Der große Höflich hat einen bemerkenswerten Text geschrieben, den ich hier für Sie und vor allem für die Nachwelt konservieren will:
[...]
Wenn unser Lieblingshitler nicht nach dem Krieg I. von der bayerischen Polizei als V-Mann zum 'spionieren' zu einer hoffnungslosen völkischen Gruppierung geschickt worden wäre, wer weiß, vielleicht hätte er sich doch noch einen Namen als Kunstmaler gemacht, in der Nachkriegs- dann eben nicht Zwischenkriegszeit.
"Adolf Hitler war, nach allem was man hierzu rekonstruieren kann, eine höchlich exzentrische Persönlichkeit. Nachdem diverse Versuche des entlassenen Soldaten, sich – aus welchem Grund auch immer – völkisch-nationalistischen Kreisen anzuschließen, gnadenlos und unter vielen Enttäuschungen gescheitert waren (vor allem Hitlers 'unterbürgerlicher Status' hatte ihm alle Wege in dieser Hinsicht verbaut: die Gräfin von Arco-Valley hatte sich über den kleinen Obdachlosen nur lustig gemacht, als er eines Tages, verschmutzt und abgezehrt, im Salon der Thule-Gesellschaft erschienen war, mit der Bitte, ein Portrait der Dame zeichnen zu dürfen...) hatte er einige Jahre in Männerpensionen und Obdachlosenheimen der Stadt München verbracht. Im Rückblick hatte Hitler, seit kurzem von der Kunstwelt gefeiert, vor seinem Tod 1953 in seinem kleinen Appartment im New Yorker Stadtteil Brownsville mir gegenüber nur zu Protokoll gegeben:
'...ich war also wieder im Männerwohnheim In Giesing! Ich habe unablässig an Verbesserungen der Ansicht der Wiener Ringstraße gearbeitet, Tag und Nacht habe ich an meinen Ansichten der Ringstraße gearbeitet! Ich wollte die Architektur... verbessern! Tag und Nacht habe ich an der Verbesserung der Architektur der Ringstraße gearbeitet. Alles Unschöne sollte verschwinden... ich erfand architektonische Details der Ringstraßengebäude, die so einfach nicht der Wahrheit entsprachen. Ich erfand Tag und Nacht. Eigentlich die ganze Zeit. Ich war damals noch in meinem Wahn... im Wahn des Architekturmalers... Sie müssen das verstehen, jemand, der auf dem Dorf aufwächst, zwar respektabel, Sohn eines hochgestellten Beamten, Zollinspektors, aber nichtsdestotrotz, jemand, der zwischen den windschiefen Hütten der österreichischen Bauern aufwächst... nun, irgendwann zwischen meinem neunten und zehnten Lebensjahr habe ich einen Spleen entwickelt, eine Neurose vielleicht... für große Gebäude, herrliche Gebäude...' Hitler hatte sich eine Zigarette nach der anderen angezündet, in seinem Appartment in Brownsville, Brooklyn, Neu York Stadt. Ich musste während des Interviews sein Telefon aushängen, denn zu der Zeit hatte es gerade begonnen, dass sein Telefon nicht mehr still stehen wollte. Peggy Guggenheim, so erzählte man damals (und es war eine zutreffende Einschätzung, ich habe die Erbin mit eigenen Augen vor Hitlers Tür gesehen!) lief damals auf dem Bordstein vor seinem Brownstone auf und ab. Es war schwer genug, ein Treffen mit ihm zu vereinbaren. Er war, man muss es sagen, eine Art 'recluse'... er erzählte weiter:
"es begab sich aber zu der Zeit, dass ich, gebeugt über eine Ansicht der Wiener Staatsoper, einen epileptischen Anfall erlitt! O, es war wahrscheinlich der schlimmste epileptische Anfall, den je ein Mensch erlitten hat! Die Leiterbahnen meines Gehirns, es war, als ob Hochspannung durch meinen Kopf raste. Ich riss die Staffelei zu Boden, ich schrie, ich rollte mit konvulsivischen Zuckungen über den Boden. Mein Zimmergenosse stürzte in meine Kammer, er schrie: 'Hitler stirbt! Gebt ihm Branntwein!' Sie kamen und flösten mir vier Flaschen Branntwein durch meine Nasenlöcher ein (ich hatte meine Zunge verschluckt, es war kein anderer Weg...). Nach den vier Flaschen Branntwein konnte ich so klar sehen wie nie zuvor. Ich erhob mich vom Boden und starrte auf die Staffelei! Mit zitternder Hand ergriff ich den Pinsel... 'Diese Fläche hier ist nicht flächig genug... sie muss flächiger sein. Etwas Magenta... auch diese Fläche muss flächiger sein... etwas Zinnober...' Ich tauchte meinen Pinsel in die Farben. Nach einer Stunde war ich sicher (mein Bild der Wiener Staatsoper war kaum wieder zu erkennen) ein Meisterwerk geschaffen zu haben... EIN MEISTERWERK! Ich lief mit der Kartonage in den Aufenthaltsraum und zeigte meine Arbeit stolz umher... die Menschen, die Säufer und Tunichtgute fielen lachend auf den Boden! Sie schrien: 'Hitler ist verrückt geworden, hahahah! HAHAHAH!' Ich bekam einen Wutanfall. Ich schulug alles kaputt, wurde sofort aus dem Männerwohnheim geworfen. 'Das war das!', habe ich mir gedacht. Zwei Wochen später bekam ich ein Telegramm. Die Fügung des Schicksals wollte es, dass die Poststelle wußte, dass ich die Nächte vor der bayerischen Staatsbibliothek unter einer zusammengenähten Decke verbrachte. Der Bote trat mich mit dem Fuß, ich wachte auf und las. Das Glück war mir wieder hold! Ich hatte durch ein Verscheiden eines Verwandten meines Adoptivonkels, der im Waldviertel in Österreich wohnte und von einem aus einem Holzzuber herabfallenden, großen Holzscheit erschlagen worden war, eine größere Summe Geldes geerbt. Der Scheck läge bei der Bayerischen Vereinsbank für mich zur Abholung bereit! Ich machte mich sofort auf den Weg...'
Hitler, so erzählte er selbst, war, nachdem er sich den Scheck in Bargeld hatte auszahlen lassen, sofort zum Bahnhof geeilt, wo er den ersten Zug nach Hamburg, von dort weiter nach Bremen und von dort nach Bremerhaven genommen hatte. Er hatte die erstbeste Überfahrt in die U.S.A. gelöst und war, wenige Wochen später, hustend aus der dritten Klasse des Unterdecks in den Hafen gestürmt, um sich in Brooklyn einzumieten. Dort hatte er unablässig gemalt, gemalt, gemalt... der Rest ist Geschichte. Kunstgeschichte. Auch wenn dieser Adolf Hitler der Allgemeinheit kein Begriff mehr sein mag: die Begründung des abstrakten Expressionismus ist ohne diesen Verwirrten aus Deutschland kaum denkbar. Tragischer umsomehr, dass vor allem seine großen Bilder aus der Friedenszeit der dreißiger und vierziger Jahre, allesamt geschaffen in seinem Brownstone im New Yorker Brownsville, wo er damals wie ein Mönch lebte, zur falschen Zeit kamen. Folgend eine Einschätzung eines berühmten Kunsthistorikers, circa 1978:
»Es war damals nicht die Zeit für so etwas. Der allgemeine Wohlstand, die allgemeine Wohlfahrt, jeder hatte Geld, Ende der zwanziger Jahre, es begann ein unglaubliches Jahrzehnt des Friedens und des Wohlstands... hier, auch in Europa... jeder Politiker hatte nur die allgemeine Wohlfahrt und Besserung des Menschengeschlechts im Sinn, alle Völker nahmen sich an der Hand... keine Chance, das Hitler da mit seinen skurrilen Bildern... nein. Ach ja... als Hitler... habe ich ihnen schon die Geschichte erzählt, als Hitler den Be-Bop erfunden hat? Ja, er ist in der U-Bahn eingeschlafen, nachdem ihm ein Armenzahnarzt zu viel Morphin verschrieben hatte... er ist dann in Harlem aufgewacht, eines führte zum anderen... ich habe im Nachhinein auch gehört, das Hitler Jahre zuvor ganz andere Ansichten gehegt hat... ja, aber das ist Unsinn, das ist lächerlich: Hitler hätte nie ein Anderer werden können, als der legendäre Begründer des abstrakten Expressionismus und des Be-Bop... alles andere ist ausgeschlossen... Wissen Sie, wieviel man unter den Oligarchen an der Westküste und in Oklahoma heute für ein Hitlerbild zahlt? Schätzen Sie einmal... HAHA! FALSCH! FALSCH! Nehmen sie sechs Nullen mehr dazu!«
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