Beginnen will ich mit einer nur wenig bekannten Spielart homoerotischen Lebens, der sogenannten Sieben-Bier-Bisexualität, die verbreiteter ist als man vermutet. Verheiratete und mit Nachwuchs gesegnete Herren sind davon befallen, die, wenn sie an Theken stehen, nach tüchtigem Zechen völlig unerwartet mit Beine-Aneinanderreiben, In-den-Haaren-wuscheln und Ärschchengrapschen beginnen. Ein besonders drastischer Fall begegnete mir neulich in der Person des Journalisten Wiglaf Droste, den ich reichlich angetütert in einer Kneipe vorfand. Ihm war grad wieder mal eine Partnerin ausgebüxt oder so was. Irgendeine Tante aus der linken Szene, die es auch mit 35 noch therapeutisch nötig haben, die Widersprüche ihrer Jugendjahre durch Mitarbeit bei 'taz' und Radio 100 aufzuarbeiten, dabei aber mangels Talent keine Lorbeeren ernten, frustriert sind und deshalb abends ihre Lebensgefährten foltern bzw. einmal wöchentlich verlassen. Wiglaf war in dieser Situation denkbar dankbar, einen so verständnisvollen Freund wie mich anzutreffen, umschlang mich und rief: »Ach Max, du bist besser als Frauen.« Solche kategorischen Liebeserklärungen schmeicheln freilich. Doch bald rückte der Kritiker noch näher. Mit einer seiner Hände, die aufgrund ihrer starken Behaarung mutierten Hummeln aus japanischen Insektenthrillern ähneln, begann er mich zu kneten, und zwar dort, wo Frauen das, was ich da schönes habe, nicht besitzen. An sich habe ich nichts gegen so was. Hetero-Männer sind oft angenehmer im Umgang, weil weniger gefallsüchtig. Doch kann ich nicht vermeiden, hier anzugeben, daß der erwähnte Zunftgenosse aussieht wie eine westfälische Bäuerin mit immensen Hormonstörungen. So was mag die Forschung interessieren, ich aber gebe anderen Stimulantien den Vorzug. Nur mühsam konnte ich mich aus der Umarmung des schnaufenden und nach Zuwendung flehenden Mannes herauswinden.
Max Goldt: Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau, S. 53 ff.
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