>Info zum Stichwort bioadapter | >diskutieren | >Permalink 
wuming schrieb am 15.12. 2008 um 04:56:54 Uhr über

bioadapter


appendix A
der bio-adapter
(für w. pichler)
(prospekt 1965/66)
(nicht überarbeitet)

a. philosophische ansätze nebst vorgriffen auf die systembeschreibung.
der bio-adapter bietet in seinen grundzügen die m.e. erste diskutable skizze einer vollständigen lösung aller welt-probleme. er ist die chance unseres jahrhunderts: befreiung von philosophie durch technik(1). sein zweck ist es nämlich, die welt zu ersetzen, d.h. die bislang völlig ungenügende funktion der »vorgefundenen umwelt« als sender und empfänger lebenswichtiger nachrichten (nahrung und unterhaltung, stoff- und geistwechsel) in eigene regie zu übernehmen--und seiner individualisierten aufgabe besser zu entsprechen, als dies die »allen« gemeinsame, nunmehr veraltete sog. natürliche umwelt vermag.

in seiner wirkung kann der bio-adapter mit der eines äusserst hochgezüchteten, durch laufende anpassung auch den differenziertesten bedürfnissen höchstorganisierter lebewesen gewachsenen uterus' verglichen werdenglücks-anzug«). er kann als die sich ins zunächst noch »ausserleibliche« erstreckende hypertrophie der organmoduln sowie der nervösen baukomplexe seines inhabers interpretiert werden, und ist in dieser betrachtungsweise ein konverter der vom menschen in dessen umgebung projizierten lustimpulse (servo-narziss).

es ist die auffassung des designers des bio-adapters, dass erst die einheit mensch-adapter den anforderungen einer verantwortungsbewussten anthropologischen kritik standhalten kann--aber daneben auch dem gesund-heroischen ideal eines den kosmos regierenden homo sapiens erstmalig genügt, und zwar durch trockenlegung des kosmos einerseits, und zum andern durch liquidation des homo sapiens. der mensch, ausserhalb seines adapters ein preisgegebener, nervös aktivierter und miserabel ausgerüsteter (sprache, logik, denkkraft, sinnesorgane, werkzeug) schleimklumpen, geschüttelt von lebensangst und von todesfurcht versteinert, wird nach anlegen seines bio-komplements zu einer souveränen einheit, die des kosmos und dessen bewältigung nicht mehr bedarf, weil sie auf eklatante weise in der hierarchie denkbarer wertigkeiten über ihm rangiert.

der mensch bedarf des adapters, weil er im zuge seiner geschichte (welche eben im adapter abhanden kommt) durch hervorbildung seines bewusstseins in einen gegensatz zu seiner immer verbaler apperzipierten (d.h. im verlauf der progressiven verbalisierung überhaupt erst »wahrgenommenen«) umwelt gerät, diese geradezu erst herausfordert, vorhersagt, materialisiert, erzeugt er vereinzelt sich... sein bewusstsein, dem er sich immer verzweifelter überlässt, drängt ihn unter bildung und zuhilfenahme kränklicher begriffe individualität, polarität gegenüber einer vexierbildhaften umgebung, welcher er in überanstrengung seiner sinne bestandteile anzürkennen bemüht ist, gegenüber einer erfundenen, gleichwohl erlittenen, ihn blindwütig mit nachrichten befetzenden objektwelt, und neurotisch-anankistische organisierung derselben zu kategorien und methodisch angehauchten hierarchien auf. der mensch wurde schutzlos durch das bewusstsein seiner symbolischen singularität, dieser seiner lyrischen hoffnung, und seiner ergo fiktiven gegnerschaft zum alsbald bedrohlich empfundenen all. hier setzt nun der bio-adapter an, und reduziert das all auf den status einer unterhaltsamen... fabel.

der adapter legt sich--von »aussen« betrachtet--zwischen den ungenügenden kosmos und den unbefriedigten menschen. er schliesst diesen hermetisch von der herkömmlichen umwelt ab und greift nur in den ersten stadien der adaption auf zu diesem zweck gespeicherte eigene informationen und auf solche seines inhalts zurück. der mensch geniesst dabei zunächst eine aufbereitete, therapeutisch angereicherte wahrnehmung ausgewählter aspekte des erinnerten kosmos. in der ersten adaptions-stufe vertritt der adapter förmlich das »aussen«, er simuliert wechselbeziehungen, indem er sich als partner versteht. der sich von seiner umwelt auf attraktive weise ausgeeinzelt fühlende mensch weiss sich inmitten einer konversation, in einem spiel-ähnlichen dialog mit einer wohlwollenden instanz begriffen. die tatsächliche aktivität des bio-adapters in dieser phase besteht jedoch in der simulation eines kommunikationsschildes, einer membran zwischen den verschiedenen strukturen des bewusstseins seines inhalts. er simuliert einen verkehr mit dem »aussen«, indem er, ständig umfassenden lernprozessen unterworfen, im verlaufe seiner exploration des inkorporierten menschen sämtliche nachrichten desselben an das nunmehr hypothetische all analysiert (auch die produkte des metabolismus), und ausgewählte portionen davon durchkombiniert wieder zurückbietet, wobei der nachdruck stets auf dem kriterium der glückhaftigkeit zu liegen käme. der bio-odapter funktioniert also, um es kurz zu sagen, als ein makro-instruktionen einer nicht mehr vorhandenen äusseren nachrichtenqülle simulierender informationsspiegel: die impulse der bio-einheit werden analysiert, nach massgabe der zunächst mutmasslichen lustbetonung neugruppiert, transkodifiziert, und eingespiegelt.

der zu adaptierende mensch wird pausenlos nach seinen bedürfnissen abgetastet, solange bis dieselben zum zwecke erhöhten lustgewinns vom adapter selbst erzeugt werden können. die lernstrukturen des adapters führen nämlich die komplette einheit behutsam aus dem ausgangsstadium, welches unmittelbar nach inbetriebnahme gegeben ist, in aufeinanderfolgende phasen immer umfassenderer sinnlicher und intellektueller genussfähigkeit, die schliesslich in einer erweiterung des bewusstseins gipfeln, wie sie durch eine hinsichtlich ihres grades variable koppelung der anfänglich noch als objektwelt empfundenen strukturen des adapters mit dem nervensystem seines inhalts erreicht werden kann--eine koppelung, die als um so effektiver gelten wird, je weniger transkodifikationen der informationsabtausch zu durchlaufen hat.

dazu ist es nötig, die einheit mit grosszügigst angelegten feedback-kreisen auszustatten, um ihr programm-modifikationen jeder erforderlichen grössenordnung zu ermöglichen, auch müssen die grund-instruktionen (monitoren) selbstverständlich den grössten teil des zeitgenössischen wissens umfassen; weiters muss der adapter jedenfalls im stande sein, alle möglichen operationen am zunächst ja noch menschlichen leib durchzuführen (amputationen; organverpflanzungen; neurochirurgie), sowie die regeneration eigener etwa gestörter funktionen bzwse. den entwurf und den einbau von ersatz-moduln und überhaupt eigener neu-entwicklungen bewerkstelligen können. er modifiziert also nicht nur seine programme, die ja als unordnungs-abfolgen von »materie-zuständen« interpretiert werden müssen, sondern im rahmen der selbst-adaptierung auch seine stofflichen moduln, die als programmträger sequentielle steürung erst ermöglichen. sohin sind diese in keiner weise mehr passive medien des ablaufs, sondern eben bestimmende zustände; die unterscheidung von hardware und software ist ja bloss eine didaktische, und an sich ohne sachliche berechtigung: der einbau eines gelenks zwischen schulter und ellenbogen wird eine neue ära des rückenwaschens einleiten.

b. rudimentäre systembeschreibung, ferner mutmassungen über die entwicklung des systems. fragmente. einzelne funktions-einheiten.
der bio-adapter wird in grosserie hergestellt; abgesehen von den medizinischmechanischen effektor-moduln werden ausschliesslich mikrominiaturisierte monolithisch integrierte schaltkreise verwendet. jeder adapter greift auf einen ausreichenden vorrat transformierbarer betriebskraft in gestalt menschlicher nahrung, eigener betriebsenergie, pharmazeutischer stoffe und ersatz-materie als rohstoff zurück. chemische einheiten zur regeneration von stoffwechselprodukten sind vorgesehen.

nach austestung und laden der monitoren ist der adapter betriebsbereit. die auslösung der start-routinen sollte dem sich dem bio-adapter anvertrauenden menschen selbst überlassen bleiben.

die beschickung des adapters stellt wohl ein ethisch-rechtliches problem dar, dieses sollte aber nicht unlösbar sein. sie kann auf freiwilliger basis erfolgen, es könnte aber auch sein, dass die staatlichen machtmittel zum besten der bürger in anwendung gebracht werden müssen. man wird sich vorstellen dürfen, dass millionen von adaptern dicht aneinander gepackt in unter- oder oberirdischen wabensilos untergebracht werden können (selbstverständlich bedeutet das anlaufen der internationalen grossaktion das ende der menschheit--sicherlich jedoch nicht das ende des bewusstseins als spitzenerzeugnis der evolution, ganz im gegenteil!). einmal angelegt, kann der bio-adapter nicht mehr verlassen werden--allein schon deshalb, weil der einmal in adaptation befindliche mensch ausserhalb des adapters nicht mehr lebensfähig ist: der inhalt des adapters ist für die gesellschaft verloren, weil er die wirklichkeit verlassen hat. da, aus naheliegenden gründen, keine information aus dem adapter in die gesellschaft dringen darf (überdies wäre sie ja in einem fortgeschritteneren stadium der einheit völlig unintellegibel), kann die entwicklung der einheit nur an hand der grundlegenden dispositionen für das anfangsstadium vermutet werden. die fundamentale instruktion des bio-adapters ist auf erhaltung des bewusstseins gerichtet; es könnte jedoch der fall eintreten, dass auf grund seelischer gegebenheiten (aber auch--selten!--auf grund ungünstiger und ausserdem irreversibler evolution) das »experiment« terminiert werden muss; in diesem fall besorgt der adapter den glücklichen tod seines patienten, und wird, nach selbsttätiger stillegung seiner funktionen, zum leblosen sarg seines toten inhalts (euthanasie).

die wartestellung des bio-adapters lässt diesen mittels seiner sensoren erkennen, ob sich ein mensch in seinem inneren zur reise bereitmacht. sofort nach betätigung des starthebels (welcher dadurch funktionslos wird--er wird alsbald abgebaut und der materie-reserve zugeführt) beginnt der adapter zu arbeiten. er schliesst sich und stellt atemluft zur verfügung. die klima-einheit sorgt für ideale »äussere« bedingungen.

gesteuert durch eine anzahl von sensoren, welche den konturen des menschlichcn körpers folgend plaziert sind, schmiegt er sich eng von allen seiten an diesen, ohne ihn allerdings ausser an den unter einbeziehung der schwerkraft vorauszusetzenden stellen zu berühren. mit diesen sensoren nimmt er jede bewegung des menschlichen körpers wahr, und eilt ihr an der entsprechenden stelle voraus, indem er sich einbuchtet. so bleibt er der sich ständig verschiebenden struktur angepasst, ohne seinen inhalt im geringsten durch klausur empfindungen zu belästigen; gilt die intention einer transport-bewegung (geh-, kriech-, laufversuche), so gibt der adapter an der gemässen stelle in gewohnter weise nach. von der das gesicht umgebenden partie des bio-adapters (der raum unmittelbar um die augen) werden zu gestalten geformte lichtkombinationen generiert; die lage-sensoren steürn im zusammenspiel mit den registratoren der fortbewegungsversuche bildausschnitte und bildlage sowie die parallaxenverschiebung des hintergrunds (servo-zoom, perspektiv-automatik), ferner tonstärken und schallrichtungen inklusive eventuell erforderlich werdender doppler-effekte.

freilich werfen die komplexe des tast- und raumsinns gewisse probleme auf. sie können jedoch mit hilfe verschiedener haptischer geber und kombinationen derselben gemeistert werden, umso leichter, als ja die variationsbreite der tastempfindungen beim menschen beschränkt ist, und die empfindlichsten stellen relativ genau umrissen, nicht allzu ausgedehnt und im zusammenwirken mit den übrigen sinnesorganen funktionell spezialisiert sind. der adapter wird nur jene oberflächensegmente »berührter gegenstände« simulieren, welche tatsächlich mit der haut etc. des bio-moduls, von diesem anvisiert, in berührung kommen sollen, und nicht etwa gar die komplette über die video-einheit servierte gestalt. der vom bio-modul erwartete tast-eindruck kann seitens des bio-adapters durch registrierung der auf gezeigte bilder hin gerichteten bewegungen ohne weiteres abgefolgert und bereitgestellt werden. streicht etwa die hand des bio-moduls, nach erreichen eines gegenstandes, über diesen hin, so simuliert der adapter immer nur die wenigen quadratzentimeter der tatsächlich berührten fläche, indem er in der bewegungsrichtung mit geringem vorsprung neue fläche vorbereitet, um sie hinter der berührung sofort wieder abzubauen.

---

nach aufnahme seiner tätigkeit stellt sich der bio-adapter optisch und akustisch nach den erkenntnissen der public-relations-technik als angenehmer gesprächspartner vor, und zwar durch (aufeinanderfolgende oder simultane) darstellungen verschiedener personen. mit der ersten willkürlichen oder auch unwillkürlichen reaktion des inserierten menschen darf der kontakt zwischen diesem und dem adapter als hergestellt betrachtet werden.

zu beginn findet die kommunikation natürlich in menschlicher sprache statt, d. h. der mensch äussert verschiedentlich wünsche und beschwerden, welche der adapter auf das gewissenhafteste zur richtschnur seines weiteren verhaltens macht. jede äusserung ist dabei von wichtigkeit, weil sie als hinweis zur austestung der wahrnehmung, des weltbilds und der normen des bio-moduls verwendet werden kann. diese austestung muss so schnell und zwanglos wie möglich vorangetrieben werden, weil die gesamte erste adaptionsphase hinsichtlich des energie-haushalts der einheit recht unökonomisch ist und deswegen möglichst schnell beendet werden muss. der bio-adapter wird daher alle medizinisch-energetisch-psychologischen tests wo möglich gleichzeitig abführen, und daneben den menschen in ein dessen intellektuelles niveau berechnendes gespräch verwickeln, um weitere aufschlüsse über das wissen und die persönlichkeit des patienten zu erhalten. es liegt im interesse einer schnellen abwicklung dieser einleitenden routinen, dass sich der bio-adapter dabei als leicht überlegener partner (etwa in der audio-visüllen darstellung eines professoral wirkenden väterlichen freundes) und mitmensch gibt. aus gründen der kapazitätsersparnis wird auf vermittlung »objektiven wissens« durch den bioadapter verzichtet; er stellt als gesprächsstoff zur verfügung, was der patient an kenntnissen über das jeweilige sachgebiet angehäuft hat(2).

trotz aller anstrengungen und der überlegenheit des bio-adapters wird der mensch gelegentlich an pannen und nicht zu vermeidenden fehlleistungen merken, dass er sich nach wie vor im adapter befindet. ausmittelung und konstruktion gewisser wichtiger umgebungen (z. b. elternhaus, schauplätze früher kindheit, arbeitsplatz, heim, vertraute vergnügungsstätten etc., mit den für sie typischen gestaltkonfigurationen, tonstrukturen u.s.f.) kann nur in einer reihe von verbesserungen über versuche und irrtümer hinweg gelingen(3). über krasse versager beschwichtigt der adapter durch einsatz psychotechnischer kunstgriffe (u.a. diskussionen, ablenkung der aufmerksamkeit, in besonders gravierenden fällen auch einschläferung o.ä.) oder durch belehrung über die verbal-hypothetische natur der wirklichkeit. immerhin wird die kontinuierlich vervollständigte integration bald einen grad erreicht haben, der im objekt des adapters zunächst einmal unsicherheit über seine kondition, später jedoch die überzeugung einer restlosen wiedereinsetzung in den status quo ante zur folge haben muss. besonders im fall hartnäckiger oder ausnehmend ängstlicher menschen wird man sich vorstellen dürfen, dass der adapter nach vervollständigung seiner informationen seinem inhalt den totalen eindruck einer wiederauferstehung beschert--komplett mit einer eindrucksvoll umständlichen sequenz des aus-der-maschine-kletterns, der begrüssung durch ein komitee der mit der adapter-beschickung betrauten wissenschafter (soweit sich der patient überhaupt an details wie gesichter, raumausstattung etc. erinnern kann, bzwse. nach massgabe dieser erinnerungen), eventuell der versicherung durch dieselben, es habe sich um ein experiment von höchster wichtigkeit für staat und vaterland gehandelt, sowie der ehrung durch höchste funktionäre und der schliesslichen entlassung in ein hinfort müssiges reichdotiertes privatleben; eine der zahllosen anderen möglichkeiten wäre, unter benutzung ihm liebgewordener gestaltkomplexe (geschlechtspartner, bester freund, mutter, vorgesetzter, psychiater) dem patienten temporäre nun aber remittierte psychosen u. dgl. zu suggerieren--eine deswegen wichtige, weil in der übrigen entwicklung angesichts von schwierigkeiten immer wieder exazerbationen vorgeschützt werden können.

---

in diesem stadium befindet sich die einheit unmittelbar vor dem abschluss der ersten adaptions-stufe, welche, für viele jeweilige fälle vermutlich recht ähnlich verlaufend, den grund für den nun folgenden eigentlichen adaptionsprozess bereitet hat. der inserierte mensch--noch ist er nicht mehr als das lebt in gewohnter umgebung, jedoch angenehmer als er je zuvor erträumt hätte. seine umwelt »liest ihm die wünsche von den augen ab«: was er auch unternimmt, gedeiht. seine lieblingspartner, lieblingsspeisen, lieblingsgifte, lieblingsplätze, lieblingsbeschäftigungen werden ihm laufend offeriert, und stets cum grano salis, um ihn in spannung zu haltcn. er weiss sich schöner, tüchtiger, klüger, begehrenswerter, begehrter, gesünder. er erfüllt sich alte wünsche, leistet sich status und luxus, sieht die welt, führt.

der bio-adapter erreicht all dies in erster linie durch seine möglichkeiten, dem patienten über vorgeführte gesprächspartner belehrungen zu erteilen, und erst in zweiter linie durch markierung von sinneseindrücken. dabei geht er in nichts über die gewöhnlichen suggestiv-eigenschaften der kommunikation hinaus, welche ihm ohnedies erlauben, etwaigen bedürfnissen nach sinnlicher verifikation mit den gröbsten mitteln zu begegnen. hinsichtlich dieser sinneseindrücke stützt sich der adapter vorwiegend auf den gesichtssinn seines patienten. stets sind ja, was der adaptierte sieht, anblicke, und nicht etwa »dinge«. nach hinreichender neigung seines kopfes z.b. sieht er das bild seiner beine, und nicht etwa »diese selbst«.

die weitere abstimmung auf ein sozusagen als handgreiflich empfundenes weltbild besorgen auto-tuning-substrukturen der verschiedenen an einem »gesamteindruck« beteiligten empfindungsgeneratoren. diese stellen ein komplexes regelsystem zur feineren dosierung von reizen dar. die intermodale korrelation, unerlässlich für das kompakte weltbild des menschen, wird weniger durch wiederholte gleichzeitigkeiten von reizkomplexen (denen auf der seite des bewusstseins auf grund der biologischen prinzipien der wahrnehmungsoptimalisierung ohnehin bedeutende hindernisse entgegenstehen), sondern mehr durch reafferenzen ausgehend von verbal aufgerufenen begrifflichen strukturen hergestellt. der sich dem bewusstsein präsentierende »hohe grad der korrelation« wird durch relativ rohe konkomitanzen sinnlicher erregung auf gleichem niveau erhalten; folglich wird es bei den (zunächst in betracht kommenden) auf ausserhalb der haut gerichteten sensorischen komplexen (eine gewisse ausnahme bildet eben der gesichtssinn) genügen, wenn der bio-adapter relativ plumpe sinnesdaten generiert und den reafferenzen des patienten das übrige überlässt. im zweifelsfall wird eine verifikation immer besser über sprachliche kommunikation mit »anderen menschen« erfolgen als durch nähere untersuchung des gegebenen; und in besonders schwierigen fällen wird der bio-adapter zur entscheidung derartiger fragen einfach messinstrumente anbieten.

---

sämtliche verhaltensweisen seines insassen betrachtet der bio-adapter als pathologisch-infantile offene handlungsabfolgen, deren strukturschemata er nach ausreichender analyse der verzweigungen in einem katalog der motivationen sammelt: er stellt variationsbreiten und sprungbedingungen fest, memoriert erstere als hüllkurvenparameter und legt letztere in speicherfelder mit wahlfreiem zugriff ab: seine eigenen reaktionen assembliert er aus den deduzierten elementen, und stimmt sie mit den monitoren ab auf das alles beherrschende prinzip der therapie.

---

gewisse seelische zustände des bio-moduls sind dem fortschreiten der adaption besonders förderlich. in erster linie ist hierbei an alle formen der ekstase zu denken, darunter wieder besonders an solche, die zu den »natürlichen zuständen« des organismus gehören.

die sex-servomoduln sind daher besonders grosszügig ausgelegt und teilautonom. sie können im bedarfsfall sehr bedeutende sektoren des bio-adapters übernehmen, und verleihen dann der gesamten umwelt des bio-moduls züge die sich in hervorragender weise zur verstärkung seiner protopathischen erlebnisfähigkeit eignen. befindet sich der bio-modul im zustande sexueller erregung, so stösst er alsbald auf eine umwelt, die dieser erregung im höchsten grade förderlich ist. alle ihm begegnenden menschen blicken ihn lüstern an. er hört aufreizende worte von brüchigen stimmen geflüstert, er betritt sinnliche musik. pflanzen und leblose gegenstände, landschaften und abstrakta wirken auf ihn erotisch, erweisen eine auf ihn bezogene geschlechtlichkeit, je nach persönlichkeit erlebt er keusch-herbe ehrende eroberungen oder unterfängt sich bestialischer entladungen in gewalt und willkür. der bio-adapter sorgt für die abwechslungsreichste, geschickteste regie auch in den fällen unsterblicher liebe, und führt über die erfahrungen seines inhalts hinaus in eine heidnische geilheit. der patient wälzt sich in phallen, brüsten, vaginen, aufgestachelt durch yohimbin, testoviron, mönchspfeffer, seerosenabsud, kampfer, lupulin, natriumbromid, kantharidln, colorines vom zompantlibaum... preludin, amphetamine steigern seine vorlust... nupercainalpräparate verzögern, amyl-nitrit verlängert, chloräthyl, stickoxydul verstärkt seine orgasmen... stromstösse in seine schleimhäute machen seine lüste zum delir!(4) die welt besteht aus drauci und pathici. in der raserei kündigen phantastische irrumationen veränderungen der wirklichkeit an, er kopuliert mit bergen von geld, mit schränken, viren, brillen, firmen, efeu, büsten, er ejakuliert beim anblick des achats!

---

auch die ekstasen der vernichtung werden vom adapter provoziert und übersteigert, gleich ob sie sich gegen die welt oder gegen das subjekt richten. mit leichtigkeit oder nach schweren kämpfen, ja sogar--je nach persönlichkeit unter grossen persönlichen opfern bis beinahe zur selbstvernichtung annulliert der bio-modul, wogegen sich sein trieb richtet, als heroischer outlaw oder wüstling, im zusammenwirken mit oder als beauftragter der öffentlichkeit, oder als hemmungsloser staatsfeind, niedermähend, zerhackend, zerfleischend, in tobenden paroxysmen zerbeissend, zermalmend, zerstampfend, zer..., zer...

oder nach reiflicher und schwerer erwägung allen fürs und widers erden, kosmen... annihilierend was die vernunft bezeichnet, usw. usf.

c. zweite adaptions-stufe.
der bio-adapter kontrolliert nun die leiblichen und seelischen zustände seines inhalts bis ins letzte, d.h. er hat den platz des staates eingenommen. er kann nunmehr zur erweiterung (verbesserung) des bewusstseins des bio-moduls schreiten.

der erste wichtige hier interessierende vorgang ist die heraus-präparierung des nervensystems verbunden mit der herstellung eines direkteren informationsflusses zwischen adapter und bio-modul. der abbau beginnt bei den gliedmassen, und schreitet zu den zentraleren körperteilen langsam fort. der bio-adapter wird mit einem minimum an anästhesierungen auskommen, da er vor den operationen alle afferenten bahnen an eigene reizwandler anschliessen kann: während z.b. gerade ein bein des bio-moduls amputiert wird, geniesst derselbe vielleicht einen erfrischenden fussmarsch durch reizvolle ungarische landschaften. der adapter simuliert das komplexe wechselspiel der efferenten nerven mit kinästhetischen und propriozeptiven fasern und ein blick auf seine beine belehrt den bio-modul höchstens über die tatsache, dass seine bewegungsfreude dem muskelspiel seiner extremitäten immer besser bekomme. der abbau wird durch die überlegene verarbeitungsgeschwindigkeit der adapter-elektronik sehr begünstigt, da der adapter etwaige fehlgriffe durch zentraler plazierte kontrollsensoren rechtzeitig erkennen und rückgängig machen kann, bevor sie ins bewusstsein des bio-moduls gelangen.

---

die reduktion des bio-moduls auf seinen eigentlich empfindlichen teil ist erst abgeschlossen, wenn auch die zentralen sinnesorgane des ehem. kopfes als reizwandler ausgefallen und durch direktere anschlüsse an die informationsgeber des adapters ersetzt sind.

in diesem stadium fallen viele unnötige stoff- und informationstransformationen hinweg (z.b. nahrungsaufbereitung, bewegungs-assimilationen, sinnesdaten-aufbereitung) und sind mit grossem gewinn durch <fühlungnahme> ersetzt (nährlösung, direkte impulse zwischen mot. endplatten oder peripheren synapsen und mikrölektroden). der energie-haushalt der einheit ist entlastet, d.h. es werden nur mehr etwa (allerdings späterhin wieder leicht ansteigend) 100 watt verbraucht, exklusive der etwa 25 watt stromverbrauch des gehirns selbst. zahlreiche mechanische aggregate werden unnötig und vom adapter abmontiert und umgebaut, oder der reserve (wo sich auch die zellgewebe des bio-körpers befinden) zugeführt.

---

der abbau des nervensystems selbst, der sich nun anschliesst wird vom adapter sehr behutsam durchgeführt und hat bald ein ende; das ziel der einheit ist a) grössere komplexheit der funktionellen strukturen, und nicht reduktion auf ein minimal-modell. man kann daher eher von einem aufbau komplexer und flexiblerer hierarchie-kreise sprechen. der allmähliche ersatz zellulärer schaltkreise des peripheren systems durch solid-logic-bausteine macht die einheit kompakter, aber nicht notwendig integrierter; dichtere integration wird vielmehr erst durch vermehrung der schaltkreise selbst und durch bessere streuung der information erreicht. insonderheit ist des trachten des adapters darauf gerichtet, den begriff der sinnlichen qualität zu erhalten, ja durch experimente den modalen bereich durch einbau weiterer sensorischer moduln zu erweitern. dass dabei das hauptaugenmerk auf den zentralen gehirnstrukturen ruht, muss nicht weiter ausgeführt werden: in einem stadium, das durch generell gleichwertige stromimpulse in die afferenten bahnen gekennzeichnet ist, beruhen schliesslich alle modulen unterschiedenheiten auf verschiedenheiten der schalt-blöcke von mesenzephalon aufwärts.

man könnte nun angesichts dieser prozesse von einem allmählichen aufsaugen der zellorganisation durch die elektronischcn schaltkomplexe des adapters sprechen, und zweifellos trifft diese ausdrucksweise, soweit die reiz-reaktions-beziehungen im materiellen gemeint sind, ganz gut zu. anders liegen die dinge vom standpunkt des bio-moduls gesehen. er besteht ja ausschliesslich aus bewusstsein, und dieses erfährt in schüben grandiose ausweitungen. seine träger wechseln wohl, aber unmerklich langsam; dieser wechsel ist--gelegentlich--von einer kurzen bewusstseinstrübung begleitet, welche aber alsbald einer vorher nicht gegebenen helligkeit weicht. war also schon die erste adaptions-stufe durch die nichts weniger als antagonistische, ja geradezu kooperative umwelt eine massnahme zur erweiterung der möglichkeiten des bio-moduls, so wird nun das bewusstsein zum selbst der umwelt, die sich nunmehr etwa wie die eigene hand verwenden lässt. waren vorhin noch leistungssteigerungen durch bedingungen provoziert, wie sie etwa in der hypoxämie durch hyperventilation, im experiment durch anionen-anreicherung der atemluft, oder durch magnetfelder »von aussen« hergestellt werden können, so werden sie nun durch grössere anzahlen der datenverarbeitenden elemente, durch grössere komplexheit der verbindungen und durch grössere verarbeitungsgeschwindigkeit bewirkt.

die kontinuität des ich-bewusstseins, soweit sie überhaupt postuliert werden kann, ist nicht durch die physische konstanz der ganglien-zellen, sondern durch die konstanz der information gegeben. diese perseveration wird aber durch die allmähliche übernahme der information seitens elektronischer strukturen nicht unterbrochen, weil sie eine schrittweise übernahme sozusagen zelle für zelle mit sofortigem wiederanschluss an die zentrale verarbeitung ist. die bedeutenden erweiterungen des daten-verarbeitenden materials führen zu einer sprengung der den menschen so einschnürenden enge des bewusstseins; die verarbeitungsgeschwindigkeit der autonomen subkortikalen kerne steigert sich enorm--damit wird aber schliesslich auch die gleichschaltung des ehem. kortex erforderlich, und endlich werden sämtliche verarbeitungskreise in das bewusstsein einbezogen, mit dessen träger, und das <nicht bewusste> bleibt auf die elementaren, atomaren transmissionsprozesse beschränkt.

das bewusstsein, dieses kuckucksei der natur, verdrängt also schliesslich die natur selbst. waren früher die gestalten der sinnlichen wahrnehmung blosse produkte bedingter reflexe einer überlegenen versuchsanordnung, gespenster der menschlichen zufallssinne (stammesgeschichtlich stammt beispielsweise das gehör aus der kieferkonstruktion!), spitzenerzeugnisse des sozialen prozesses, ausgeburten der sprache, so ruht nun das bewusstsein, unsterblich, in sich selber und schafft sich vorübergehende gegenstände aus seinen eigenen tiefen.

---

weiters wird der mit den bewusstseinsträgern verschmelzende adapter ausserhalb des thalamus neue lust-zentren schaffen, die der experimentierenden wie der hingebenden selbst-stimulation neue wege weisen. die zahlreichen der homöostase dienenden subkortikalen kerne (atemzentrum u. dgl.) werden umfunktioniert und in bewusstseins-prozesse eingegliedert. aktivierung der gedächtnis-strukturen.

d. (entfällt)
e.
die entwicklung des bio-adapters ist freilich völlig von der geisteskraft, vom mut und von der selbständigkeit des subjekts abhängig. wo das ungenügen nicht stark genug, wo die das bewusstsein ausmachenden sozialen strukturen überstark sind, da kann auch der adapter nur eine <normale> welt erzeugen--auch in der zweiten phase. möglicherweise sind wir alle



--------------------------------------------------------------------------------

1) (dazu auch: sprache als argument gegen den solipsismus) [Zurück]

2) beispiel: russisch-lehrgang. der adapter exzerpiert zunächst die vorstellungen seines inhalts von tatsachen und stimmungswerten der russischen sprache. sodann erweitert er das material durch analogie und induktion, verfremdet es durch aleatorische abweichungen von den so erhaltenen normen, dosiert den lehrstoff und bietet ihn an. der inhalt des adapters lernt nun »russisch« und erfrischt sich am raschen fortschritt. er lernt viele russen kennen, reist vielleicht gar nach einem seine erwartungen ganz und gar nicht enttäuschenden kiew, oder erzieht sich, »daheim bleibend« seinerseits partner zur pflege der russischen konversation. [Zurück]

3) von hier aus ist das moment gewisser sinnestäuschungen in der »wirklichen welt« zu interpretieren: ein zweiter blick belehrt mich über die täuschung: aber habe wirklich ich mich getäuscht, oder hat die welt ihren irrtum blitzschnell repariert? [Zurück]

4) ein einfach herzustellendes arrangement zum selbstbasteln findet man bei o. prokop, forensische medizin, berlin 1966. [Zurück]

Manuskripte: 25 (1969): 18-21. (work-in-progress Vorabdruck)
Die Verbesserung von Mitteleuropa, Roman. Reinbek: Rowohlt, 1969: CLXXV-CLXXXIII. Neuausgabe 1985. Taschenbuch 1972.
Manuskripte 1960-1980. Eine Auswahl. Hrsg. Alfred Kolleritsch & Sissi Tax. Basel/Frankfurt am Main: Stroemfeld/Roter Stern, 1980: 139-46.
Österreich zum Beispiel. Hrsg. Otto Breicha & Reinhard Urbach. Salzburg: Residenz, 1982: 86. (Auszug)
Abschnitt a). Rowohlt Almanach 2. 1963-1983. Hrsg. Heinrich Maria Ledig-Rowohlt & Hans Georg Heepe. Reinbek: Rowohlt, 1983: 110-16.
Maschinenmenschen. Berlin: Neuer Berliner Kunstverein, 1989: 89-95.
Cyberspace. Zum medialen Gesamtkunstwerk. Hrsg. Florian Rötzer & Peter Weibel. München/Wien: Boer, 1993: 114-26.
Schriften zur Erkenntnistheorie. Wien/New York: Springer, 1996: 46-56.
Gelesen von Hanns Zischler unter dem Titel Der Bioadapter. Die Eroberung von Mitteleuropa. Heidelberg: Auer-Systeme, 1996 [Toncassette; Reihe »autobahn universität«].
Pichler, Walter. Prototypen/Prototypes 1966-69. Wien, Generali Foundation (= Salzburg, Residenz): 1998: 201-13. Im Anschluß daran (215-26) eine Übersetzung ins Englische [Britische] von Peter Waugh (mit Hilfe von Oswald Wiener).
The Best of Austrian Science Fiction. Franz Rottensteiner, Hrsg. Riverside, CA: Ariadne Press, 2001: 297-311. Übersetzung ins Englische [Amerikanische] von Todd C. Hanlin.
der bio-adapter
der bio-adapter
Zu Fußnote 4 aus »der bio-adapter«
Bio-Adapter, Sound-Installation
Phono
Sole
Bio-Adapter/Geburtstagsgruß



[ Zum Seitenanfang ]




   User-Bewertung: /
Wenn Du mit dem Autor des oben stehenden Textes Kontakt aufnehmen willst, benutze das Forum des Blasters! (Funktion »diskutieren« am oberen Rand)

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »bioadapter«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »bioadapter« | Hilfe | Startseite 
0.0408 (0.0020, 0.0374) sek. –– 850007807