Ich hab sein Gesicht mal in einem Video gesehen, das Gesicht zu der Stimme, die ich mag. Ich war verblüfft. Hab das Video immer wieder angeschaut, um einen Bruchteil der Mimik zu erfassen. Hab selten so viele Veränderungen in so kurzer Zeit in einem Gesicht wahrgenommen. Inzwischen kann ich mir nicht vorstellen, dass mir seine Stimme aufgefallen wäre, wenn ich ihn erst gesehen und dann gehört hätte. Das Gesicht fiel genau in das Raster DerKannMichNichtLeiden, in das fast neunzig Prozent aller Gesichter fallen, die ich kenne. Inzwischen kann ich allerdings auch ab und an Fernsehen schauen, ohne mich beim Beobachten beobachtet zu fühlen. Aber Kamerapassagen, bei denen der Interviewpartner, dem anderen ins Gesicht und nicht in die Kamera schaut, sind für mich immer noch die erholsamsten. Dann kann ich noch am ehesten dösen. Heute war ich noch im Bett, als ich n-tv angeschaltet hatte. Der Mann im Wetterbericht beschrieb eine dicke Wolkendecke, die alles einhüllte. Reflexartig schob ich die Decke zurück und setzte mich auf. Dann sprach er von einer Linie bei Dresden. Am liebsten hätte ich mich wieder verkrochen. Dann tauchte der Nachrichtensprecher auf und verabschiedete seinen Gegenüber mit einem GutenAbend. Hab mich beobachtet gefühlt wie im Zoo. Intensivstation kann nicht konfrontativer sein. Dann DIE Radiostimme zu hören, wäre beruhigend gewesen. Aber er sendet nicht, schon seit Tagen. Er scheint Größeres vor zu haben. Welt retten oder so.
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