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Becket schrieb am 29.1. 2000 um 19:42:56 Uhr über

Weltregierung

Norbert Trenkle
Terrorismus der Arbeit
Arbeit ist für den westlich sozialisierten Menschen die
selbstverständlichste Sache der Welt; so selbstverständlich, daß
er im allgemeinen gar keinen Gedanken darauf verschwendet, um was
es sich eigentlich dabei handelt. Fragt man ihn, so wird er
ungefähr antworten, Arbeit sei nichts anderes als
zweckorientiertes, anstrengendes körperliches oder geistiges Tun
und als solches ewige Notwendigkeit des menschlichen Daseins.
Vielleicht geht er gar so weit, in der Arbeit das Wesen des
Menschseins zu sehen, also das, was ihn vom Tier unterscheidet und
aus der Natur heraushebt. Eine Schrift mit dem Titel "Anteil der
Arbeit an der Menschwerdung des Affens", wie sie Friedrich Engels
am Ende des 19. Jahrhunderts verfaßte, mag den Heutigen ein wenig
zu pathetisch klingen, dennoch bringt sie den immer noch
herrschenden Bewußtseinszustand auf den Punkt. Verräterischerweise
zählt in »linken« Kreisen des Deutschen Gewerkschaftsbundes
ausgerechnet diese Schrift zu den bewahrenswerten Texten des
Marxismus.
Nun wäre es absurd, abzustreiten, daß zur Erhaltung und zur
angenehmen Gestaltung des Lebens allerlei nützliche Dinge
produziert und die unterschiedlichsten Tätigkeiten verrichtet
werden müssen. Wenn Menschen essen wollen, müssen sie Getreide,
Gemüse und Obst anbauen, Tiere züchten; müssen sie Kochen und
überhaupt erst einmal Felder angelegt, Stallungen, Lagerräume und
Küchen gebaut und ausgestattet haben; müssen sie gelernt haben,
wie man all dies tut; müssen sie sich darüber einigen, wer was und
wann tut und wie die hergestellten Dinge verteilt werden usw. usf.
Daran wird sich grundsätzlich nie etwas ändern, auch wenn mit
Hilfe von Wissen und Technik der notwendige Zeitaufwand reduziert
werden mag. Doch wieso werden solche völlig unterschiedlichen
Tätigkeiten in der bürgerlichen Gesellschaft eigentlich unter
einer einzigen Abstraktion - der »Arbeit« - subsumiert?
Zunächst einmal könnte es so scheinen, als sei dies eine bloße
Denkabstraktion, die nur der begrifflichen Erfassung der
Wirklichkeit und der leichteren Verständigung dient, ganz so, wie
wir »Baum« sagen können, wenn wir Buche, Eiche oder Birke meinen.
Doch gibt es einen wesentlichen Unterschied. Die Abstraktion
»Arbeit« bezieht sich nämlich nicht auf die Inhalte der gemeinten
Tätigkeiten, sondern allein auf die gesellschaftliche Form in der
sie verrichtet werden. Was als »Arbeit« gilt, darüber entscheiden
nicht stofflich-sinnliche Kriterien, wie etwa die Frage danach,
welche Handgriffe verrichtet und welche Produkte hergestellt
werden oder welchen konkreten Nutzen sie für die Menschen haben.
Entscheidend ist nur, ob eine Tätigkeit unmittelbar in den
abstrakt-gesellschaftlichen Zusammenhang der Warenproduktion
eingeht: und das Merkmal hierfür ist, ob sie für Geld verrichtet
wird oder nicht. Deshalb kann auch eine bestimmte Tätigkeit, je
nach Kontext, einmal als Arbeit gelten und ein anderes Mal nicht.
Niemand wird beispielsweise den Unterschied leugnen können, der
zwischen dem Tapezieren und Streichen des eigenen Wohnzimmers und
derselben Tätigkeit als Angestellter eines Malerbetriebs besteht.
Der Tätigkeitsinhalt ist beide Male exakt der gleiche. Aber im
ersten Fall geht es mir um die Befriedigung eines ganz bestimmten
sinnlichen Bedürfnisses (dem nach einem schöneren Wohnzimmer); im
zweiten Fall dagegen stehe ich im Dienste eines völlig
unsinnlichen Zwangs: dem gesellschaftlich-totalitären Zwang zum
Geldverdienen. Vor diesem Zwang sind alle Tätigkeiten gleich, ganz
unabhängig von ihrem Inhalt. Was zählt ist nur ihre
Marktgängigkeit. Erst dadurch werden sie zur »Arbeit«.
Im sogenannten finsteren Mittelalter wäre niemand auf die absurde
Idee verfallen, die Aktivitäten eines Schmiedes, einer Bäuerin,
eines Ritters oder einer Nonne unter eine einzige abstrakt-
allgemeine Kategorie zu subsummieren. Das macht erst dort Sinn, wo
die Menschen dazu gezwungen werden, ihre Lebensenergie als
»Arbeitskraft« für einen ihnen gleichgültigen und äußerlichen
Zweck zu verkaufen: den blinden Selbstzweck der
Kapitalakkumulation. Im Marxismus figurierte die Arbeit immer als
Gegensatz des Kapitals. Sie ist dies auch, aber nur insofern sie
einen Interessenpol innerhalb des gemeinsamen Bezugssystems der
kapitalistischen Warenproduktion repräsentiert. Wenn »Arbeit« die
Form ist, in der die Menschen ihre Lebensenergie verkaufen müssen
um zu überleben, dann muß ihnen der konkrete Inhalt ihres Tuns
letztlich genauso gleichgültig sein, wie dem Kapitalisten, der sie
anheuert. Ob sie Pestizide herstellen oder Autobahnen bauen,
Bettler aus der Fußgängerzone vertreiben oder Soap-Operas drehen -
es ist ihr »Job« und der »muß getan werden«. Das schließt
persönliche Vorlieben und ethische Skrupel natürlich keinesfalls
aus. Aber das gilt für die Kapitalisten genauso. Immer wird es
welche geben, die keine Waffen produzieren wollen, aber immer
finden sich auch genug andere, die gerne ihr Geld damit verdienen.
Die viel beschworene moderne Wahlfreiheit bezieht sich immer nur
auf Optionen innerhalb des vorausgesetzten Fetischsystems von
Arbeit und Kapital.
Wenn der Zwangscharakter der Arbeit den Meisten heute gar nicht
mehr bewußt wird, dann verweist dies nur darauf, wie sehr er
bereits verinnerlicht ist. Man sollte aber nie vergessen, daß es
auch in Europa über Jahrhunderte hinweg offener Gewaltanwendung,
ja eines regelrechten Krieges gegen die Bevölkerungsmehrheit
bedurfte, bis die Menschen bereit waren, regelmäßig ihre
Lebensenergie in den Manufakturen und Fabriken abzuliefern.
Derselbe blutige Prozeß wiederholte sich dann mit einiger
Zeitverzögerung in den Kolonien und in den Ländern nachholender
Weltmarktmodernisierung - ohne dort jedoch die gleiche
Tiefendimension der Verinnerlichung zu erreichen wie in
Mitteleuropa. Hier ist den Menschen die »Arbeit« so sehr zur
zweiten Natur geworden, daß sie sich kaum noch eine andere Form
gesellschaftlicher Reichtumsproduktion vorstellen können. Ein
erschreckendes Indiz hierfür ist, daß so ziemlich alle Tätigkeiten
(auch solche, die keinesfalls direkt der Warenproduktion dienen)
mittlerweile wie selbstverständlich als »Arbeit« wahrgenommen
werden. Selbst noch die Auseinandersetzung mit einer geliebten
Person wird zur »Beziehungsarbeit« und sogar im Schlaf verrichten
wir »Traumarbeit«. Das sind nicht nur sprachliche Ausrutscher,
sondern Hinweise darauf, wie tief die gesellschaftlich dominante
Struktur bis in die individuelle Psyche reicht. Deshalb erweisen
sich auch in der Krise der Arbeitsgesellschaft die kapitalistisch
geprägten Subjekte als das vielleicht größte Hindernis für die
Aufhebung des herrschenden Fetischsystems. Sie wollen nicht
aufhören zu arbeiten, auch wenn längst offen zutage liegt, daß die
Kapitalakkumulation an ihre absoluten Grenzen stößt.
Das Verrückte an dieser fundamentalen Krise ist, daß sie
keinesfalls auf materiellen Mangel zurückgeht, sondern im
Gegenteil auf eine ungeheuer fortgeschrittene Produktivität. Unter
anderen gesellschaftlichen Bedingungen könnte diese ohne weiteres
dafür genutzt werden, alle Menschen der Welt in ausreichendem Maße
mit materiellen Gütern zu versorgen und außerdem noch einen
gewaltigen Zeitfonds für Muße und kreativ-spielerische Betätigung
jeder Art freizusetzen. Unter dem Zwangssystem der Warenproduktion
und der abstrakten Arbeit jedoch führt der erreichte Stand der
Produktivkraft unweigerlich zum Ausschluß einer immer größeren
Zahl von Menschen vom Zugang zu den elementarsten Existenzmitteln.
Jede noch so gut gemeinte Absicht der »Umverteilung« ist unter den
gegebenen Bedingungen letzlich zum Scheitern verurteilt, weil das
Kriterium zur Beteiligung am gesellschaftlichen Produkt die
Verausgabung von Arbeit bleibt. Darum kommen auch Gedanken wie
etwa die eines »Grundeinkommens« oder »Bürgergeldes« nicht herum,
denn sie setzen die Abschöpfung von Wert aus dem
betriebswirtschaftlichen Vernutzungsprozeß lebendiger Arbeitskraft
in der Warenproduktion voraus. Soll dieser Prozeß nicht abgewürgt
werden (und das wäre das Ende der ganzen Münchhausiade), kann die
monetäre Umverteilung in der Praxis nur auf eine Almosenzuteilung
noch unter Sozialhilfeniveau hinauslaufen. Und auch eine
Arbeitszeitverkürzung oder -flexibilisierung (in welcher Variante
auch immer) kann allenfalls einen kleinen Teil der
Herausgefallenen temporär wieder ins System der Arbeit integrieren
- und dies meist nur bei erheblich verschlechtertem Geldeinkommen.
All dies läßt sich auf den fundamentalen und immanent unlösbaren
Grundwiderspruch der modernen Warenproduktion zurückführen, der
darin besteht, daß sie einerseits auf das massenhafte In-Bewegung-
Setzen von Arbeit angewiesen ist, weil sie ihren verrückten,
unsinnlichen »Sinn« der Kapitalakkumulation nur auf diese Weise
erfüllen kann. Denn das Kapital ist nichts anderes als die
fetischistische Darstellung von vergangener oder »toter Arbeit«
(Marx), von Arbeit, die im betriebswirtschaftlichen
Verwertungsprozeß verausgabt wurde. Andererseits erzwingt aber die
Marktkonkurrenz eine permanente Steigerung des
betriebswirtschaftlichen Produktivitätsniveaus, also gerade ein
Überflüssigmachen von Arbeitskraft, und untergräbt so ständig die
eigene ökonomische Existenzgrundlage. Bis in die siebziger Jahre
konnte der Kapitalismus diesen Grundwiderspruch durch territoriale
Expansion und durch die Erschließung neuer arbeitsintensiver
Branchen und Bereiche entschärfen (z.B. Autoproduktion). Mit dem
Ende des Fordismus ist jedoch diese Aufschubstrategie an ihre
Grenzen gestoßen; denn die mikroelektronischen und
informationstechnologischen Produktivitätspotentiale sorgen für
ein massives Abschmelzen der Arbeit in den produktiven
Kernsektoren der Verwertung, für die es keine auch nur annähernde
Kompensation mehr gibt. Die angeblich neuen zukunftsträchtigen
Sektoren der »Beschäftigung«, insbesondere im sogenannten
Dienstleistungsbreich, erweisen sich bei näherem Hinsehen sehr
schnell als Chimäre.
Soweit dort tatsächlich eine Expansion stattgefunden hat und nicht
nur durch statistische Tricks vorgetäuscht wird, ist das
keinesfalls ein Anzeichen für eine auch nur temporäre Lösung des
kapitalistischen Dilemmas. Erstens basieren die
»Beschäftigungserfolge« teils direkt, teils indirekt auf der
enormen Aufblähung des Kredit- und Spekulationsbereichs, der
längst zum Hauptmotor der Weltkonjunktur geworden ist. Entgegen
der landläufigen Meinung stellt die Abwanderung von Kapital in
diese Sphäre nämlich nicht etwa ein Hemmnis für produktive
Investitionen dar, sondern bietet primär eine willkommene
Ausweichmöglichkeit für Gelder, die in der Realwirtschaft nicht
mehr »rentabel« angelegt werden können. Die basale
Verwertungskrise wird zwar auf diese Weise nicht gelöst, aber
dennoch für eine Weile aufgeschoben. Je länger freilich dieser
Aufschub währt, je mehr sich die Spekulation verselbständigt,
desto gewaltiger wird auch der Rückschlag auf die
Realakkumulation, die Sozialsysteme und die Staatsfinanzen sein
(die Ereignisse in Südostasien sind nur ein schwacher Vorschein
hiervon).
Solange das Spiel allerdings noch funktioniert, tragen die
Rückflüsse wesentlich zum Erhalt und zur Schaffung von
»Arbeitsplätzen« bei, die ansonsten niemals finanziert werden
könnten. Dies gilt nicht nur für den Staatssektor, der längst auf
Gedeih und Verderb am Kredittropf hängt, sondern ebenso und in
zunehmendem Maße für einen großen Teil der privat-kapitalistischen
»Beschäftigung«; denn die Spekulationsgewinne werden ja teilweise
auch wieder für den Kauf von Konsumgütern, Gebäuden und
Dienstleistungen verausgabt und setzen damit Arbeit in Bewegung.
Vor allem in den USA, wo viele Kleinanleger ihr Vermögen in Aktien
angelegt haben, sind die Börsengewinne in den letzten Jahre ein
entscheidender Konsummotor gewesen. Und wenn der US-Staatshaushalt
1999 zum ersten Mal seit 30 Jahren ein leichtes Plus aufweisen
wird, dann liegt das vor allem an den abgeschöpften
Spekulationsgewinnen. Wie der ehemalige US-Notenbankgouverneur
Lawrence Lindsey vorgerechnete, hat die Clinton-Regierung
insgesamt 225 Mrd. Dollar entsprechender Zusatzeinnahmen bis zum
Jahr 2002 fest eingeplant (vgl. Wirtschaftswoche 13.11.97). "Manna
vom Himmel" nennt Lindsey dies ironisch; allerdings handelt es
sich um einem höchst profanen Himmel, der ziemlich bald einstürzen
dürfte
Zweitens sind aber bekanntlich die meisten neuen »Arbeitsplätze«
insbesondere im tertiären Sektor nur deshalb überhaupt
konkurrenzfähig, weil die Löhne extrem niedrig sind, die sozialen
und arbeitsrechtlichen Sicherungen weitgehend oder völlig
ausgebaut wurden und kaum noch Steuern und Abgaben gezahlt werden.
Die mangelnde ökonomische Produktivität wird so durch eine extreme
Ausbeutung der Arbeitskraft und durch die Verschiebung von Kosten
auf den Staat oberflächlich (und nur partiell) auf der monetären
Ebene ausgeglichen. Doch der die Krise induzierende
Grundwiderspruch kann dadurch nicht gelöst werden. Denn vom
Standpunkt der Kapitalverwertung zählt nicht einfach, daß
überhaupt Arbeitskraft verausgabt wird, sondern ob und wieviel
Wert sie darstellt. Das Kriterium dafür ist die auf dem gegebeben
Stand der Produktivkraft gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit
für die Herstellung eines bestimmten Produkts. Daher wird der
Maßstab des Werts von den produktiven Kernsektoren der
Weltmarktproduktion bestimmt. Dem kann sich auch der
Billiglohnsektor nicht entziehen, der immer dieser Konkurrenz
ausgesetzt bleibt.
So können etwa 500 Arbeitsstunden einer Stoff-Zuschneiderin in
einer Hinterhof-Schwitzbude durchaus weniger Stückzahlen abwerfen
und daher auch weniger Wert darstellen, als eine einzige
Arbeitsstunde an einem laserbestückten Textilroboter. Analoges
gilt für den breiten Bereich kommerzieller Dienstleistungen, die
zwar selbst keinen Wert »produzieren«, aber dennoch systemisch
unentbehrlich sind, weil Waren nun einmal auch verkauft werden
müssen. Der gesamte Kleinst- und Straßenhandel, der vor allem in
den Ländern der »Dritten Welt« einen großen Teil des informellen
Sektors ausmacht, muß sich letztlich an den durchrationalisierten
Supermarktketten messen lassen, die mit einem Bruchteil des
Personal einen viel höheren Warenumschlag tätigen. In der
entwicklungstheoretischen Diskussion der 70er Jahre war dieses
Phänomen als »versteckte Arbeitslosigkeit« bekannt, weil hier,
volkswirtschaftlich gesehen, überflüssige Arbeitszeit verausgabt
wird. Es galt als Übergangsphänomen in den Ländern der Dritten
Welt, das im Zuge einer anvisierten (und mittlerweile
gescheiterten) kapitalistischen Modernisierung verschwinden
sollte. Im Zynismus des neoliberalen Diskurses hingegen gilt es
als das höchste der Gefühle, wenn nun auch in den westlichen
Metropolen die Menschen zunehmend dazu gezwungen werden, ihre
Arbeitskraft kapitalistisch unterproduktiv und daher zu den
miserabelsten Bedingungen zu verkaufen. Hauptsache sie arbeiten
überhaupt.
Dieser Terrorismus der Arbeit kann zwar ökonomisch letztlich nicht
aufgehen, doch als Krisenverwaltungsstrategie ist er momentan in
erschreckendem Maße erfolgreich. Wie zu Beginn der
kapitalistischen Warenproduktion wird der Arbeitszwang wieder ganz
offen propagiert und eingesetzt, nun aber nicht mehr, um den
Menschen die Fabrikdisziplin einzubleuen und sie für die "Armeen
der Arbeit" zu rekrutieren, sondern als Disziplinierungsmittel für
eine Bevölkerung, die vom Standpunkt der Verwertung eigentlich
überflüssig ist. Dienten die neuzeitlichen Arbeitshäuser der
Durchsetzung einer neuen Form gesellschaftlicher Reproduktion
gegen den Widerstand großer Teile der Bevölkerung, so hat der
aktuelle von Neoliberalen, Sozialdemokraten und Rechtsradikalen
gleichermaßen propagierte Zwang zur Arbeit keinen anderen Zweck,
als die Aufrechterhaltung dieser historisch längst überholten
Form. Das Schlimmste ist, daß damit offenbar ein tiefverwurzeltes
Massenbedürfnis bedient wird. Wo sich überhaupt Proteste regen,
stehen die Menschen nicht gegen, sondern für die Arbeit auf -
soweit sich ihre Wut nicht gleich in rassistischen,
antisemitischen und sozialdarwinistischen Projektionen äußert.
Während die Krise unaufhaltsam voranschreitet, klammern sie sich
verzweifelt an die masochistische Illusion, ihre Lebensenergie
weiterhin zu immer miserableren Bedingungen verkaufen zu dürfen.
Wenn es nicht gelingt, diese fatale Fixierung aufzubrechen und ein
Bewußtsein dafür zu schaffen, daß die historisch geschaffenen
Potentiale gesellschaftlicher Reichtumserzeugung aus den
fetischistischen Formen von Arbeit und Kapital herausgelöst werden
müssen, wird die Krise der Arbeitsgesellschaft die sozialen und
natürlichen Lebensgrundlagen restlos zerstören.
Veröffentlicht in der Zeitschrift »Juridikum« 2/98 (Wien)
Der Text steht für weitere Veröffentlichungen zur Verfügung.
Belegexemplare bitte an den Autor:
Redaktion Krisis
Postfach 21 11
91011 Erlangen




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