Bei der Lektüre des Schreber–Textes habe ich gemerkt, daß die Weltgebäude eines Psychotikers oder Schizophrenen zwar vordergründig ausgesprochen kurios sind (sowohl für den Erkrankten als auch für die Angehörigen und Zuschauer) jedoch in ihrer vollen Ausbreitung eher ermüdend bis peinlich. Es ist nämlich ein Irrtum, anzunehmen, daß die Welt das Wahns die freiere, offenere, ausgreifendere ist. Tatsächlich wiederholen sich gewisse Denkmuster und Limitierungen über die Jahrhunderte, da ist gerne von Strahlen und himmlischen Kräften die Rede, die Welt beginnt, sich um den Kranken zu drehen oder ihn gar hinauszukatapultieren, Ichichich, auf Dauer ermüdend und ohne größeren sittlichen Nährwert zu lesen. Wenn die Welt der Irren schon eine so begrenzte und zusammenschnurrende Angelegenheit ist, wer will sich da als normaler noch über sein ödes Dasein beschweren? Ihm ist wenigstens im günstigsten Fall die Möglichkeit belassen, frei von Ängsten und Zwängen über seinen Tellerrand zu schauen, während die Wahrnehmungsgestörten verdammt sind, ein und denselben Ausschnitt ihrer schiefen Welt tausendfach zu bespiegeln. Wie die meisten anderen Menschen auch.
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