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velocyclette schrieb am 16.2. 2004 um 16:20:09 Uhr über

gekündigter

Genauso gut könnte man doch fragen warum man dinge tut, die man tut.

Also gekündigter, warum bauen sie hanf an? Es ist doch unglaubwürdig, wenn sie behaupten im fortgeschrittenem alter von sechzig jahren damit angefangen zu haben. Sie sind in dieser stadt geboren. Sie wohnten als kind in diesem haus. Sie sind in diesem haus mieter seit über 40 jahren und hier erstwohnsitzlich gemeldet. Bei ihrer mutter sind sie in deren gemeindewohnung genauso lange zweitwohnsitzlich gemeldet. Ihr zweitwohnsitz befindet sich fünf minuten fahrtzeit von ihrem erstwohnsitz entfernt. In ihrem heimatort gelten sie als exentriker. Sie selbst bezeichnen sich als alternativ lebende person. Sie sind bereits als jugendlicher im alter von 17 jahren in zusammenhang mit drogen mit dem gesetz in konflikt geraten. Warum also frage ich sie, sollten sie plötzlich mit 58 jahren beginnen sichtbar hanfpflanzen auf eines ihrer zwei fensterbretter in ihrer gemieteten wohnung zu stellen, einem fenster mit blick auf eine straße, die mir doch sehr belebt erscheint. Und warum benötigen sie nur eines ihrer zwei fenster? Ist es bescheidenheit? Oder ist es intelligenz, mit dem minimum das maximum zu erreichen.
Ist es ein anflug von größenwahn? Das gefühl von unverwundbarkeit, welches sie übermannt hat?
Sie selbst geben an nur zweimal die woche in ihrer wohnung zu nächtigen. Sie verbrauchen kaum strom, verursachen keinen müll und verzichten auf jegliche heizmöglichkeit. Sie leben eben anders, und dieses anders kann doch nicht unter anklage gestellt werden. Sie haben wasser- und gaszufuhr in ihre wohnung verweigert, ihr namensschild an der hausgegensprechanlage und ihre beteiligung daran abgelehnt. Sie leben gerne substandard. Sie besitzen einen kleinwagen, sind mieter einer stadtwohnung, die sie selten gebrauchen, betreiben einen schrebergarten. Den sommer verbringen sie am FKK strand am see der gemeinde und den winter bei den naturfreunden. Vormittags lesen sie die tageszeitung bei einem espresso im rothen krebs, nachmittags diskutieren sie im mitt´n drin das gelesene vom vormittag. Dienstags gehen sie bridgespielen. Und sie pflegen ihre mutter. Seit zwanzig jahren. Woran leidet ihre frau mutter seit so langer zeit?
Sie behaupten niemals gearbeitet zu haben. Dass sie keine steuern zahlen und die gesellschaft nicht brauchen. Könnte es sein, dass sie sie missbrauchen?
Ist die gesellschaft verrückt, in ihrer trägen bürokratie den anarchisten, rebell, aufwiegler, agitateur unfähig zu erkennen? Halten sie sich für unfassbar. Vielleicht halten sie sich für einen entertainer, für einen seiltanzakrobaten im kapitalismus. Im falle eines falles machen sie menschen, wie die eigentümer des hauses in dem sie mieter einer 30 qm² großen wohnung sind, verantwortlich.
Sie belasten und blockieren deren kapital. Das gibt ihnen ein gefühl von sicherheit. Befriedet ihren minderwertigkeitskomplex. Besänftigt und beruhigt ihr gemüt der gesellschaft alleine als ungehörter aufrührer zu dienen. Vielleicht war es auch nur ungeduld, die sie erfasst hat. Erhört zu werden ist ein komplexer vorgang. Wichtig zu sein, eine unstillbare sehnsucht nach unsterblichkeit. Wenn man doch sonst nichts zu verlieren hat, weder namen, noch ruf. Keinerlei verantwortung anderen gegenüber zu tragen hat als zu sich selbst. Will man da nicht einmal ernst genommen werden. Hat man dazu nicht das recht. Schließlich sind sie mieter in diesem haus. Wahrgenommen zu werden, wäre doch das mindeste was ihnen zustehen würde.
Ihren vermieter kennen sie seit ihrer kindheit. Er führt das leben, das ihnen verhasst ist. Akademiker, braver steuerzahler, der durch emsigkeit versucht sich kapital anzueignen. Er hat sie noch nie richtig wahrgenommen. Ein entrückter professor, der in geistigen sphären schwelgt, an dem das reelle leben vorbeizieht, wie eine leichte sommerbrise. Seine frau ist anders.
Dreimal haben sie bei der frau probiert sich bemerkbar zu machen. Sie hat kinder, kocht und künstelt. Sie sind in ihre privatsphäre eingedrungen, haben sich mit ihrem körper an ihrem körper gestellt, sodass sie ihnen nicht entweichen konnte. Sie haben sich mit den fäusten an die brust geklopft, haben ihr unmissverständlich zu erkennen gegeben mächtig und potent zu sein. Wenn und wann sie es für nötig hielten, habe sie sich zu sorgen und mit ihnen zu sprechen. Doch sie wimmelte sie ab wie einen billigen staubsaugervertreter. Sie bat sie zu gehen, ihre anliegen der hausverwaltung zu melden, sie in ruhe zu lassen, da sie nicht zuständig sei. Sie übertrumpften sie mit lautstärke und sie übertönte sie mit der drohung die polizei zu rufen. Sie flohen mit eingezogenem schwanz, mit einem gefühl der kastration. Sie würde schon noch merken, wer hier das sagen hat.

Also frage ich sie noch einmal, gekündigter, warum tun sie dinge, die sie tun?



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