DAS BÖSE BOOMT IM INTERNET, WO SONST
Schon wieder eine Bombenbauanleitung
Von Burkhard Schröder
Bombenbauanleitungen im Internet - das Lieblingsthema aller Jugendschutzwarte, selbst ernannter Internet-Blockwarte und anderer Zensoren. Die Diskussion reicht ein Jahrzehnt zurück - die »Argumente« haben sich seitdem nicht geändert. Im Usenet findet sich zum Beispiel die »Einführung in die Sprengchemie«, Unterrichtsmaterial ziviler Sprengunternehmen zur Berufsbildung angehender Sprengmeister.» Diese «Bombenbauanleitung», die keine ist, habe ich im August 2003, also vor mehr als zwei Jahren, auf meiner Website publiziert - als Zitat, «garniert" mit anderen öffentlich zugänglichen Quellen.
Mitgliederbetreuer
Die üblichen Verdächtigen, allen voran Bayerns Beckstein, fordern mit schöner Regelmäßigkeit »Filter«, um das vorgeblich Böse dem sittlich gefährdeten Publikum vorzuenthalten. Auch kommerzielle Trittbrettfahrer und Ex-Innenminister Schily haben sich einschlägig geäußert. Was viele nicht wissen, schreibt Matthias Schindler: »Die Veteranen werden sich erinnern, daß wir das alles schon mal mit der Verschlüsselung und dem Verbot des Einsatzes von Crypto ohne Hintertür hatten.«
Bevor wir im Stoff weitermachen, hier noch eine Bombenbauanleitung. Das Impressum der Seite fehlt, der Autor steht nicht im Telefonbuch - wir zitieren dennoch wohlwollend:
Bauanleitung für eine Atombombe
1) Besorgen Sie sich zunächst etwa 100 Pfund (50 Kilo) waffengeeignetes Plutonium von Ihrem örtlichen Lieferanten. Ein Atomkraftwerk oder eine Wiederaufbereitungsanlage empfiehlt sich hierfür nicht, da das Fehlen von grösseren Mengen Plutonium die Ingenieure, die dort arbeiten, recht unglücklich machen kann. Wir schlagen Ihnen vor, sich mit der örtlichen Terroristenorganisation oder vielleicht mit den jungen Unternehmern in Ihrer Nachbarschaft in Verbindung zu setzen.
2) Bitte denken Sie daran, dass Plutonium, insbesondere reines, angereichertes Plutonium, ein wenig gefährlich ist. Waschen Sie nach dem Basteln Ihre Hände mit Seife und warmen Wasser, und erlauben Sie Ihren Kindern oder Haustieren nicht, im Plutonium zu spielen oder es zu essen.
Übriggebliebener Plutoniumstaub eignet sich hervorragend, um Insekten zu vertreiben. Sie können die Substanz gerne in einem Bleibehälter aufbewahren, wenn Sie auf Ihrem örtlichen Schrottplatz gerade etwas Geeignetes finden. Aber eine alte Keksdose tut's eigentlich genauso gut.
3) Formen Sie jetzt ein Metallbehältnis, in dem Sie die Bombe zu Hause aufbewahren können. Die meisten handelsüblichen Metallfolien können so gebogen werden, dass man den Behälter als Briefkasten, Henkelmann oder VW-Käfer tarnen kann. Benutzen Sie keine Alufolie.
4) Ordnen Sie das Plutonium in zwei Halbkugeln an, die etwa 4 cm voneinander entfernt sind. Benutzen Sie z.B. Pattex, um den Plutoniumstaub zusammenzukleben.
5) Nun besorgen Sie sich 200 Pfund (100 Kilo) Trinitrotoluol (TNT). Ein guter Plastiksprengstoff ist zwar viel besser, macht aber auch viel mehr Arbeit. Ihr hilfsbereiter Hardware-Spezialist wird Sie sicher gerne damit versorgen.
kawumm
6) Befestigen Sie das TNT auf den Halbkugeln, die Sie in Schritt 4 geformt haben. Falls Sie keinen Plastiksprengstoff bekommen konnten, scheuen Sie sich nicht, das TNT mit Uhu oder Fixogum oder irgendeinem Modellbaukleber festzumachen. Sie können auch gefärbten Klebstoff verwenden, aber man muss hier nicht unbedingt übertreiben.
7) Verstauen Sie nun das Ergebnis Ihrer Bemühungen aus Schritt 6 in dem Behälter aus Schritt 3. Benutzen Sie jetzt einen starken Klebstoff wie z.B. Acrylkleber, um die beiden Halbkugeln sicher im Briefkasten zu befestigen. Sie vermeiden so eine zufällige Detonation, die durch Vibrationen oder falsche Behandlung ausgelöst werden könnte.
8) Um die Bombe zur Explosion zu bringen, besorgen Sie sich eine Fernsteuerung, wie man sie für Modellflugzeuge und kleine Autos verwendet. Mit geringer Mühe kann man einen ferngesteuerten Kolben bauen, der auf eine Sprengkapsel schlägt und so eine kleine Explosion auslöst. Diese Sprengkapseln finden Sie in der Elektroabteilung Ihres Supermarktes. Wir empfehlen “Platzbald”, weil dies pfandfreie Einwegkapseln sind.
9) Verstecken Sie jetzt die fertige Bombe vor Nachbarn und Kindern. Ihre Garage ist dafür ungeeignet, weil sie meist sehr feucht ist und die Temperatur erfahrungsgemäss stark schwankt. Es hat sich gezeigt, dass Atombomben unter instabilen Bedingungen spontan detonieren. Der Geschirrschrank oder der Platz unter der Küchenspule ist dagegen vorzüglich geeignet.
Jetzt sind Sie der stolze Besitzer einer funktionstüchtigen thermonuklearen Bombe Sie ist der Party - Gag und dient im Notfall der nationalen Verteidigung.
So funktioniert es: Im Prinzip wird die Bombe gezündet, wenn das explodierende TNT das Plutonium zu einer kritischen Masse zusammenpresst. Die kritische Masse führt dann zu einer Kettenreaktion, ähnlich derjenigen umfallender Dominosteine. Die Kettenreaktion löst dann prompt eine grosse thermonukleare Reaktion aus. Und schon haben Sie Ihre 10-Megatonnen - Explosion!"
So weit, so gut. Andere Anleitungen, wie mit Explosiv- und Sprengstoffen umzugehen sei, finden sich selbstredend an mehreren Stellen im Netz: "Explosive material (engl.), sogar Kopien des uralten Usenet-Postings. Auch der Wikipedia-Eintrag zum Thema Sprengstoff behandelt das Thema erschöpfend.
Jetzt, liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser, kommen wir zu Mentalitätsfragen und zur deutschen Leitkultur. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), das wissen nicht viele, hält sich jemanden, der, obzwar von Mitgliedsgelder bezahlt, es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, missliebige Kritiker anzuschwärzen.
So wies der so genannte »Mitgliederbetreuer« - Michael Hirschler heißt der gute Mann - andere Kolleginnen und Kollegen in einer verbandsinternen Mailingliste jüngst darauf hin: »Ich darf Sie darüber informieren, dass Herr Schröder auf seiner Internetseite www.burks.de detaillierte Sprengstoffbau-Anleitungen propagiert und dies bereits auf seiner Startseite offensiv propagiert...« Und weiter: »Vor dem Hintergrund, dass diese Bauanleitungen von jeder Person im Internet gelesen werden können und damit angenommen werden kann, dass sie durchaus umgesetzt werden, und damit der Tod oder Verletzung einzelner oder mehrerer Personen in Kauf genommen wird, ist diese Veröffentlichung verantwortungs- und gewissenslos.« Man müsse sich von einem »solche Mitglied« trennen, lautete das Fazit. Aha. Und das merkt der Herr, der nicht zum ersten Mal Unfug dieser Sorte verbreitete, nach zwei Jahren - so lange steht die Abhandlung schon online.
Unter normalen Menschen würde sich jemand, der einen derartigen Schmäh verzapft, nicht nur lächerlich machen, sondern von seinem Arbeitgeber abgemahnt werden, zumal es nicht zu den Aufgaben eines Angestellten in einem Journalisten-Verband gehört, die Websites der Mitglieder nach Blockwart-Manier zu kontrollieren und zu bewerten. Nicht so im DJV. Dort wird die Aktion von zahlreichen Funktionären, die von der Denunziation mitbekommen haben, schweigend hingenommen, ja, sogar ernsthaft diskutiert, ob das Opfer - der Autor dieser unmaßgeblichen Zeilen - »noch tragbar« sei.
Was lehrt uns das? Deutsch bleibt deutsch, da helfen keine Pillen, sagte schon Kurz Tucholsky. Und: »Der größte Lump in diesem Land, das ist und bleibt der Denunziant«. Ein beliebtes Verdikt - und immer wieder aktuell und bezeichnend für das intellektuelle und moralische Niveau. Solche Leute - wie der zitierte »Mitgliederbetreuer« - hätten nicht nur unter McCarthy eine glänzende Karriere gemacht. Sie passen zur Vereinskultur wie die Daumenschraube zum Inquisitor. Wer Skandale aufdeckt, kann gewiss sein, dass der Apparat ihm irgendwann Bombenbauanleitungen, Kinderpornografie oder Drogenhandel vorwirft. Die ersten beiden Punkte hat der Autor schon hinter sich.
Hinweis: In den »Hausmitteilungen« auf spiggel.de findet sich ein Link zum »Amsterdam Coffee Shop Directory« - schon seltsam, dass noch kein »Mitgliederbetreuer« im DJV hier Anstoß genommen hat. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Funktionäre
Das Traurige ist nicht, dass diese Denunzianten existieren, sondern dass die Anderen sich nicht dagegen wehren, sondern aus Trägheit, Bequemlichkeit, Opportunismus und mangelndem Schneid nicht trauen, Kriecher-Naturen und andere Zensoren in die Wüste zu schicken.
Zu dieser Mentalität passt ein Zitat A. Paul Webers: »...Ein schneller Schnitt, dein Rückgrat fehlt,/ und was dich eben noch gequält,/ Ist jetzt direkt vergnüglich,/ Im Wehrdienst robbt sich's wie geschmiert,/ Im Amt kriecht sich's vorzüglich./ Und willst du wo geborgen sein,/ Du kriechst ganz mühelos hinein,/ Hat's doch der Arzt gestanden:/ Ein Rückgrat, das vermißt man kaum -/ Es war nie viel vorhanden...«
Abbildungen oben und unten: A. Paul Weber-Museum Ratzeburg. Montage: Burks
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BURKS ONLINE 04.11.2005
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