Anti G8 Plattform München
Kontakt: g8@inventati.org
Erneuter Angriff auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit: Hausdurchsuchungswelle in München anlässlich des G8-Gipfels und der NATO-Sicherheitskonferenz
Am Mittwoch, 17. 1. 2007, durchsuchte die Polizei in München acht Objekte. Den Vorwand bildeten ein Flugblatt und eine Broschüre, die im Rahmen der Mobilisierung gegen die NATO-Sicherheitskonferenz und gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm erschienen sind. Betroffen waren neben drei Privatwohnungen die selbstverwalteten Räume im „Ehemaligen Tröpferlbad“, die Basis-Buchhandlung in der Adalbertstraße, der Kulturladen und eine Druckerei im Westend sowie benachbarte Büroräume. Mindestens sechs Personen wurden festgenommen und zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf die Polizeiwache gebracht: Die angeblichen DomaininhaberInnen der Internet-Seiten no-nato.de und indynews.net, auf denen der besagte Aufruf gegen NATO-Sicherheitskonferenz und G8 veröffentlicht worden sein soll, sowie MitarbeiterInnen der betroffenen Betriebe. Beschlagnahmt wurden ein knappes Dutzend Computer sowie diverse Schriftstücke, wie Broschüren, etc..
Begründet wurde die Durchsuchungswelle damit, dass angeblich in dem Flugblatt und in der Broschüre dazu aufgerufen wird im Rahmen des Widerstands gegen den G8-Gipfel im Juni 2007 in Heiligendamm den Militärflughafen Rostock-Laage zu blockieren. In diesem Zusammenhang wollen wir erwähnen, dass bundesweit das Bündnis „Block G8“, an dem sich unter anderem der Bundesvorstand der Grünen Jugend, die Interventionistische Linke und Pax Christi beteiligen, dazu aufruft, „mit Blockaden als Mittel des zivilen Ungehorsams“ den G8-Gipfel zu blockieren. Blockaden gelten, im Gegensatz zum Vorwurf des „Aufrufs zu Straftaten“, laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts lediglich als Ordnungswidrigkeiten.
Fakt ist auch: Der Militärflughafen Rostock-Laage hat zum einen als Standort von Eurofightern und Tarnkappenbombern sowie als Ausgangsort für Luftkriegs-Übungsflüge über dem benachbarten Bombodrom-Gelände in der Wittstocker Heide eine zentrale Bedeutung für die Kriegsplanungen von Bundeswehr und NATO. Zum anderen werden dort im Juni 2007 etliche Regierungschefs auf der Anreise zum G8-Gipfel in Heiligendamm landen. Deshalb soll der Flughafen im Rahmen der Proteste gegen den G8 blockiert werden.
Dazu Martina Korn, Pressesprecherin der Anti-G8-Plattform München: „Wir betrachten die Durchsuchungswelle in München als Versuch, im Vorfeld der NATO-Kriegskonferenz antimilitaristischen und antikapitalistischen Protest mundtot zu machen.
Blockaden sind für uns ein legitimes Mittel des Widerstands gegen eine Weltordnung der Kriege, der Armut und Ausbeutung, des weltweiten Angriffs auf soziale und demokratische Rechte.
Die Hausdurchsuchungswelle als Angriff auf die Meinungsfreiheit reiht sich ein in eine Serie antidemokratischer Maßnahmen der vergangenen Jahre: Von Versammlungsverboten über Kriminalisierung von AktivistInnen bis hin zur ersten Umstellung des Gewerkschaftshauses durch die Münchner Polizei seit 1933. Wir erklären uns solidarisch mit den betroffenen Projekten und Personen und wir fordern die sofortige Einstellung aller Verfahren, die Herausgabe aller beschlagnahmten Gegenstände und die Löschung aller angefertigten Daten. Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir werden mit gemeinsam mit vielen den Protest gegen die NATO-Kriegskonferenz laut und deutlich auf die Straße tragen und im Juni 2007 zum Widerstand gegen den G8 nach Heiligendamm fahren.“
Für Freitag, 19.1., ruft die Anti-G8-Plattform München gemeinsam mit anderen demokratischen Organisationen zu einer Protestdemonstration gegen die Hausdurchsuchungen, gegen die Kriminalisierung von antimilitaristischem Protest und den Abbau von Grundrechten auf.
Die Demonstration unter dem Motto „Wir lassen uns nicht einschüchtern!“ beginnt um 18 Uhr 30 am Marienplatz.
Für Rückfragen stehen wir unter obenstehender e-mail-Adresse gerne zur Verfügung.
Für weitere Informationen verweisen wir auf die Internet-Seiten:
www.no-g8.tk
www.no-nato.de
Anti-G8-Plattform München, Antifa A&P, AK Internationalismus, Freie ArbeiterInnen Union München, Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, Libertad Süd, Antifa NT, Ver.di Jugend München, Mittwochskafe im ehem. Tröpferlbad, Freitagskafe im ehem. Tröpferlbad
Presseerklärung Basis Buchhandlung
Basis Buchhandlung & Antiquariat
> www.basis-buch.de
München, den 18.1.2007-01-18
Liebe Freundinnen und Freunde
Geehrte PressevertreterInnen,
Gestern Nachmittag, den 17.1.2007, hat ein großes Polizeiaufgebot unsere
Buchhandlung durchsucht. Steine des Anstoßes waren diverse Flugblätter,
Broschüren und eine Massenzeitung (G8 xtra) zu Protesten gegen den G8 Gipfel
(militär- und wirtschaftsstrategischer Gipfel der großen Industrienationen)
in Heiligendamm an der Ostsee im Juni 2007, zu denen viele Gruppen der
Antiglobalisierungsbewegung, Gruppen der interventionistischen Linken,
Gewerkschaften u.a. aus dem In- und Ausland aufrufen, sowie Flugblätter, die
zu Protesten gegen die NATO-Sicherheitstagung Anfang Februar aufrufen.
Zeitgleich wurden noch das Druckwerk München, der Kulturladen Westend, ein
Transportdienst und mindestens 3 Privatwohnungen durchsucht. Dabei wird
gegen Personen der Vorwurf erhoben, für Inhalte der Publikationen
möglicherweise verantwortlich zu sein, die zu Straftaten auffordern. Dabei
handelt es sich um den Aufruf, in Wittstock ein Gelände zu begehen, wo gegen
den Willen der Bevölkerung ein Bombodrom für nationale und internationale
Militäreinsatze eingerichtet (www.bombodrom-nein.de) werden soll und um
Aufrufe zu Blockadeaktionen rund um den Flughafen Rostock-Lage, wo die
Teilnehmer des G8 Gipfels landen werden.
Unser Basis Kommentar dazu:
“Das Grundgesetz ist das einzige Programm der bundesrepublikanischen
Demokratie, das nicht vom Diktat einzelner Interessengruppen bestimmt ist,
noch von perfektionistischen Weltanschauungssystemen sich herleitet. Seiner
Entstehung und seinem Inhalt nach ist es vielmehr ein Stück Zeitgeschichte,
präziser: Nachkriegsgeschichte … Der Anspruch mag schon damals angesichts
des Gegenstandes und seiner Möglichkeiten zu hoch gewesen sein; aber er war
pathetisch, er wurde auf breitester Front ernstgenommen und schien zumindest
angesichts der schmalen, vom Hunger gezeichneten Gesichter der
Parlamentarier glaubwürdig. DENN..
Aus zwei Haupterkenntnissen sollten die Konsequenzen gezogen werden:
1.. Demokratie ist die einzige Menschenwürde sichernde Form staatlichen
Zusammenlebens – Diktatur ist Barbarei, Unmenschlkichkeit, Terror,
Rückschritt.
2.. Krieg ist im 20. (auch im 21.) Jahrhundert nicht mehr möglich. Die
Verluste sind durch keinen Kriegsgewinn und keine Beute aufzuwiegen, die
materiellen nicht, sowieso nicht die menschlichen.
Gemäß diesen zwei Erfahrungen wurde mit dem Grundgesetz der Rechtsstaat
geschaffen, und zwar so wohldefiniert und total, so durchdacht und
vielfältig gewährleistet, wie es ihn vorher in Deutschland nicht gab, und
Wehrpflicht und Remilitarisierung waren von vornherein verfassungsmäßig, das
schien: katexochen aus der projektierten Existenz der Bundesrepublik
ausgeschlossen. Das Grundgesetz war in seiner ursprünglichen Fassung total
freiheitlich und total antimilitaristisch. Für eine Remilitarisierung war
schlechterdings kein Platz und Grundrechte und Freiheitsrechte galten
uneingeschränkt, d.h. dem Plan nach für alle Zeiten, für alle Menschen, für
alle Situationen, für die fetten und für die mageren Jahre. (Ulrike Meinhof,
Die Würde des Menschen in Peter Brückner: Ulrike Meinhof und die deutschen
Verhältnisse)
In diesem Sinne betrachten wir InnhaberInnen der Basis den Übergriff der
Polizei – der Behörden – des Staates – als Grundgesetz widrig und Proteste,
die sich gegen die fortgesetzte Militarisierung unserer Gesellschaft wenden
als lebensnotwendig.
Grüße Eure
Basis
Massive Repressionen gegen Antikriegsbewegung in München
Zur Polizeiaktion gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Antikriegsbewegung in München erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE Ulla Jelpke:
Die aktuellen Repressionen gegen Kriegsgegnerinnen und Kriegsgener in München lassen befürchten, dass die demokratischen Grundrechte für diejenigen, die anlässlich der NATO-Sicherheitskonferenz und des G8-Gipfels gegen kapitalistische Globalisierung und Kriegspolitik protestieren wollen außer Kraft gesetzt werden.
Rund drei Wochen vor der alljährlichen NATO-Sicherheitskonferenz durchsuchte das Staatsschutzdezernat der Polizei am Mittwoch mindestens neun Büros, Treffpunkte und Privatwohnungen von Aktivistinnen und Aktivisten der globalisierungskritischen und Antikriegsbewegung in München. Dabei wurden sechs Personen vorläufig festgenommen, verhört und erkennungsdienstlich behandelt. Betroffen von den Razzien waren eine Druckerei, eine Buchhandlung, zwei alternative Stadtteilkulturzentren, Lager und Büro eines Transportunternehmens sowie mehrere Privatwohnungen.
Die Polizei nannte als Durchsuchungsgrund den Vorwurf „Aufforderung zu Straftaten“. Das bezieht sich offenbar auf einen Aufruf zu Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz im Februar in München und den G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm. In diesem Aufruf wird eine geplante Blockade des Flughafens Rostock-Laage erwähnt, auf dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des G8-Gipfels landen werden. Nach Auffassung der Münchner Staatsanwaltschaft stellt dieser Aufruf eine Aufforderung zur Nötigung und somit zu einer Straftat dar. Offenbar ist den Münchner Ermittlungsbehörden nicht bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht seit den 80er Jahren gewaltfreie Blockaden lediglich als Ordnungswidrigkeiten wertet.
Beschlagnahmt wurden zahlreiche Computer, die für das Überleben alternativer Kulturprojekte, unabhängiger Medien und kleiner Unternehmen überlebensnotwendig sind. So nahm die Polizei bei einem Transportunternehmer, der lediglich als Zeuge geführt wird, sämtliche Arbeitscomputer mit. Dies kann für den Betroffenen den wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Dies wird von der Staatsanwaltschaft mindestens billigend in Kauf genommen. Die Razzien und Beschlagnahmungen gegen die unabhängigen Internetportale indynews.de und no-nato.de sind als schwerer Angriff auf die Pressefreiheit zu werten. Den Betreibern wird damit die Arbeitsgrundlage entzogen.
Ulla Jelpke, PDS-Fraktion im Bundestag
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