Allerdings verzeichnen die Entwicklungsländer beim Handel mit den meisten Dienstleistungen ein Defizit, es sei denn, sie erzielen Einnahmen aus Tourismus und Reisen oder aus den Überweisungen ihrer im Ausland beschäftigten Arbeitsmigranten. Auch von den 16 fahrenden Exporteuren aus dem Süden erzielten 1999 nur fünf einen Überschuss beim Handel mit kommerziellen Diensten (WTO 2001). Die binnenökonomische Bedeutung von Dienstleistungen ist in Entwicklungsländern in den letzten Jahren stark angestiegen, wenn auch mit großen regionalen Unterschieden. Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt beträgt durchschnittlich 40% (Mashayekhi 2000).
Während der Uruguay-Runde hatten sich die Entwicklungsländer zunächst vehement gegen die Aufnahme von Dienstleistungen in das Regime der Welthandelsorganisation ausgesprochen Ihre eigene Service-Industrie sei zu schwach entwickelt, sodass sie bei verfrühter Marktöffnung dem verschärften Wettbewerb nicht gewachsen ist. Entsprechend müsse sie sich zunächst geschützt vom Weltmarkt entwickeln können. Als besonders problematisch betrachteten sie, dass auch der Güterhandel von Ländern ohne nennenswerten Service-Sektor bei Nichteinhaltung des GATS sanktioniert werden kann. Die Möglichkeit solcher Oberkreuz-Vergeltungsmaßnahmen (»cross retaliation«) hatte die USRegierung auf Initiative der Coalition of Service Industries durchgesetzt. Der Widerstand der Entwicklungsländer wurde eingedämmt, als ihnen die Industrieländer mit dem flexiblen Liberalisierungsansatz des GATS entgegen kamen (Vander Stichele 1998).
Grundsätzlich spiegelt das Niveau an übernommenen GATSVerpflichtungen den Entwicklungsstand der Länder wider. Während einzelne Least Developed Countries nur in einem einzigen Sektor Marktöff nungen zugelassen haben, legten einige Schwellenländer umfassende Verpflichtungslisten vor, die eine große Zahl von Sektoren umfassen und an das Verpflichtungsniveau mancher Industriestaaten heranreichen (Mashayekhi 2000).
Die Vorbehalte der Länder des Südens gegenüber einer forcierten Dienstleistungsliberalisierung bedeuten keineswegs, dass sie nicht auch Chancen mit diesem Bereich verbinden. So wünschen sie sich selbstverständlich ebenfalls bessere Marktzugangsmöglichkeiten für ihre Serviceanbieter in den Industrieländern Jedoch haben sie auch das Interesse, ihre infändischen Anbieter
76 5. Die Entwicklungsländer in den GATS-Verhandlungen
vor allzu starker Konkurrenz aus den lndustrienationen zu schützen. Daher ist ihre Haltung differenziert: Sie suchen Exportchancen wie auch den Schutz noch nicht wettbewerbsfähiger Anbieter. Hinzu kommt, dass sie im Gesamtrahmen der Doha-Runde auf einer strikten Paratielität zwischen den Agrar- und den Dienstleistunsverhandlungen beharren, um etwaige Zugeständnisse bei Dienstleistungen von einem Entgegenkommen bei den Agrarverhandlungen abhängig machen zu können.
Exportchancen in einzelnen Sektoren
der wenigen Für viele Länder bietet der Service-Bereich eine
Möglichkeiten, ihre Exportpalette zu diversifizieren und die ein- seitige Abhängigkeit von Rohstoffausfuhren zu überwinden
Potenzielle Exportchancen werden den Ländern des Südens vor stiert, in denen ihre Wettallem in sechs Service-Bereichen atte
h häufig von der Möglichkeit grenzüberbewerbsvorteile jedoc gen bestimmt werden (UNC-
schreitender Arbeitskräftebewegun
TAD 1999): ienstleistungen, vor allem
· Professionelle und Unternehmensd im EDV- und Back office-Bereich
· Gesundheitsdienstleistungen
· Tourismus
· Bauvvesen
· Audiovisuelle Dienstleistungen
Transport te angeht, z.B. softwarepro-
Was EDV- und Back office-Diens grammierung, Datenvervvaltung oder medizinische Datenverarbeitung, wird nur von einer geringen Zahl potenzieller Anbieter auf Seiten von Entwicklungsländern ausgegangen. Ähnlich wird die Situation bei Gesundheitsdienstleistungen eingeschätzt, da die Industrieländer auch hier bisher vergleichsweise geringe Marktöffnungsverpflichtungen eingegangen sind. Einige wenige Entwicklungsländer können auch vom »mode 2«Handel profitieren, d.h. von der Inanspruchnahme niedizinischer Dienste durch Patienten aus dem Ausland. Dies beschränkt sich aber vor allem auf diejenigen Länder in relativer Nähe zu den Heimatländern der Patienten.
Der Tourismus-Sektor war schon vor der uruguay-Runde weit-
was sich auch in der höchsten Zahl von WTOgehend liberalisiert,
Die Entwic lu gständer in den GATS-Verhandlungen 77
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