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Mäggi schrieb am 24.12. 2002 um 00:08:07 Uhr über

bericht-aus-venezuela

nachdem ich ja einige zeit verstreichen habe lassen, ohne bericht zu erstatten, muss ich erst mal richtig meine erinnerungen durchforsten, was so los war. caracas wurde immer unertraeglicher, so ein mittelding zwischen normalitaet und spannung, warten, dass etwas passiert. na klar, jeden tag marchas, mal opposition, mal regierung, mal beide, die uni hat die ferien vorverlegt und den rest des semesters ins neue jahr verlagert, was mir meinen ganzen zeitplan durcheinanderbringt, aber auf den strassen fast normaler verkehr trotz angeblicher benzinknappheit, in den supermaerketen wurden die regale - bis auf frischmilch - auch noch regelmaessig nachgefuellt, also eigentlich kein grund zur besorgnis. gut, in ganz caracas hatten nur noch drei kneipen offen, das war schon hart, und die eine wurde von einer oppositionsgruppe »friedlich« aufgefordert, sich am streik zu beteiligen und schloss dann auch prompt, gerade, dass ich mein bier leeren konnte. klar, dass der laden eigentlich voll mit oppositionellen war, die schliessen sich ihre eigenen kneipen, und mit dem streik richten sie so und so das land zugrunde. das gefuehl, dass in diesem land wirklich keiner auch nur ein bisschen hirn im kopf hat, wurde immer staerker, und eben das kneipenerlebnis gab dann den ausschlag, zumindest caracas den ruecken zu kehren, solange es noch ging. erste idee: raus aus venezuela, vielleicht nach kolumbien. aber das dann doch nicht, weil noch gefaehrlicher. also auf eine abgeschiedene insel, nationalpark, kein strom, kein suesswasser, karibisch tuerkis-blaues meer, kochen auf dem holzfeuer,kreativ-sein mit korallen-, muschel- etc fuindstuecken, alles mit windspielen, sonnwendbaeumen und treibholz-moebeln bestuecken, nach 5 tagen waren wir schon perfekt eingerichtet, und das beste: nichts von dem verfickten streik und dem »desordenTotal« in diesem land mitkriegen. entspannung total, es tat so gut...
es war uebrigens absolut kein problem, einen bus aus caracas zu bekommen, im rest des landes schien zu dieser zeit noch alles normal, gegenteilige meldungen waren nur hysterie der caraceños und propaganda der oppositionslastigen presse.
zurueck von der insel sah´s dann schon ganz anders aus, die benzinverknappung akut, kilometerlange schlangen an den tankstellen, die warteten, dass vielleicht ein tanklaster kommt, und nervoese hektik an den busbahnhoefen. trotzdem haben wir noch relativ problemlos - abgesehen von dem ueblichen desordenTotal - einen bus nach merida in den anden bekommen. hier ist wieder stadt, zivilisation, aber doch noch wesentlich besser als caracas - berge haben scheinbar immer einen beruhigenden einfluss auf menschen. trotzdem war es schon ein unendliches problem, vom bus-terminal in die stadt zu kommen - die stadtbusse alle voll, keine taxis etc. und die auswirkungen, wenn´s kein oel gibt und kein benzin: kein gas zum kochen und fuer warmwasser (abfallprodukt der raffinerien). kein trinkwasser (pumpen und reinigungsanlagen mit irgendwelchen petroleum-derivaten betrieben). ganz zu schweigen von der ganzen logistik - lebensmittelversorgung, muellabfuhr, krankenwagen, feuerwehr, oeffentlicher transport etc pp, das faellt alles aus. also, wie ich wieder zurueck nach caracas komme, ist mehr als fraglich.
also, ich versteh die opposition nicht. chavez wird nicht zuruecktreten, und in der zeit, die es noch bis zum verfassungsgerechten neuwahl-referendum dauert (august 2003), kann er unmoeglich soviel in dem land kaputt machen wie es der streik jetzt tut... das koennen die doch in absehbarer zeit nie wieder aufbauen. was ist das fuer ein preis fuer angeblich buergerliche freiheiten? und die ganze mittelklasse kapiert´s einfach nicht, dass das ganze von den gross-kapitalisten gesteuert wird, sie in jedem fall nur verlieren koennen, und rennen begierig mit wehenden fahnen dem untergang entgegen - du wirst es schon schaffen, venezuela!!!!


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