme mit dem teelöffelchen „Gleich wird es besser“ in Verbindung mit diesem geschmack. Dieser damals noch durch einfache verschreibung erhältliche Stoff (du kennst Mutter), wird heute streng reguliert. Ich hab mich sogar gefragt ob sie den in der Schwangerschaft eingenommen hat. Aber ich bin sicher, das zumindest ein einziges mal, in der beschriebenen Situation bekommen zu haben, und das das eine ganze reihe von Folgereaktionen bei mir ausgelöst hat, die ich dann im Alter von 54 Jahren zum größten teil noch einmal nacherlebt habe, durch diesen Zufallsfund. Was hat mich dieses Gefühl an den Händen jahrelang beschäftigt. das kam immer wieder, in größeren Abständen und vor allem bei Fieber, aber auch ganz einfach so, es überfiel mich beim Im Bett liegen plötzlich. Wie sehr war ich immer wieder wütend auf Mutters Satz, nach dem ich in meinen kindlichen Worten diesen sehr unangenehmen Zustand der immer wieder kam und endlich einmal ein Arzt zuhörte, mit ihr im Türrahmen des Kinderzimmers stand, ich das zu beschreiben versuchte, (die beiden hörten nicht lange zu nachdem Mutter sagte „das Kind phantasiert im Fieber“ (später: Das Kind hatte schon immer viel Phantasie) und auch auf meine geschwister zum teil die dann auch die version (das Kind hatte schon immer viel Phantasie) meine Geschichten abtaten.
|