Hakim Beg
TiBmporäre Echtzeit
DreiGespräche
Hakim Reg US. Enzu 23
En7o 23: Zuerst eine einfache Frage: Mir fiel auf, daß dein, Arbeiten immer außerhalb eines bestimmten Raumes bleiben: nämlich des akademischen Raums. Einige Figuren, auf die du dich beziehst, wie Burroughs, Thoreau, Sade und Oscar Wilde, wurden ja gesellschaftsfähig und eingemeindet. Befürchtest du eine ähnliche Vereinnahmung oder vielleicht eine falsche Vermittlung deiner Texte?
Hakim Bey: Ja natürlich. Es geht dabei um das Paradox, ein Buch zu schreiben, in dem du die Leute warnst, den Medien nicht zu trauen, und dazu se Medium, nämlich ein Buch, verwendest. Aus dieser Verstrickung führt k Iber ein hinaus, soviel ist klar. Entweder wir kommunizieren oder wir lassen es ei, Weg hätte vielleicht schwören können, daß ich nie wieder was schreibe, son - Naja, ich ab jetzt nur noch mündlich mit einzelnen Individuen austausche. dern mich wahrscheinlich der Idealfall, aber mein Metier ist eben das Schreibe Das wäre haben die üble Eigenschaft, echte Erfahrungen im Herzen und im Ko n. Medien te zu ersetzen, und ich muß für meine Arbeit mit diesem Paradox le pf der Leu-
die Leute lieber in mein Buch als in sich selbst schauen wollen, ben. Wenn
teile zu bilden, dann ist das sicher unerfreulich. Ich wollte kein um sich ihre Ur-
mein Buch als Bibel verkaufen. Aber es kommt immer wieder Guru werden und
die Nachricht von der Möglichkeit von Freiheit, oder sogar de vor, daß die Leute Nachricht überbringt, bejubeln, anstatt die Botschaft an sich n, der ihnen diese
Ich wollte nie so einer sein, deshalb empfinde ich es fast als Ve ernst zu nehmen. gekommen ist. rsagen, daß es so
Enzo 23: Man kann diese Antwort in zwei Richtungen deuten. In den Fünfzigern zum Beispiel war es die Aufgabe des Staats, sich in der Gesellschaft zu replizieren. Denken wir das mal zuende. Die Kinder damals waren wie ihre Eltern und die wiederum wie der Staat. Das Ideal damals war, sich auf so vielen Ebenen wie möglich zu gleichen. Der Rebellionsfaktor war gering. Mit den Sechzigern, den kulturellen Bewegungen und Aufständen gab es Plötzlich mehr Innenschau. Die
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jungen wollten das Bestehende nicht mehr ohne weiter te haben wir die Popularisierung des Internets, einem n Art elektronisches Dope der zweiten Generation. We durch das Internet verbreitet werden, dann verlierst du her, was mit deiner Philosophie, mit deinen Ideen gesc ten sie von einem Wissenschaftler aufgegriffen, bearb Zusammenfassung in Umlauf gebracht werden. Das w sierung der Schrift, die schon seit langem droht. Kann riet Schriften Oberhaupt garantieren?
Hakim Bey: Das ist kein Problem, das erst mit dem neue Medium hat die Tendenz, sich tyrannisch aller Als die US-Regierung das Postwesen übernahm, gab namens Anthony Comstock, der sich selbst zum Ze Postbehörde ernannte. Der ging nun also die Post d nach Obszönitäten. Darunter fiel auch Empfängnisve hunderts gab es also noch Leute, die ins Gefängnis k neu zur Empfängnisverhütung per Post weitergehen. ken nach Redefreiheit und die Radikalen schimpfte wurde es amtlich, daß der Staat das Recht hatte, in de zuschnüffeln. Als das Telefon auftauchte, war es ähnli Druckpresse war damals ein Schlag gegen die Autor die protestantische Reformation in die Gänge, als di Texte endlich in die Mundart übersetzt werden konnt dasselbe, egal mit welchem Medium: zunächst brin fen, und dann muß es auf die eine oder andere Art u den. Bislang hat sich das mit historischer Regelmäßi sicherlich sinnvoll, soziales Verhalten und Medium bringen, aber man sollte sich hüten davor, dies für e staltigen Formen gesellschaftlichen Verhaltens außer Dennoch, ja, es gibt da einen Zusammenhang. Mit mit einem neuen Medium groß wird, entstehen neue Bei meiner Generation war das der Fernseher, bei eu der Fünfziger begann das Fernsehen bei uns einzusic zigern gab es dann ein merkwürdiges, aber enges Ve um und einer ganzen Generation, die ihm ausgesetzt des Medium zu dem, wofür es ursprünglich gedac Freiheit entwickelt, die nicht unbedingt positiv bes einfach Energiefreisetzungen. Beim Fernsehen war
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