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Gernot schrieb am 21.12. 2001 um 10:39:13 Uhr über

Zweisamkeit

Das Tier geht auf die Jagd
Ich stoße den Sarg auf, der mich den ganzen Tag gefangen hält. Ich lächle, wünschte ich mir doch eine schönere Metapher für diesen Vorgang. Der Müll in meinem Domizil, die häßlichen Gardinen, die das lästige Sonnenlicht den Tagüber fernhalten rufen mir zu, »Du mußt losganz zu schweigen von dem unerträglichen Knurren in meinem Magen.
also schwinge ich mich empor und werfe mir mein albernes schwarzes Kostüm an, alles was ich habe und keine Perspektive es zu ändern. Auch dadurch mache ich mich zu etwas was ich nicht immer sein will.
Schon der erste Schritt hinaus in die dunkle, kühle Welt überflutet meine Sinne, überlastet mich mit Informationen die ich nicht haben will.
Das dauernde Versagen meines Feuerzeugs, erklärt mir ich sollte aufhören mit dem Rauchen. Ein bedauerliches Laster, das ich aus meinem früheren Leben, das bis gestern dauerte und wohl auch weiter andauern wird behielt. Ich schließe nicht meine Augen, denn ich muß mich an die immerwährende Gewalt der Wahrnehmung gewöhnen. Ich frage mich nur, ob andere ähnliche Probleme haben.
Ziellos streife ich umher, so komme ich immer dorthin wo ich sein sollte.
Natürlich kenne ich festgesteckte Wegmarker, die Bahn, die Innenstadt, Cafés und Kneipen, den Park, die ich immer ablaufe, aber so richtig sicher ist nichts, denn in dieser Lebenswelt bewegen sich Menschen und die führen mich letzten Endes dorthin wo ich dann lande.
So sitze ich in der Bahn, versuche das blonde Mädchen mit mentaler Kraft dazu zu bewegen sich umzudrehen, damit ich ihr unverholen in die Augen starren kann. Als es nicht klappt, trauere ich nicht lange darum, was hätte es schon gebracht. Lieber verliere ich mich in der Lektüre von James Joyce.
Ich steige monoton aus und treffe eine Bekannte. Schon regt es sich in mir, sie hat einen schönen Hals. sie meint nur, daß ich mich schlecht fühlen muß, so wie ich aussehe. Ein Trugschluß, gebe ich ihr zu verstehen. Nein, sie wird gleich von dannen ziehen, nähren konnte ich mich ohnehin noch nie von ihr, aber was macht das schon, der erste muß nicht der beste Treffer sein. Vielleicht war es ja auch schon falsch in die Bahn einzusteigen und das eigentliche Programm läuft anderswo ab.
Ich quäle mich in das Computerwunderland um zu sehen welche geheimnisvollen Botschaften mir die zukommen lassen, die noch im kontakt stehen zur gewöhnlichen, sterblichen Welt.
Ich finde nur eine kurze Notiz für eine Party am Mittwoch und eine Standpauke für mein Jagdverhalten auf einer anderen Party die ich besuchte.
Ich gebe kurz Antwort und fliehe. Hier ist auch nichts los.
Auf dem gang entdecke ich eine Bekannte. Mein Ge,üt erwärmt sich, was es lieber nicht tun sollte.
Sie ist in Eile, befiehlt mir sie nicht so böse anzusehen. Was ist los heute mit meinem Blick? Dann lädt sie mich in ein französisches Theaterstück. Na bitte, denke ich, während ich ihr Dekoltee zu ignorieren Versuche, das ist der heutige Pfad.
Ich warte bis sie fertig ist, ihrerseits mit der Welt zu kommunizieren und atme ihren süßen duft ein.
die Bildschirme um mich herum verspotten mich, sagen ich sollte fliehen so lange ich kann. aber der Hunger läßt mich bleiben. VERDERBEN! steht groß auf einem Monitor!
Dann machen wir los, hinauf zum Theaterstück in die seltsamen Sphären eines Elysiums. Sie kennt eine Menge Menschen ist beliebt und bekannt. ich kenne kaum jemanden und schnell wird klar 8immer wenn ich spreche) daß ich heute auch nicht unbedingt Freunde finden werde. Was soll´s wenn es wenigstens Nahrung gibt.
So warte ich geduldig bis das laienhafte, unverständliche Gebrabbel auf der Bühne sein ende nimmt. Versuche charmant, witzig und auch aufrichtig zu wirken, (oder zu sein?) aber mit wenig Erfolg.
sie muß dann bald los, denn sie hat morgen einen schweren Tag vor sich. Früher hätte sie mich mit sich genommen, aber ihre Freundin schläft heute bei ihr. Das Bierglas, das vor mir steht ruftLüge!«. ich ignoriere es, denn wer lauscht schon Gegenständen?
»Du kannst Dich nicht gegen die Wahrheit wehrenläßt es nicht locker und mißmutig wird mir bewußt, daß es natürlich recht hat.
Was soll ich nur Essen in solcher Trostlosigkeit? Schnell gehe ich in Gedanken meine Herde durch und mir wird klar, das auch von ihnen niemand erreichbar ist, alle in den Händen anderer oder einer anderen Stadt.
Frustration, fragt mich der Stuhl auf dem ich sitzte. Ich kralle mich an ihm fest bis das Holz splittert.
Freudnlich, fast zärtlich streichelt sie mir zum Abschied über den Hinterkopf, ich genieße die Berührung, treibt sie doch ein wenig der unvermeidbaren Kälte aus meinem Körper.
Dann verschwindet sie und mit ihr die reservierten anderen, die sich an unserem Tisch tummelten.
hätte ich es ihr vorher erzählt, sie hätte es mir nicht geglaubt, hätte mich angemault. so wird sie auf mich schimpfen, wenn wir uns das nächste mal sehen, weil ja alles meine Schuld war.
Mißmutig lausche ich den Gesängen der Deckenleuchten. Ich verschmelze für eine Weile mit dem Sofa, das nun frei wurde, verschwinde aus den Blicken der Anwesenden.
Dann erscheint eine neue gruppe von Menschen, lange nach dem Ende des Schauspiels, kurz vor Sperrstunde. Es sind fünf, die genau auf meinen einsamen Tisch zusteueren. Schnell mache ich mich wieder sichtbar, ich will ja nicht zu sehr überraschen.
Sie fragen höflich ob noch frei ist und setzen sich. Sie sind alkoholisiert, ideale Voraussetzungen...
Einer fragt nach meinem Tabak und so kommen wir ins Gespräch. Sie sind fasziniert von meinen Erzählungen, wirres Zeug, das mir meine Schuhe einreden, aber ich verzichte darauf sie aufzuklären. Für einen kurzen Moment, verstärke ich die positiven Gefühle der Anwesenden und sie sind glücklich. Das tut auch mir gut, auch wenn ich weiß, daß mich zu treffen kein Glücksfall ist.
ein Pärchen zieht sich nach nur einem bier zurück, die anderen bleiben noch unschlüssig. Sie sind Studenten, alle drei verbliebenen. Ein Mädchen ist sichtlich angewidert von ihrem Begleiter und ist froh daß ich ihn ablenke. das benutze ich um meinen destruktiven Emotionen Ausdruck zu verleihen, ich rede ihm seine tiefsten Ängste ein, nach denen ich vorher im Gespräch forschte und verstärke sie, sein Herz rutscht in die Hose, seine Hoffnung bei ihr zu landen schwindet. Er schnappt seinen Freund und sie gehen auf die Toilette.
Es bleibt ein wenig Zeit sich mit ihr zu unterhalten. Sie freut sich meiner Gesellschaft, kein Wunder sie kennt mich nicht und ich sehe geflissentlich über all das Fehlerhafte hinweg, von dem mir die Kerze und der Aschenbecher erzählen. Ihre Kleider rufen mir zu ich solle sie von ihrem Leib reißen und in mir knurrt es wieder laut und deutlich.
Sie muß lachen als sie das hört und ich verstärke ihre Emotionen, lache mit.
Die Typen kommen wieder, setzen sich trotz ihres und meines abweisenden Blickes. Ein langes weiteres Bier sitzen sie dort und wir bemühen uns zu zweit um Gespräche, die die anderen nicht interessieren.
Dann müssen wir gehen, der Wirt hat endgültig genug.
Auf der straße klärt sich schnell die Richtung der einzelnen. Der Lästling begleitet uns noch eine ganze Weile. Ich verzichte darauf hinzuweisen, daß ich in die falsche Richtung laufe denn ich habe Hunger.
Anstatt dessen kann ich sie für einen Spaziergang durch den dunklen Park begeistern. Ihn hingegen weise ich forsch darauf hin, daß er am nächsten Tag Klausur zu schreiben hat, seine Furcht ist wieder da und er verpißt sich endlich.
Ein wenig irritiert von meiner Art sieht sie mich nun an. Ich hätte netter sein müssen, er kann ja nichts dafür...
Es folgt kein langes romantisches Gespräch. Die Bäume, mißgünstige Wesen alle, wollen es nicht. Sie rufen nur Obszönitäten.
Davon abgelenkt raste ich fast aus, beherrsche mich gerade soweit, das mir nur gelegentlich ein flasches Wort entweicht. Das genügt jedoch sie auf Distanz zu bringen.
Schließlich stehen wir aneinem Ort, wo wir den Vollmond bewundern können.
Langsam schleicht sie wieder an mich heran, legt den Arm um mich und den Kopf an meine Seite. Ich bin verwirrt, mein Verhalten, ihr Verhalten, hätte nicht dazu führen sollen.
Ihre Worte hingegen beruhigen mich wieder, zumindest als sie sie wiederholt, denn das gras rief mir lautstark zu »Gefahr, Gefahr
Sie hingegen sagt die vernichtenden WorteIch muß jetzt los, zu meinem freund, danke es war ein schöner Abend
Ich sehe sie an, sie sieht mich an, ihr Kopf streckt sich empor und ich möchte meine Fänge in ihren Hals graben. Der Fluß ruft zu mir herüber »Tu´s Tu´s Tu´sund so habe ich keine andere Wahl. Zwar baut sich in solchen Momenten immer eine unbekannte (ungeglaubte) Schüchternheit auf, aber mein Durst ist stärker. Blitzartig fahre ich zu ihr hernieder, sie kann sich kaum whren und als sie sich endlich losreißt, habe ich schon genug getrunken, um wieder eine Nacht zu überleben. Allerdings auch genug um jeden Plan sie von mir zu überzeugen zunichte zu machen.
Was dann jedoch geschieht, macht das ganze noch auswegloser.
Sie bäumt sich auf und facht mich an, keine Frau, nein eine Katze hatte ich den ganzen Abend vor mir. Wie konnte ich das übersehen. Fauchend springt sie mich an und nur knapp weiche ich aus.
Schnell verkrieche ich mich in den Schatten, sehe ihr zu wie sie forschend alles absucht. Ich verschmelze mit den Bäumen, verschwinde für alles Leben aus dieser Welt. Sie gibt auf und läuft davon, heim zu ihrem Kater.
Ob sie meinen letzten Scherz, den einzigen ihr gegenüber, noch bemerken wird?
In einem unbeobachteten Moment klebt ich einen selbsthaftenden Zettel auf ihren Rücken mit den Worten: »Wie tief kannst Du in den Abgrund blicken, ohne das Lachen zu verlieren
Ein Scherz den wohl nur ich verstehe, oder lustig finde, aber es ist mir egal, denn für diese Nacht ist mein Durst wieder gestillt.


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