aus der Werkzeugkiste: Buch als Brille
"Das Buch hat aufgehört, ein Mikrokosmos nach klassischer und abendländischer Art zu sein. Das Buch ist kein Bild der Welt und noch viel weniger Signifikant. Es ist nicht schöne organische Totalität, auch nicht mehr Einheit des Sinns. Michel Foucault antwortet auf die Frage, was für ihn ein Buch sei: eine Werkzeugkiste. Und Proust, dessen Werk voller Bedeutungen stecken soll, meinte, daß sein Buch wie eine Brille sei: probiert, ob sie euch paßt; ob ihr mit ihr etwas sehen könnt, was euch sonst entgangen wäre; wenn nicht, dann laßt mein Buch liegen und sucht andere, mit denen es besser geht. Findet die Stellen in einem Buch, mit denen ihr etwas anfangen könnt.
Wir lesen und schreiben nicht mehr in der herkömmlichen Weise. Es gibt keinen Tod des Buches, sondern eine neue Art zu lesen. In einem Buch gibt' s nichts zu verstehen, aber viel dessen man sich bedienen kann. Nichts zu interpretieren und zu bedeuten, aber viel, womit man experimentieren kann. Ein Buch muß mit etwas anderem 'Maschine' machen, es muß ein kleines Werkzeug für ein Außen sein."
(Deleuze/Guattari: Rhizom, Berlin 1977 , 40)
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