Denn Kunst entsteht ja praktisch erst im Auge des Betrachters, man macht sich ein Bild und glaubt, es sei so gemeint. Wie leicht sehen wir in den Hügeln und Tälern einer verkitschten Darstellung Orte unserer Sehnsucht. Gar nicht so seltsam, recht besehen.
Eine Dichterin aus Lyon beschreibt den Ort übrigens so:
Louise Labé [Ü: Rainer Maria Rilke]
DAS SIEBZEHNTE SONETT
ICH flieh die Stadt, die Kirchen, jeden Ort,
wo ich dich sehe, wo du dich beklagst
und, wie du bist, gewaltsam, immerfort
dem näher kommst, was du zu fordern wagst.
Turniere, Spiele, Maskenzüge: nichts
von alledem ist mit dir zu vergleichen.
Ich suche meinen Wünschen auszuweichen
und, von dir abgekehrten Angesichts,
daß etwas dem Verliebtsein mich entrisse,
verlier ich im Gehölz mich hin und her;
doch alles ist gemacht, damit ich wisse:
Ich müßte, um dich wirklich aufzugeben,
aus mir hinaus und außer meiner leben:
denn als Entfernter bist du dort noch mehr
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