Die letzten schätzungsweise 9 Stunden dieses äußerst trostlosen Sonntags damit verbracht, jenes Buch zu lesen, das von der Leiche hier einige Male gelobt worden ist: Marlen Haushofer: Die Wand (1963).
Ein außerordentliches Buch. Eine Geschichte ganz nach meinem Geschmack, wie ich schon nach wenigen Seiten bemerkte. Die vorgenommene Reduktion, der Minimalismus, der dem Text etwas Märchenhaftes verleiht, ohne ihn je ins Groteske abgleiten zu lassen, der strikte Aufbau dieser recht ungewöhnlichen Robinsonade - das alles wird noch übertroffen von der Tatsache, daß die Ich-Erzählerin es nicht für nötig befindet, das Wort »Gott« auch nur ein einziges Mal anzudeuten. Und das, obgleich die beschriebene Situation auswegloser und fragwürdiger, sprich: religiös ausschlachtbarer nicht sein könnte. Ich kann es nicht anders nennen als glaubwürdig und beruhigend, wie sie ihren Kampf gegen das drohende Nichts dokumentiert und dabei keinen Zweifel daran läßt, es wirklich ernst mit sich und der Welt zu meinen; Wie sie nach und nach die Zwiebelschalen der menschlichen Bedeutungshudelei entlarvt, ohne ihre menschliche Würde zu lädieren.
Dabei ist das Erzählte weit weg davon, melancholisch zu stimmen. Im Gegenteil. Die äußerst lebendigige Rückbesinnung auf unseren Platz im großen Sein bringt etwas Reinigendes mit sich: Einen kleinen Lichtblick ins friedliche Tal des Unwissens.
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