Meine um 13 Jahre ältere Schwester hat eigentlich immer nur dann Ärger mit meinem Vater bekommen, wenn sie spielerischen Einfluß auf meine Erziehung nahm; noch heute entsinne ich mich des Mordsaufstandes, den mein Vater machte, als er mich 1977 von einem längeren Besuch bei ihr abholte, und sie, ihren damaligen Freund und mich damit befasst fand, mit Dart-Pfeilen auf ein Hanns-Martin–Schleyer–Bild zu werfen. Etwa zur gleichen Zeit überantwortete sie mir ein Konvolut von U–Comix, jenem erfrischenden Magazin, das als eines der wenigen zu dieser Zeit in Deutschland die Werke von Shelton, Crumb und anderen, mir inzwischen nicht mehr geläufigen Zeichnern des amerikanischen Untergrunds veröffentlichte. Besonders begeistert hat mich ein Titelbild, daß einen offenbar stark intoxierten Fat Freddy splitterfasernackt neben seiner gleichfalls entblößten Partnerin auf seinem legendären Wasserbett darstellte, in einem Chaos, wie ich es mir als damals noch das Zimmer aufgeräumt bekommen habender Sohn niemals hätte vorstellen können, in der Hand hielten sie konische Zigaretten, und dem Mund der verfreakten Dame entquoll eine Sprechblase mit den Worten: »Oh Mann, das war irre! Laß uns jetzt ein paar U–Comix lesen und dann weitermachen!« Noch viel stärker als dieses fraglos schon sehr lockende Gesamtensemble erschien mir ein liebevoll getuschtes Detail am Rande, welches selbstredend einer Eindeutschung unterworfen worden war: Über FatFreddys Bett prangte ein Plakat mit den Worten 'Zerschlagt den Staat'. Niemals vor– oder nachher ist für mich die befreiende Kraft der Subversion in so faßliche Worte gebracht worden, und noch heute, wenn ich mit dem Mercedes in die badischen Weinbaugebiete fahre, kann es passieren daß...ok, ich hör schon auf, ab dem Punkt kann es nur noch peinlicher werden.
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