Das Chillen und der Buddhismus
Was ist chillen?
Chillen kommt vom englischen »to chill out« und bedeutet so viel wie »entspannen«, »sich beruhigen«. Chillen ist eine der Hauptbeschäftigungen der heutigen Jugend. Dazu setzt man sich alleine oder zu mehreren in eine bequeme Position. Das würde an sich schon reichen, meistens kommen allerdings noch gechillte Musik und gechillte Drogen, vorzugweise Mariuhana bester Qualität, hinzu. Kiffer, die zu viel rumchillen, nennt man verchillt.
Wozu dient das chillen? Und was es mit Buddhismus zu tun?
Zur Entspannung. Aber was ist das? Die größtmöglichste Verhinderung von Leid über einen bestimmten Zeitraum. Ein unbequemer Stuhl schmerzt. Einen bequemer Stuhl spürt man weniger, man spricht nicht mehr von Schmerz, obwohl es immer noch ein latenter Schmerz ist. Wer schon mal auf Drogen oder im Trance die Erfahrung gemacht hat, den Körper überhaupt nicht mehr zu spüren, wird feststellen, dass nicht gechillteres gibt. Jede Form den Körper zu spüren ist Schmerz, an den ständigen latenten Schmerz, die mit dem Spüren des Körpers auch auf noch so bequemen Sesseln einhergeht, haben wir uns nur gewöhnt. Als gemütlich empfinden wir diese Sitzposition weil wir nur schlechtere kennen. Ein Fakir, der sein gesamtes Leben auf Nägeln gessesen hat, würde einen Steinboden auch als extrem gemütlich und chillich beschreiben (okay das Wort chillich würd er wahrscheinlich nicht benutzen). Trotzdem ist und bleibt alles Schmerz und Leid nur in verschiedenener Intensität, wo wir beim Thema Buddhismus wären.
Die Geschichte Siddharta Gautamas oder: Alles Leben ist Leid
Der Prinz Siddharta in Indien hatte alles, was er brauchte. Einen Sommerpalast, einen Winterpalast, einen für den Frühling und einen für den Herbst. Jederzeit wurde er von allen Übeln und Leiden beschützt, regnete es, wurde er durch Palmenblätter vor dem Regen geschützt. Jederzeit wurde er überall hingetragen. Er hatte eine Frau und einen Sohn. Man würde sein Leben also als äußerst gechillt beschreiben. Er hatte alles, wovon die Menschen seiner Zeit träumten.
Laut der Legende war er 29 Jahre alt als er zum ersten Mal mit den drei großen Übeln der Menschheit konfrontiert wurde: Alter, Krankheit und Tod. Er hatte einen Punkt erreicht, in dem alle irdischen Bedürfnisse wie Hunger, Durst, sexuelle Befriedigung, Liebe, Freundschaft, Reichtum und Anerkennung befriedigt hatte. Nun wurden ihm seine wirklichen Probleme bewusst: Probleme, die sich nicht lösen lassen. Er erkannte, dass mit jedem Tag, der vergeht, sein Körper schwächer wird, er sich unaufhaltsam seinem Ende nähert und unaufhaltsam auch der Tag vorrückte an dem er den nächsten geliebten Menschen verlieren würde. Alles Leben ist leid, man kann das Leid vermindern aber niemals ausschalten.
Warum lebt der Mensch?
Was hält den Menschen am Leben? Die Gier. Die Gier entsteht aus einem Mangel heraus. Ein Mangel an Nahrung lässt die Gier nach Nahrung aufkommen, ein Mangel an Wasser den Durst, Mangel an sozialen Kontakten die Sehnsucht nach menschlicher Wärme, Mangel an Sexualität die Gier nach sexueller Befriedigung. Die Befrieidigung dieser Lüste ist dabei von kurzer Dauer, einem Rausch gleichend. Der Mensch von heute hat weniger unbefriedigte Lüste als die Menschen in früherer Zeit. Nahrung und Wasser ist immer genug vorhanden, ebenso genug Wärme und viele andere elementare Gurdnbedürfnisse des menschlichen Lebens. Der Mangel an Gier stößt Menschen in existentielle Sinnkrisen, schließlich sollten sie rundum zufrieden sein, sind aber meistens trotzde nicht, wenn sie es nicht verstehen entweder neue Gier zu schaffen (beispielsweise nach Drogen, insbesondere Zigaretten und Nikotin) oder sich durch Religion, TV, Ideologie oder Kino etc. ablenken.
Weiter mit Siddharta
Siddharta erkannte also, dass alles Leben leid ist und der Mensch nur durch die Befriedung von Bedürfnissen am Leben bleibt, die sich niemals ganz befriedigen lassen. Also suchte er das Leid, um seine Phobie zu überwinden. Er schlief in Kot, führte ein asketischen Leben, das in fast umbrachte und quälte sich mit allen nur erdenklichen Schmerzen. Dies brachte ihm der Erleuchtung jedoch kein Stück näher, was er bald darauf auch erkannte. Also aß er wieder, fand einen mittleren Weg zwischem dem alten Leben in Luxus und dem Weg der totalen Askese.
Irgendwann kam ihn durch tiefe Meditation dann die Erleuchtung. Er sah alle seine vorherigen Leben und einen ausweg aus dem Daseinskreislauf.
Buddhismus what?
Und hier scheiden sich dann auch schon die Geister der verschiedenen buddhistischen Richtugen. Allen gemeinsam ist der Versuch der Überwindung alles Leids durch die Aufgabe sämtlicher Begierden. Erst wenn keine Begierden mehr vorhanden sind, man also wunschlos glücklich ist, ist das Leiden bis auf ein Minumum reduziert. Dazu muss man sich von seinem kleinen ängstlichen Ich befreien und den Geist mit Leere »füllen«.
Das Endziel ist das erreichen des Nirvanas. Was das jedoch genau ist, lässt sich hier nicht in aller Kürze beschreiben. Es ist nicht einfach das »Nichts« aber etwas ähnliches.
Der Zen-Buddhismus behauptet Matrix-like, dass unsere Vorstellungen, Sinneseindrücke, selbst unser eigenes Ich nur eine Illusion seien. Es gibt eine Wahrheit hinter den Dingen, den ewigen Bewusstseinstrom. Wir haben nur Zugriff auf unser Grobbewusstsein, können dieses beispielsweise durch Drogen verändern. Stirbt unser Körper, stirbt das Grobbewusstsein. Der ewige Bewusstseinstrom bleibt ebenso bestehen wie der Durst nach Leben, die existenzielle Begierde jedes Menschen, die der Zen-Buddhismus überwinden möchte, um aus dem Daseinskreislauf auszubrechen. Dieser Durst nach Leben sorgt dafür, dass sich ein neues Grobbewusstsein wieder in irgendeiner Form materialisiert.
Statt dass die Mehrzahl der Menschen sich ihrer Situation, ihres Einseins durch den Beuwsstseinstrom bewusst werden und versuchen ihre Gier und damit das Leid zu vermindern, bekämpfen sie sich gegenseitig und versuchen weiterhin ihre Gier zu befriedigen, was sie aber niemals zur Glückseeligkeit, zum erreichen des ultimativen Quan führen wird. Ähnlich wie die Menschen in der Matrix sich um ihre illusionären Alltagsprbleme kümmern, statt sich ihrer wirklichen Probleme bewusst zu werden und gegen die Maschinen kämpfen.
Zurück zum Thema
Ich scheife ab. Es geht ja eigentlich immer noch ums chillen. Chillen als Verhinderung von Leid. Eine stressgeplagte Jugend, alles in Hektik um sie herum und ihr Kopf ist gefickt, alles dreht sich nur noch um Erfolg, Leistung und niemand fragt nach dem Sinn. Chillen ist auch eine Form des Protestes gegen die neoliberale Leistungsgesellschaft, in denen es darum geht matrielle Bedürfnisse bis zum Exzess zu befriedigen.
Aber auch Chillen ist nicht das Nirvana, das Nirvana wäre wahrscheinlich der gechillteste Platz des Universums überhaupt. Wenn es das Nirvana denn gibt. Da es aber genug Buddhisten gibt, die behaupten, das Nirvana erlebt zu haben, ist unser Geist anscheinend zumindest fähig uns - in tiefen Trancezuständen - ein Nirvana vorzugaukeln.
Quintessenz
Der Buddhismus wird populärer. Noch weiß kaum jemand, wie seine Lehre überhaupt aussieht. Alle finden nur die orangen Kutten cool, stehen auf fernöstliche Esoterik und altchinesischen Pseudoweiheiten. Aber das wird sich glaube ich noch ändern. Ich wette, dass auch in Europa eine sehr buddhismusbeinflusste Chill-Generation aufwachsen wird. Denn "chillen ist im Grunde schon eine Vorstufe zum erreichen des Nirvanas.
Merke: Chillen ist die erste Bürgerpflicht!
Quelle: http://fuckup.homeunix.net/index.php?Chillen
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