In ungeheurem Fackelschein saß der Köng Belschatzar um seine güldene Tafel mit seinen Statthaltern, seinen Generalen und Steuereintreibern. Seine lüsternen Huren wälzten sich ächzend über den Boden, und ringsum funkelte das Gold des geraubten Tempelschatzes der Israeliten. Mir war befohlen worden, neben dem König Platz zu nehmen, denn ich war zum Deuter all seiner Visionen bestimmt, die ihn in jüngster Zeit auch wachend heimsuchten. In der riesigen Halle lag das Gold, waren die Leuchter des Tempels achtlos auf den Boden geworfen, mit Blut der erschlagenen Tempeldiener waren manche der Schätze beschmiert. Unheilig, oh unheilig. In jeder Ecke der Halle stand ein riesiges Götzenbild des großen Verderbers, des Baal, dessen jedes mit Rubinen und Smaragden überzogen war. Eines der Bilder hielt eine Waage in der Hand, das Nächste ein Ellenmaß, das dritte ein Schwert und das letzte einen goldenen Rubik's Cube. Der unheilige König und seine Schergen hatten schon viel von ihrem Wein und ihrer vergorenen Ziegenmilch getrunken, sie waren zu derben Scherzen aufgelegt. Beltschatzar schlug seine Huren mit einem großen Leuchter, so daß sie aufschrien. Der Statthalter von Judäa legte eine Reißzwecke auf meinen hölzernen Stuhl (die Stühle aller anderen waren aus Platin). KREEIISCH! Ich fuhr auf, unachtsam hatte ich mich niedergelassen, die unheiligen Ketzer spien vor Freude Weinfontänen durch den Raum, einer stellte sich, auf einem Bein balancierend, mitten auf den güldenen Tisch, ruderte mit den Armen und ergoß in großem Bogen einen Weinstrahl zum Tafelende hin, einem wasserspeienden Putto eines Schloßgartenspringbrunnens gleich. Der König lachte irre. »Hoho, er hat mich vollgespien! HAR HAR! (erschlagt ihn!)«. Sogleich kam der Weinspeier zu Tode. Ich ließ mir nichts anmerken und aß meine pürierten Kichererbsen, während die Narren ihre Späße trieben.
Da erfüllte ein Beben den Raum, die goldenen Becher stürzten um, die Schergen des Königs fielen von ihren Stühlen, einige waren auf der Stelle tot, der ausgeschüttete Wein floß wie Blut über den Tisch. Der König hielt sich an einem großen Leuchter fest, das Wachs tropfte ihn in den geflochtenen Bart. Was sei hier los? Wer stört? Dunkelheit legte sich in den Raum, wie als ob sie vom Himmel herabkäme. So lagen der König und seine Schergen wie im Grabe für lange Minuten wimmernd auf dem Boden. Da hörte man plötzlich das schlagen von Flügeln und ein Summen, das greulich anschwoll. Die Dunkelheit verließ den Raum, Helligkeit ward wieder hergestellt. Doch da! An der Wand! Grauen, noch viel furchtbarer als zuvor in der todsamen Finsternis überkam den König und seine getreuen. In einer sonderbaren Schrift standen Folgende schicksalsträchtige Worte an einem der großen Quader der Wand: »ERICH WÄHRT AM LÄNGSTEN«. Der König sah dies und verfiel in jämmerliche Raserei der Furcht.
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