In ländlichen Regionen ist es noch üblich, im Spätherbst oder Winter - also zur traditionellen Schlachtfest-Zeit - selbst Wurst herzustellen. Hausschlachtungen sind zwar selten geworden, aber eine halbe Sau aus dem Schlachthof tut es ja auch. Diese »hausmacherne« Wurst wird auch nur selten in Därme gefüllt - die Dosen oder Gläser sind die üblichere Form der haltbaren Aufbewahrung. Diese Dosen oder Gläser werden auch gerne recht großzügig verschenkt oder vertauscht, so daß zur Faschingszeit nicht nur die eigene 'Hausmacherne' den Keller gefüllt hat, sondern auch zahlreiche 'Hausmacherne' aus fremden Küchen, alle mit ihrem ureigenen Geschmack. Ländliche Spontanfeste finden übrigens häufig nach einem Grundmotiv statt, bei dem »die Büchse Wurst« eine zentrale Rolle spielt. Dazu kommt der Laib Brot, der Kasten Bier, das Glas Gurken und die Flasche Schnaps, die am besten auch selbstgebrannt ist, oder zumindest von eigenem Obst. Diese kleinen Feiern finden häufig in Garagen statt, in halbfertigen Baulichkeiten, Wohnwägen, »Partykellern«, Wochenendhäusern (»Datschen«) aber auch in Einfahrten, Schuppen, Waldstücken oder auf freiem Feld. Man trägt Arbeitskluft mit schmutzigen Schuhen, und schaufelt sich die Wurst mit einem Taschenmesser aufs Brot, angelt mit Fingern nach eine Gurke, udn trinkt Bier wie Schnaps aus der Flasche. Man steht, oder hockt auf Mauern, Holzstapeln und Kotflügeln. Dabei muß es nicht exzessiv zugehen, das Gelage kann nach einer knappen Stunde wieder vorbei sein, aber so manchesmal geht noch dieser oder jener Nachbar kurz nachhause, weil die andern unbedingt noch seinen Birnenschnaps oder seine Rotwurst probieren müssen, oder er noch einen halben Kasten Bier im Keller hat.
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