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LachBus schrieb am 17.8. 2005 um 14:21:55 Uhr über

Digital

Ganz, ganz hinten in den Alpen, hinter dem Inntal und dem Pfintschtal, dem Habachtal und dem Ötztal, gegenüber dem Dagital und zwischen Obergurgel und Unterspül liegt das Digital. Darin schäumt die Digi ganz hoch und überschwemmt alles, oder sie fällt vollständig trocken. Die Flanken der Berge wachsen fast senkrecht in den Himmel, wo sie in einer Höhe von 5,5 km genau in ein Plateau übergehen.
Die Gesteine des Digitals sind sämtlich kupfer─, borund arsenhaltige Silikate, wie der Datolith. Auch ein wenig Gold und Silber kommen vor, im wesentlichen verwachsen als Elektrum.

Die Launen der Digi haben die Entstehung einer endemischen Fauna fast vollständig verhindert. Es kommen nur wenige amphibische Arten vor, es dominieren die Molche, Mulche und Milche.

Die Gattung der Molche besteht aus Lastmolchen, die sich bei höchstem Pegel der Digi am wohlsten fühlen, Lostmolchen, die nur nach längeren Trockenperioden aus dem Staub und Kies des Flussbetts hervorkriechen und mit ihren knallroten Körpern Signal geben, und den Lustmolchen, die sich immer dann am wohlsten fühlen, wenn sie dazu Lust haben.
Die Mulche sind biologisch nicht weiter in Taxa untergliederbar; diese Wesen leben in den Baumstämmen, die von den Plateaus bei Hochwasser hinab ins Tal gespült werden. Fällt die Digi plötzlich trocken, so kriechen die Mulche aus den Rinden der Stämme heraus und suchen glücklos Pfützen. Erhebt sich nicht binnen kurzer Zeit ein neues Hochwasser, so akkumulieren die Mulche sich zu braunen Haufen dürrer, biegsamer, trockener Leiber und gehen ein.
Bei den Milchen lassen sich wiederum zwei Sorten gut unterscheiden: Schwarzbunte Renner und Braune Röhris. Alle stehen im oberen Bereich der Hänge, wo die Almen in die Ulmen übergehen, hinter den Höhlen mit den Olmen und vor den Mooren mit den Elmen. Bis zum Plateau sind es von dort aus noch tausend Meter, die die Renner bei Einsetzen des Hochwassers mühelos zurücklegen und blökend von oben den Wassermassen zusehen können. Die Überlebensstrategie der Röhris ist einfacher: Sie atmen durch ein Kilometer lange, schnorchelartige Hautausstülpungen, die oberhalb des Pegelhöchststandes in einer feuchten Nase enden. Da nach der Überzeugung Aller das Treten auf eine Röhrinase Unglück bringt, leiden die Röhris nur selten unter Nasenschmerzen oder Atemnot. Von Hangrutschen sind sie jedoch überproportional betroffen. Sie haben deshalb einen siebten Sinn für Gesteinsbrüche und entwickelt und den Einheimischen ein kostenloses Warnsystem ermöglicht:»Nimmer gah' auf Alm ond Stiegen / Wo koa Röhrinasen liegen

Die Bevölkerung des Digitals zeichnet sich durch den »Rettungsring« aus, eine dicke Fettausstülpung rings um die Leibesmitte. Darauf balancieren sie all ihr Hab und Gut, sofern es wasserempfindlich ist. Bringt der Ring nicht genug Auftrieb, was dann passieren kann, wenn sie bei einsetzendem Hochwasser zu tief ins Tal abgestiegen sind, so hilft ihnen ihr charakteristisches Doppelkinn beim Verschließen ihrer Atemöffnungen bis zum Aufschwimmen über die Wasseroberfläche.

In unseren Zeiten der hohen Mobilität und des schwindenden Traditionsbewusstseins hat das hart, unsichere Leben im Digital fast alle Digitaler zum Auswandern veranlasst. In Kalifornien haben sie in einer neu gegründeten Kolonie, dem »Silicon Valley«, eine neue Heimat gefunden. Dort kultivieren sie heuer ihre Doppelkinne und Rettungsringe.
Nur einige Ohme weigerten sich, auszuwandern, und leisten dem Fortzug beharrlich bis auf den heutigen Tag Widerstand.


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