Seit einiger Zeit verspüre ich eine wachsende Unlust an Aspekten der sekretfixierten Sexualität. Die immergleichen Bekleckerungen stumpfen auf die Dauer ab. Gerade die Pornofilm - Industrie, die keine unmittelbaren physischen Empfindungen vermitteln kann, sondern sich mit deren Abbildung begnügen muß, hat den cumshot als sichtbaren Beweis des eingetretenen männlichen Orgasmus unerträglich überstilisiert. Herren, die sich zuvor minutenlang auf das lustvollste in ihrem Filmpartner vergraben haben, treten im entscheidenden Moment den Rückzug an und verströmen sich unter brünstigem Röhren auf dessen Rücken, ihren Bauch, die Kameralinse oder einfach in Gottes freie Natur. Dieser Brauch wird schon seit prä-HIV-Zeiten gepflegt, so daß eine erzieherische Absicht hinter derlei Praktiken unwahrscheinlich ist. Nein, das Absondern des Ejakulates ist ein optischer Marker, ein Platzhalter für die nur angedacht bleiben könnenden spinalen Schauer des Akteurs, die sich in diesem Moment auf den Zuschauer übertragen in Form dieses weißlichen Leitstrahls. Obwohl nach wie vor nicht gänzlich unempfänglich für diese unwillkürliche Geste des Verströmens, richtet sich mein Interesse zunehmend auf die vorbereitende Choreographie der Begierde, versteckt-absichtsvoll hingeworfene Blicke, das Crescendo einer Atemfrequenz, ein schweißnasser Arm, dahingeräkelt auf einem partnerlichen Brustkorb in nachgewitterlicher Ermattung, eine Alphabetisierung der Chronologie der Lüste, sparsam statt spermatisch. Sexualität ändert sich im Lauf des Lebens, und oft führt der Weg von der nachempfundenen Unmittelbarkeit hin zu einer natürlichen Perversion, wobei dieser Begriff, da schließe ich mich der Definition Batailles an, einfach für die zahllosen Facetten einer nongenitalen Libido steht, die zu erkunden in das Reich der endgültigen Befreiung führt, fort vom Drüsensklaven hin zu einer transzendierenden Sinnlichkeit der Verausgabung. Mein Gott, was red ich denn hier? Ich hab es ja immer gesagt, ab dem ersten Cockring wird man alt.
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