Eine Vernehmung bezeichnet im Recht Deutschlands im Allgemeinen die Befragung einer Person durch einen Bediensteten zu einem Sachverhalt bzw. zu einer Wahrnehmung.
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen
2 Die Vernehmung im Ermittlungsverfahren und im Untersuchungsausschuss
2.1 Personenkreis
2.2 Beschuldigten- und Betroffenenvernehmung
2.3 Zeugenvernehmung
2.4 Verwertung von Aussagen nach einem Statuswechsel
2.5 Dokumentation
2.6 Vorladung
2.7 Wahrheitsgehalt
2.8 Praxis
2.9 Untersuchungsausschuss
3 Berufsgruppenspezifika
3.1 Ärzte, Apotheker, Hebammen und deren Berufshelfer
3.2 Bevorrechtigte Personen
3.2.1 Abgeordnete
3.2.2 Diplomaten, Gefolge u. a.
3.3 Gefangene
4 Schwerhörige und Taubstumme
5 Dienstkräfte
5.1 Rechtsprechung
6 Die Vernehmung im Verwaltungsrecht
7 Die Vernehmung in sonstigen gerichtlichen Vernehmungen
8 Siehe auch
9 Weblinks
10 Literatur
10.1 Kommentare
11 Quellen
Grundlagen
Vernehmungen dienen der Wahrheitsfindung sowie gegebenenfalls auch der Entscheidungsfindung. Sehr häufig ist in diesem Zusammenhang eine Befragung eines Beschuldigten, Betroffenen oder Zeugen durch Beamte der Strafverfolgungsbehörden in einem Strafprozess oder in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren. Die Praxis der Vernehmung ist ein Teil der Kriminalistik. Vernehmungen sind ferner bei Gericht, im Bußgeldverfahren, im Verwaltungsverfahren, im Privatrecht sowie in Untersuchungsausschüssen üblich.
In der Rechtswissenschaft bezeichnet die Vernehmung das Befragen durch ein staatliches Organ zu einem Untersuchungs- bzw. Verfahrensgegenstand. Vernehmungen (veraltete Bezeichnung: Verhör) sind gängig in Bußgeld- und Strafverfahren und in den Untersuchungsausschüssen von Parlamenten. Des Weiteren sind Vernehmungen im Verwaltungsrecht sowie in jedem anderen Gerichtsverfahren, das Beweis durch Personenbefragung zulässt, möglich.
Die Befragung von Zeugen, Sachverständigen sowie des Beschuldigten (im Ordnungswidrigkeitenverfahrensrecht: Betroffenen), Angeschuldigten bzw. Angeklagten ist eine Art der Beweiserhebung, deren Inhalt letztlich als (potentieller) Beweis dienen kann.
Vor Gericht können Zeugen oder Sachverständige verpflichtet werden, unter Eid auszusagen. Eidliche und uneidliche Falschaussagen sind in Deutschland strafbewehrt.
Jede Vernehmung in Ermittlungsverfahren besteht aus den Teilen Vernehmung zur Person und Vernehmung zur Sache. Letztere ist in vielen Ländern freiwillig, damit man sich nicht selbst belastet und gegebenenfalls die Eröffnung eines Ermittlungsverfahren riskiert.[1] Bei der Vernehmung zur Person sind in Deutschland die so genannten Pflichtangaben Familienname, Geburtsname, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Beruf und Wohnanschrift obligatorisch, ein Verstoß (falsche Angaben oder die Verweigerung dieser Angaben) ist tatbestandsmäßig eine Ordnungswidrigkeit gem. § 111 OWiG.
Die Vernehmung im Ermittlungsverfahren und im Untersuchungsausschuss
Personenkreis
Vernommen werden kann jeder, der etwas als Verdächtiger, Beschuldigter, Angeschuldigter, Angeklagter, Betroffener oder Zeuge zur Aufklärung einer Sache beitragen kann. Als Auskunftsperson bezeichnet man bei der Polizei einen Menschen, der nebensächliche Informationen zur Aufklärung einer Tat im polizeilichen Ermittlungsverfahren geben kann (beispielsweise Fluchtrichtung, Aufenthaltsorte, benutzte Fahrzeuge, Kontaktpersonen).
Beschuldigten- und Betroffenenvernehmung
Polizeiliche Vernehmung
In Deutschland gelten für Vernehmungen im Buß- und Strafverfahrensrecht die Strafprozessordnung (StPO), als Transformationsvorschrift bei Ordnungswidrigkeiten auch das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und als befugnisnormergänzende Vorschrift jeweils auch die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Aussage bei Vernehmungen stellt später im Gerichtsverfahren einen Personenbeweis dar und gibt kriminalistische Ermittlungsansätze für die Klärung eines Falles oder anderer ungelöster Fälle.
In der Beschuldigten- beziehungsweise Betroffenenvernehmung ist der Beschuldigte bzw. Betroffene nach § 136 StPO über seine Rechte zu belehren. Diese Belehrungen sind in Deutschland u. a.:
Eröffnung des Tatvorwurfs (Delikt), § 163a Abs. 4, § 136 Abs. 1 S. 2 bis 4, Abs. 2, 3 StPO
Aussageverweigerungsrecht (Wahl der Äußerung oder Nichtäußerung), § 136 Abs 1 S. 2 StPO
Jederzeitige Befragung eines selbst gewählten Verteidigers, § 136 Abs. 1 S. 2 StPO
Das Recht Beweisanträge zu stellen, § 136 Abs. 1 S. 3 StPO
Unterbleiben die Belehrungen über das Recht auf Aussagefreiheit und Verteidigerkonsultation, so ist die Aussage unter Umständen für ein Gerichtsverfahren unverwertbar. Sofern ein Beweisverwertungsverbot gegeben ist, muß der anwaltlich vertretene (oder seitens des Gerichts auf die Möglichkeit eines Widerspruchs hingewiesene) Angeklagte jedoch der Verwertung in der Hauptverhandlung rechtzeitig widersprechen, da ansonsten gemäß der Widerspruchslösung des BGH die Verwertung doch möglich ist. Ferner kann ein solcher Beweiserhebungsfehler durch die sog. qualifizierte Belehrung geheilt werden. Hier muss der Beschuldigte darüber aufgeklärt werden, dass seine bisherigen Aussagen nicht verwertet werden können, eine Belehrung muss erfolgen und der Beschuldigte kann in Kenntnis der Nichtverwertbarkeit eine erneute Aussage machen.
Dem Beschuldigten soll Gelegenheit gegeben werden, Verdachtsgründe auszuräumen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen sowie selbst einen Beweisantrag zu stellen. Die einzige Pflicht eines Beschuldigten ist die Angabe der vollständigen und wahrheitsgemäßen Personalien, hierfür ist jedoch keine gesetzliche Vorschrift für eine Belehrung vorhanden. Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße sind mit Bußgeld bewehrt, § 111 OWiG.
Der Vernommene als Beschuldigter oder Betroffener darf über einen Rechtsbeistand oder einen Verteidiger Akteneinsicht nehmen, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Der Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand erhält jedoch bereits im laufenden Verfahren Akteneinsicht, um sich von den Vorwürfen und der Aussicht (Beweislage) ein Bild machen zu können und im Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren argumentieren zu können.
Die Vorschriften des OWiG StPO gelten ebenso für Vernehmungen durch Staatsanwälte und Polizeivollzugsbeamte (§ 163a Abs. 3 und 4 StPO und in ähnlicher Form für Vernehmungen in der Hauptverhandlung (§ 243 Abs. 4 StPO).
Bei der Vernehmung sind durch den Vernehmenden die beweiserheblichen Tatbestände herauszuarbeiten, die Täterschaft und Teilnahme zu erforschen sowie die Vorbereitungs- und Vollendungshandlungen zu erschließen. Hierbei kann der Vernommene auf Widersprüche, Täterwissen oder Beziehungen zum Opfer und so weiter konfrontiert werden. Ferner kann das Alibi überprüft und hinterfragt werden. Bei mittleren oder schwerwiegenden sprachlichen Verständnisschwierigkeiten ist ein Dolmetscher hinzuzuziehen, um ein faires Verfahren sowie das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Eine Zeugenvernehmung vor Gericht (zur Person und Sache) und eine Vernehmung eines Angeschuldigten/Betroffenen (nur zur Sache) ist jedoch außer im Falle eines Aussageverweigerungsrechts oder Vernehmungsunfähigkeit Pflicht.
Die Freiheit der Willensentschließung und Selbstbestimmung des Beschuldigten darf in vielen Ländern der Erde nicht durch Drohungen, Folter, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von bewusstseinstrübenden Mitteln, Täuschung oder Hypnose beeinträchtigt werden – vgl. verbotene Vernehmungsmethoden (§ 136a StPO). Erlaubt ist jedenfalls das wiederholte Aufsuchen in der Wohnung oder am Arbeitsplatz, die Mitnahme zu einer Dienststelle oder wiederholte Telefongespräche.
Die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind ausdrücklich verboten; nicht gestattet sind auch Maßnahmen, die absehbar das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen würden. Aussagen, die unter Verletzung dieser Verbote zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt (§ 136a StPO).
Der Einsatz von Lügendetektoren ist in Deutschland als Beweis im Ermittlungs- und Gerichtsverfahren unzulässig. Er kann somit auch nicht effektiv in Deutschland bei einer Vernehmung eingesetzt werden. Die Gesprächsführung obliegt dem Beamten der Ermittlungsbehörde, es gibt insofern kein jederzeitiges Rederecht bzw. eine übermäßige lange Dauer. Es bleibt dem Betroffenen jedoch in jedem Fall freigestellt, sich schriftlich zu äußern (auch nachträglich, bis zum Beginn der Hauptverhandlung).
Ziel der Vernehmung seitens der Strafverfolgungsbehörde ist das Geständnis oder zumindest Hinweise, die als Ermittlungsansätze dienen.
Zeugenvernehmung
Zeugenvernehmungen sind Befragungen von Zeugen zu ihren Wahrnehmungen und Kenntnissen zum Untersuchungsgegenstand. Bei der Zeugenvernehmung sollen Fragen nach entehrenden Tatsachen, nach Vorstrafen oder Umständen aus dem persönlichen Lebensbereich des Zeugen oder seiner Angehörigen nur gestellt werden, wenn sie unerlässlich sind (§ 68a StPO). Auch kann zum Schutz der Privatsphäre des Zeugen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden (§ 171b Gerichtsverfassungsgesetz). Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten im Vorverfahren ist allerdings zulässig, falls es für das weitere Verfahren geboten erscheint (§ 58 Abs. 2 StPO).
Verwertung von Aussagen nach einem Statuswechsel
Ist eine Person als Zeuge vernommen worden und erhält später im Verfahren den Status eines Beschuldigten oder Betroffenen, so wird in der Praxis die Person entsprechend a) neu belehrt und dieses Einverständnis bei Zustimmung in einem Aktenvermerk festgehalten oder b) neu vernommen; Gleiches gilt im umgekehrten Sinne.
Dokumentation
Vernehmungen können auf Grundlage eines interviewähnlichen Gesprächs in einer Vernehmungsniederschrift protokolliert werden, und zwar sowohl als Fließtext als auch im Frage-Antwort-Verfahren. Vernehmungen können auch in indirekter Rede in Vermerkform niedergeschrieben werden. Es ist jedoch auch in manchen Polizeien und Jurisdiktionen bei geeigneten Fällen üblich, dass sich Beschuldigte bzw. Betroffene ohne des Beiseins eines Vernehmenden schriftlich äußern. In anderen Fällen kann die Vernehmung – nach Einverständnis – auf Tonträger aufgenommen oder durch den Vernehmenden protokolliert werden. Dies verflüssigt das Gespräch (weil nicht dauernd für die Protokollierung pausiert werden muss). Die Art der Vernehmung und die Art der Niederschrift obliegt dem vernehmenden Beamten im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Ermittlungsverfahrens.
In Ausnahmefällen können Vernehmungen auch per Videokonferenz durchgeführt werden. In speziellen Fällen kann eine Vernehmung auch videografiert werden. Vernehmungen werden der Ermittlungsakte beigegeben. Bei sehr belastenden Ereignissen eines Geschädigten (ergo Zeuge) kann auf eine erneute Einvernahme vor Gericht verzichtet werden, wenn erschöpfende Vernehmungsergebnisse vorliegen. Diese können dann per Beschluss in die Entscheidung mit einfließen, als wären die Vernehmungen vor Gericht getätigt.
Vorladung
Ladungen der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes ist Folge zu leisten, dies gilt nicht für Ladungen von der Polizei zur Polizei. Die Vorladungen zur Polizei aufgrund staatsanwaltlicher Weisung ist jedoch verpflichtend und kann zwangsweise durchgesetzt werden.[2]
Wahrheitsgehalt
Ein Beschuldigter oder Zeuge, der vor Gericht, der Staatsanwaltschaft oder vor der Polizei lügt, kann deshalb bestraft werden, wenn er dadurch tatbestandsmäßig eine Begünstigung i. S. v. § 257 StGB, das Vortäuschen einer Straftat i. S. v. § 145d StGB oder eine Falsche Verdächtigung i. S. v. § 164 StGB begeht. Allerdings sind davon Äußerungen nicht erfasst, die bloß die eigene Beteiligung an einer Straftat leugnen, solange nicht andere Personen beschuldigt werden. Die Möglichkeit, eine eigene Tatbeteiligung leugnen zu dürfen, ergibt sich aus dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit (sog. „Nemo tenetur“-Grundsatz). Führt die falsche Aussage für den Zeugen oder Beschuldigten vorhersehbar zur Festnahme einer Person, so macht er sich der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) durch mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. I 2. Alt. StGB) schuldig.
Sagt ein Zeuge vor Gericht falsch aus, so macht er sich zudem einer Falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB) oder im Falle der Vereidigung des Verbrechens des Meineides (§ 154 StGB) strafbar. Im Falle der Vereidigung ist auch die fahrlässige Falschaussage (§ 163 StGB) strafbar. Vor der Polizei kann sich der Zeuge auch wegen einer Strafvereitelung i. S. v. § 258 StGB strafbar machen.
Beim Beschuldigten, der wahrheitsgemäß aussagt, wirkt sich dies auf die Strafzumessung aus, insbesondere wenn er damit zur Aufklärung der Tat beiträgt, vgl. § 46 Abs. 2 StGB – Verhalten nach der Tat.
Bei Straftaten nach dem BtMG kann ein deutsches Gericht von Strafe absehen oder die Strafe mildern, wenn der Beschuldigte dazu beigetragen hat, die Tat über seinen Tatbeitrag hinaus aufzuklären oder freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass Straftaten nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 BtMG, von deren Planung er weiß, noch verhindert werden können.
„Der Irrtum ist der größere Feind der Wahrheit, als die Lüge. Der Lügner will nicht die Wahrheit sagen, der Irrende kann es nicht, auch wenn er nicht so sehr die Wahrheit sagen will. Den Lügner kann man mit Hilfe der Glaubwürdigkeitskriterien entlarven; den „halben“ Lügner mit geschickter Vernehmungstechnik zur Wahrheit motivieren. Beim Irrtum kann man nur mögliche Irrtumsquellen in Betracht ziehen und sie bei der Bewertung der Aussage berücksichtigen.“
– Rolf Bender und Armin Nack: Tatsachenfeststellung vor Gericht, Glaubwürdigkeitslehre und Beweislehre, C.H. Beck, München, ISBN 978-3-406-35986-6, Band 1, S. 1.
Praxis
Bei der Polizei ist der Vorläufer im zeitlichen Zusammenhang zur Vernehmung die Informatorische Befragung. Hierbei wird festgestellt, wie eine Person zu belehren und zu behandeln ist.
Befragungen aller Art im Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren (informatorische Befragungen, Auskunftseinholungen, Vernehmungen) sind von anderen Beteiligten (Beschuldigte, Zeugen) getrennt durchzuführen, um eine eigenständige und somit unmanipulierte Aussage zu erhalten. Bei widersprüchlichen Aussagen von Beschuldigten kann eine gemeinsame Vernehmung der Personen zur Ermittlung der Wahrheit führen. Vernehmungen sollten zeitnah zur Tatzeit erfolgen, damit keine Erinnerungslücken entstehen und das Ergebnis für weitere Ermittlungen zur Verfügung steht.
Für Vernehmungen ist in vielen Polizeidienststellen ein Vernehmungsraum eingerichtet, in dem ungestört gearbeitet werden kann. In besonderen Fällen, z. B. beim sexuellen Missbrauch von Kindern, werden oft Vernehmungsspielzimmer mit Videoaufzeichnung vorgehalten. Einige Zimmer, besonders in Nordamerika, sind mit einem Venezianischen Spiegel versehen, um die Reaktionen des Vernommenen ungestört zu beobachten.
Üblicherweise ist die Vernehmung in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil erhält der zu Vernehmende Gelegenheit zusammenhängend zu berichten, danach werden ihm Fragen gestellt. Im letzten Teil werden Vorhalte gemacht und sonst versucht, Widersprüche der Aussage zu Beweismitteln und anderen Aussagen zu klären.
Erfahrene Vernehmungsbeamte versuchen zunächst, das Basisverhalten einer Person zu erforschen, um so durch Beobachtung des nonverbalen Verhaltens festzustellen zu können, wann eine Person lügt.
Fallweise kann auch eine Tonaufnahme der Vernehmung erfolgen. Dies hat folgende Vorteile für die Ermittlung:
flüssigere Aussage ohne Unterbrechung für die Niederschrift
Verhalten auf Vorhalte bzw. Fragen (beispielsweise Pausen, Emotionen)
Bezüglich der Sprachaufzeichnung muss im Voraus eine Einverständniserklärung seitens des Vernommenen vorliegen. Auch Tonband- und Videovernehmungen müssen dem Gericht zusätzlich in Schriftform vorgelegt werden.
§ 247a StPO erlaubt die audiovisuelle Vernehmung eines im Ausland aufenthältlichen Zeugen (Videoaufzeichnung oder Videokonferenz).
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Untersuchungsausschuss
Deutsche Untersuchungsausschüsse der Bundestags- und Landtagsparlamente können jeden Beteiligten oder Zeugen vorladen und vernehmen. Hierbei kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Das Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) inkludiert hier häufig die Regelung aus dem Strafverfahren, z. B. § 23, § 24 PUAG.
Berufsgruppenspezifika
(Deutschland)
Ärzte, Apotheker, Hebammen und deren Berufshelfer
Gem. § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO sind Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Hebammen zur Verweigerung des Zeugnisses über diejenigen Informationen befugt, die ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekanntgeworden sind. Nach § 53 Abs. 2 StPO dürfen diese das Zeugnis jedoch nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden worden sind. Das Zeugnisverweigerungsrecht gilt immer dann, wenn der Arzt als solcher tätig geworden ist, also auch wenn der Beschuldigte oder Zeuge ihn als Amts-, Polizei-, Truppen- oder Gefängnisarzt aufgesucht hat.[3] Ein zum Sachverständigen bestellter Arzt (z. B. Blutentnahme und Untersuchung im Auftrag der Polizei) hat dagegen kein Zeugnisverweigerungsrecht.[4] Bezüglich der Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts der Berufshelfer nach § 53a StPO entscheidet grundsätzlich deren vorgesetzter Arzt; nach Abs. 2 gilt hinsichtlich der Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit auch für deren Hilfspersonen.
Bevorrechtigte Personen
Abgeordnete
Nach Nr. 191 RiStBV hindert das Prozeßhindernis der Immunität (Art. 46 Abs. 2 GG) nicht, in einem Verfahren gegen eine andere Person den Abgeordneten als Zeugen zu vernehmen (Nr. 191 Abs. 4 c), zu beachten ist jedoch:
„Ein Abgeordneter darf als Zeuge in einem Verfahren gegen eine andere Person vernommen werden (wenn er nicht als Mittäter oder Teilnehmer der Straftat in Betracht kommt). Der Abgeordnete darf als Zeuge dem Beschuldigten und anderen Zeugen gegenübergestellt werden. Die Vernehmung als Zeuge hat am Sitz des Bundestags zu erfolgen, wenn der Abgeordnete sich dort aufhält (§ 50 Abs. 1 StPO).[5]“
Diplomaten, Gefolge u. a.
Der Personenkreis, der von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit ist, ist § 18 und § 20 GVG zu entnehmen. Ihre Behandlung regeln die Nrn. 193 – 199 RiStBV. Das Verfahren bei Vernehmungen regelt Nr. 198 RiStBV.
Gefangene
„Personen, die sich in Haft oder sonst in amtlicher Verwahrung befinden, sind in der Regel in der Anstalt zu vernehmen; dies gilt vor allem dann, wenn die Gefahr des Entweichens besteht oder die Vorführung besondere Kosten verursacht. Erscheint auf Grund der Vernehmung die Besorgnis begründet, daß ein Gefangener oder Verwahrter die Ordnung in der Anstalt beeinträchtigt oder sich selbst gefährdet, so ist der Anstaltsleiter zu unterrichten. Über die Ausführung entscheidet während der Untersuchungshaft der zuständige Staatsanwalt bzw. der Haftrichter, beim Strafgefangenen der Anstaltsleiter. Soll ein Gefangener vernommen werden, ohne daß dies Mitgefangenen in der Strafanstalt bekannt wird, sollte er i. d. R. außerhalb vernommen werden (Ausführung, Arztbesuch, Suche nach Arbeitsstelle/Wohnung etc.)“
– Nr. 20 RiStBV.
Schwerhörige und Taubstumme
„Es empfiehlt sich, Schwerhörige zur Wiederholung dessen zu veranlassen, was sie von Fragen, Zeugenaussagen oder mündlichen Erörterungen verstanden haben. Wenn der Schwerhörige zu einer Wiederholung nicht in der Lage ist, wird man sich mit ihm schriftlich verständigen müssen. Zu Verhandlungen mit Taubstummen oder Gehörlosen ist regelmäßig ein Dolmetscher beizuziehen, der auch die Gebärdensprache beherrscht. Häufig wird schon im vorbereitenden Verfahren ein Sachverständiger, z. B. ein Psychiater oder ein Taubstummenlehrer, zuzuziehen sein, der Kenntnisse und Erfahrungen über die seelisch-geistige Eigenart von Taubstummen und Gehörlosen besitzt.“
– Nr. 21 RiStBV.
Dienstkräfte
§ 54 StPO definiert das Zeugnisverweigerungsrecht öffentlich Bediensteter in dienstlichen Angelegenheiten aufgrund ihrer Verschwiegenheitspflicht. Die Aussagegenehmigung und deren Einholungsregularien ist in Nr. 66 RiStBV normiert.
Rechtsprechung
„Eine Vernehmung ist eine Befragung, die von Staatsorganen in amtlicher Funktion durchgeführt wird mit dem Ziel der Gewinnung einer Aussage“
– BGHSt GrS 42/139, 145
„Ist der Beschuldigte bei der ersten polizeilichen Vernehmung über seine Aussagefreiheit und sein Recht auf Zuziehung eines Verteidigers belehrt worden, so dürfen Angaben, die er in freier Entscheidung ohne Beistand eines Verteidigers macht, auch dann entgegengenommen und verwertet werden, wenn er zunächst die Zuziehung eines Verteidigers gewünscht hat“
– Landgericht Ulm, Urteil vom 21. Mai 1996, Az. 1 StR 154/96 (eine Abgrenzung zu BGHSt 42, 15)
„Macht der Zeuge in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, dürfen Angaben, die er zuvor bei einer ‚Vernehmung‘ durch den Verteidiger gemacht hat, nicht verwertet werden.“
– Landgericht Dortmund, Urteil vom 10. Februar 2000, Az. 4 StR 616/99.
Die Vernehmung im Verwaltungsrecht
Auch im Verwaltungsrecht gibt es verschiedene Arten von Vernehmungen, z. B. § 94 Abgabenordnung.
Die Vernehmung in sonstigen gerichtlichen Vernehmungen
Des Weiteren gibt es zahlreiche Vernehmungen bei Gericht, die spezialgesetzlich geregelt sind: Die Eidliche Vernehmung von Zeugen gem. § 398 Zivilprozessordnung, die Vernehmungen im Vorlauf zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gem. § 20 Zivildienstgesetz und die Vernehmung eines gesuchten Straftäters gem. § 28 Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
Siehe auch
Rechtliches Gehör, vor allem bei Gericht
Inquisition (Kirchenwesen)
Kreuzverhör
Suggestivfrage
Guter Bulle, böser Bulle bei der polizeilichen Vernehmung
Personenbeweis
Interrogation Center – 1945 richteten u. a. britische und US-Besatzungstruppen Verhörzentren (engl. Interrogation Center) ein. Dort werden gefangengenomene Nazis, NS-Funktionäre und Wehrmachtsoldaten verhört.
Weblinks
Die Grundsätze der „Vernehmungslehre“
Praxisleitfaden „Was tun bei einer Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung“
Literatur
Claudia Brockmann und Reinhard Chedor: Vernehmung. Hilfen für den Praktiker, Polizei, Psychologie, 120 S., Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden 1999. ISBN 3-8011-0405-2
Max Hermanutz, Sven Max Litzcke und Ottmar Kroll: Polizeiliche Vernehmung und Glaubhaftigkeit. Ein Trainingsleitfaden. 162 Seiten, Richard Boorberg Verlag, Stuttgart u. a., 2005, ISBN 3-415-03554-9
Ackermann, R./Clages, H./Roll, H.: Handbuch der Kriminalistik für Praxis und Ausbildung, Boorberg Verlag, Stuttgart, 2000
Arntzen, F.: Vernehmungspsychologie, C. H. Beck Verlag, München, 1989
Bender, R./Wartemann, F.: Vernehmung in: Kube, E./Störzer, H. U./Timm, K. J. (Hrsg.): Kriminalistik, Band 1, Boorberg Verlag, Stuttgart, 1992
Bender/Wartemann in: Kriminalistik, Handbuch für Praxis und Wissenschaft, Boorberg Verlag, Stuttgart, 1992
Brockmann, C. und Chedor, R.: Vernehmung, Hilfen für den Praktiker, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden, 1999
Brockmann, C.: Vernehmungstechniken in: Stein, F. (Hrsg.): Brennpunkte der Polizeipsychologie, Verlag für angewandte Psychologie, Stuttgart, 1990
Brodag. W.-D.: Kriminalistik: Grundlagen der Verbrechensbekämpfung, Boorberg Verlag, Stuttgart, 1995
Burghard, W.: Die aktenmäßige Bearbeitung kriminalistischer Ermittlungsvorgänge, BKA-Schriftenreihe, Band 35, Wiesbaden, 1979
Burghard, W./Hamacher, H. W./Herold, H./Howorka, H./Kube, E./Schreiber, M./ Stümper, A. (Hrsg.): Kriminalistik-Lexikon, Schriftenreihe der Kriminalistik, Grundlagen, Band 20, Kriminalistik Verlag, Heidelberg, 1996
Füllgrabe, Uwe und Geerds, F.: Kriminalistik, Schmidt-Römhild Verlag, Lübeck, 1980
Füllgrabe, Uwe: Irrtum und Lüge, Boorberg Verlag, Stuttgart, 1955
Jaeger, R.: Vernehmung von Einbrechern in Kriminalistische Kompetenz, Kapitel 6, DSB 5, Schmidt – Römhild Verlag, Lübeck, 2000
Krauthan, G.: Psychologisches Grundwissen für Polizeibeamte, Psychologie, Verlagsunion, 1990
Märkert, W.: Vernehmungslehre in Kriminalistische Kompetenz, Kapitel 1, KR 9, Schmidt-Römhild Verlag, Lübeck, 2000
Meyer, H. und Wolf, K.: Kriminalistisches Lehrbuch der Polizei, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden, 1994
Römer, A.: Die Vernehmung. in: Stelzer, E. (Hrsg.), Sozialistische Kriminalistik, Band 3/2, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1984
Schäfer, G.: Praxis des Strafverfahrens, Kohlhammer GmbH Stuttgart, 1992
Scheler, U. und Haselow, R.: Repititorium Psychologie für die Polizei, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden, 1994
Schicht, G.: Einbruchsdiebstahl in: Burghard, W. und Hamacher, H.-W. (Hrsg.): Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik, Nr. 20, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden 1996
Schneider, R./Krauthan, G.: Wahrheit und Lüge, Boorberg Verlag, Stuttgart, 1988;
Stolz, H. und Treschel, W.: Kriminalistik für die Polizeipraxis, Lehr- und Arbeitsmaterialien für Schutz- und Kriminalpolizei, Verlag Hans-Rainer Strahlendorf, Berlin, 1992
Stüllenberg, H.: Vernehmung, Gegenüberstellung in Burghard, W./Hamacher, H.-W. (Hrsg.): Lehr- und Studienbriefe Kriminalistik, Nr. 4, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden 1992;
Vietzke, H.-P.: Besonderheiten bei der Vernehmung von Asiaten in Kriminalistische Kompetenz, Kapitel 1, KR 9.16, Schmidt-Römhild Verlag, Lübeck, 2000
Wendler, A./Hoffmann, H.: Technik und Taktik der Befragung im Gerichtsverfahren, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2009. ISBN 978-3-17-020446-1
Kommentare
Eisenberg: Spezialkommentar. Beweisrecht der StPO, C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung, München, 7. Aufl. 2011
Karlsruher Kommentar zur StPO, C. H. Beck München 1999
Quellen
↑ angelehnt an das Römische Recht
↑ §§ 133 ff. StPO, vgl. § 25 Bundespolizeigesetz und § 20f BKA-Gesetz (Ausnahmen für Bundespräsident [§ 49 http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__49.html], Abgeordnete und Diplomaten).
↑ siehe auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, 19 zu § 53 StPO
↑ siehe auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, 20 zu § 53
↑ bea. Zeugnisverweigerungsrecht des Abgeordneten nach Art. 47 S. 1 GG, § 53 Abs. 1 Nr. 4 StPO.
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