Der Prozeß der „Erstklassigen Menschen” hat unter lauter erstklassigen Menschen gespielt; der unbehandschuhte revolutionäre Pöbel, der so ungebildet ist, Schurken Schurken zu nennen, hat sich mit der angenehmen Rolle des Zuschauers begnügen dürfen. Und so ist es auch in diesem erstklassigen Prozeß sehr höflich und sänftiglich, rücksichtsvoll von allen Seiten, zugegangen. Es wurde kein aufregender Wahrheitsbeweis geführt, kein ungeheuerliches Urteil gefällt – und doch erscheint von allen militärischen Skandalprozessen dieser als der allerschlimmste. Man hat einen bedeutenden Dichter, dessen Können von allen Parteien gleichmäßig anerkannt wird, hat Detlev v. Liliencron in der peinlichen und seiner wenig würdigen Rolle eines Gehilfen der Anklage gesehen. Ein deutscher Schriftsteller und „erstklassiger Mensch”, der Angeklagte selbst, hat das beschämende Schauspiel eines Mannes geboten, der sich der sittlichen Schwere von ihm erhobener Beschuldigungen gar nicht bewußt gewesen ist. Und trotzdem hat dieser Mann, nicht als Feind sondern als Freund und „alter Kamerad” des preußischen Offizierkorps, erhobenen Hauptes Beschuldigungen aufrecht erhalten, die selbst der entschiedenste Gegner seiner Klasse nicht in den Mund nehmen möchte, ohne dabei für die ganze Menschheit zu erröten.
So hat der Prozeß der „Erstklassigen Menschen” keine Lösung geboten, sondern nur ein peinliches Fragezeichen aufgerichtet. Er hat nur einen Zipfel des Vorhanges gelüftet – aber was man gesehen hat, war just nicht darnach angetan, die Herrlichkeit des gegenwärtig herrschenden Systems in neuem Glanze erstrahlen zu lassen. Der Militarismus hat Pech vor Gericht!
[Der gleiche Artikel mit genau demselben Wortlaut erschien am 27. Oktober 1904 im „Volksboten (Stettin)”]
|