Eine fundamentale Eigenschaft der Photonen ist ihre energetische Unteilbarkeit. Elektromagnetische Energie läßt ich demzufolge nicht beliebig verdünnen. Charakteristisch ist, daß immer dann, wenn sich die Teilchennatur des Lichts offenbart, der Zufall seine Hand im Spiel hat. Das gilt gleichermaßen für den Zeitpunkt der Emission eines Photons wie für den der Absorption.. In letztem Fall kommt noch hinzu, daß bei nicht zu großer Intensität der einfallenden Welle nur ein Bruchteil der vorhandenen Atome angeregt wird. Die Frage, welches Atom ein Photon „abbekommt“, wird dabei ebenfalls „durch Würfeln“ entschieden. Ebenso bleibt es bei der Strahlteilung - nehmen wir an daß ein einziges Photon einfällt -, dem Zufall überlassen, welcher der beiden Detektoren „zum Zuge kommt“.
Man erkennt aus der Zufälligkeit des Geschehens, daß gesetzmäßigkeiten wirken, die der klassischen mechanik und Elektrodynamik wesensfremd sind. Tatsächlich treten hier spezifisch quantenmechanische Züge des naturgeschehens in Erscheinung. Warum sie und gerade beim Licht so große Verständnisschwierigkeiten bereiten, liegt nicht zuletzt daran, daß sich hier „verrückte Dinge“ in makroskopischen Dimensionen abspielen, an deren Vorhandensein im Mikrokosmos wir uns inzwischen gewöhnt haben. So finden wir nichts Aufregendes mehr an der Vorstellung, daß das in einem Wasserstoffatom gebundene Elektron über einen Raumbereich von Zehnhochminuszehn Metern „verschmiert“ ist, es geht uns aber doch gegen den Strich , wenn wir glauben sollen, daß ein Photon, im Fall der „Interferenz mit sich selbst“ sowohl in dem einen wie auch in dem anderen Teilstrahl sein soll, wobei die räumliche Trennung der beiden „Hälften“ Meter oder Kilometer (prinzipiell gibt es da keine Grenze!) ausmachen kann. Offenbar müssen wir uns - das zeigt auch die in Abschn.9.4 geschilderte kürzliche Verwirklichung des Gedankenexperiments von Einstein, Podolsky und Rosen (1935) mit aller Deutlichkeit - damit abfinden, dap spezifisch quantenmechanische Korrelationen sich über makroskopische Dimensionen erstrecken können. Die Welt ist damit gemeinhin komplizierter. als man gemeinhin glaubt, und die Photonen tun das ihrige, um uns dies vor Augen zu führen.
Harry Paul, Photonen, Viehweg 1985 ISBN 3-528-06868-X
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