Wärterinnen

Eine Wärterin von gut 3500: Elfriede Rinkel bewachte Häftlinge im KZ Ravensbrück. Sie hat nie darüber gesprochen – wie die meisten...

Insa Eschebach, die Gedenkstättenleiterin, sagt: »Vieles spricht dafür, dass die meisten Aufseherinnen ganz gewöhnliche Menschen waren, auch wenn diese Vorstellung schwerer zu ertragen ist.« Ravensbrück lasse sich jedenfalls nicht durch vereinzelte sadistisch veranlagte »Bestien« erklären. Zu systematisch sei hier gequält und gemordet worden.

Elfriede Rinkel kam nach ihrer Ausweisung einige Wochen im Rheinland auf dem Bauernhof einer Verwandten unter; mittlerweile soll sie sich in der Schweiz aufhalten. Die Zentralstelle zur Aufklärung von Nazi-Verbrechen in Ludwigsburg prüft derzeit, ob sich Rinkel Mord oder Beihilfe zum Mord unter dem Nazi-Regime nachweisen lassen. Andere mögliche Straftaten sind verjährt. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem fordert ein Gerichtsverfahren gegen die »Kriegsverbrecherin«.

Der eigentliche Skandal, sagt Insa Eschebach, sei nicht, dass viele der Täterinnen und Täter nie bestraft wurden. Das Problem sitze tiefer: »Viele haben sich mit ihrer Rolle im Dritten Reich nie kritisch auseinandergesetzt.«

»Ich habe nur geschaut, dass die Gefangenen nicht weglaufen«, sagte Rinkel nach ihrer Enttarnung in San Francisco.

http://www.tagesspiegel.de/zeitung/nur-kein-aufsehen/786966.html