Nach einer Woche Schneematsch waren sie ziemlich unansehnlich, meine Stiefel. Gestern abend hatte ich sie mit viel Wasser erstmal saubergemacht. Den ganzen Staub und die Streusalzreste rausgebürstet. Jetzt sind sie getrocknet und sehen beklagenswert aus. Abgewetzt, zerkratzt und faltig. Ich greife die kleine Bürste und trage systematisch Stiefelwichse auf. Eine dünne Schicht auf die Flächen und etwas mehr auf die Nähte. Ich arbeite die Paste gründlich ein, damit das Leder ordentlich gesättigt ist. Vor allem die Nähte müssen möglichst viel Fett aufnehmen, damit sie wieder wasserdicht werden.
Ich lasse die Stiefel zwei, drei Stunden ruhen, damit die Wichse gut einziehen kann. Wo das Leder schon wieder trocken wird, creme ich nach. Am Ende bearbeite ich die Stiefel nochmals mit der Einwichsbürste, anschließend lasse ich die Stiefel über Nacht trocknen. Am Morgen bürste ich die überflüssige, mittlerweile getrocknete Schuhcreme ab und poliere die Stiefel mit einer weichen Bürste. Nach dem ersten Gang lege ich die Bürste zur Seite und nehme das grobe Wichstuch. Ich wichse in leichten, zügigen Strichen, wechsele immer wieder die Richtung, um eine gleichmäßige Oberfläche zu erhalten. Langsam fängt das Leder an, zu glänzen. Ich wechsele jetzt zum feinen Wichstuch, um die Obefläche auf Hochglanz zu polieren. Nach etwa einer halben Stunde stehen die perfekt gewichsten Stiefel vor mir, glänzend, fast spiegelnd, besser als neu. Das Leder fühlt sich kühl, fest und fast feucht an, der feine Geruch der Stiefelwichse steigt mir in die Nase. Ein sinnliches Vergnügen der Extraklasse.
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