Die Protochemie der esoterisch geprägten Denkschulen vergangener Zeit hat dem Zinnober, einem Quecksilbersalz, stets große Aufmerksamkeit gewidmet. Seine Zusammensetzung aus Quecksilber und Schwefel, zwei vielfältig mythenumraunten Substanzen, veranlaßte sowohl die europäische, die arabische und die chinesische Alchemie zu gewagten Experimenten, die sich um den legendären Stein der Weisen wie auch um das Elixier der Unsterblichkeit drehten. Vom ersten Kaiser Chinas, Qin Shi Huang Di, ist bekannt, daß er bei aller legalistischen Strenge extrem zum Aberglauben und zur Todesangst neigte (auch seine Tonarmee in Xian legt davon Zeugnis ab) und daß er Unsummen für den Unterhalt eines Hofstaates aus taoistischen Scharlatanen unterhielt. Einer dieser Magusse verkündete Qin Shi stolz, er habe die Pille der Unsterblichkeit entwickelt, selbstredend ein Zinnoberderivat, nahm sie zu Demonstrationszwecken selber ein und verschied unter heftigen Krämpfen vor den Augen des Himmelssohnes. Dennoch hat sich die übertriebene Reputation der daoistischen Protochemie mitsamt ihrem berühmten 'Nähren des inneren Embryos' (uns Westlern in der Umschreibung 'inneres Kind' ans suchende Herz gelegt) bis in die heutige Zeit gehalten, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Schwefel/Quecksilbermischungen zu Heilung und Vorbeugung von SARS auf dem für derlei Zinnober ausgesprochen empfänglichen südchinesischen Markt auftauchen.
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