Mark Derg
sammelten Vorstadtmiefs der Tupperwarengesellschaft, entspricht bis ins Detail den cyberpunkigen Dystopien, die ihren ätzenden Spott über das gelobte Übermorgen auskippen, das sie nie erleben werden. Der beißende Hohn erinnert an »The Gernsback Continuum«, wo William Gibson die technokratischen Phantasmen der SF-Groschenromane liebevoll zur Schlachtbank führt. Diese und andere Überschneidungen, auch mit dem zynischen Modernismus und der Liebe zu Ramschkultur der Independent Group - deren ICA-Ausstellung 1956 »This is Tomorrow« der reinste Proto-Cyberpunk war! -, mit dem Popkünstler Richard Hamilton und mit New-Wave-Visionären wie J.G. Ballard finden ihre Apotheose in Bands wie Normal und Flying Lizards. No-Futurismus ist eben auch eine Form von Futurismus.
Lovink: Als ich deine Kritik zu Survival Research Laboratories (SRL) las, fiel mir auf, daß du sie nicht mit der »Industrial«-Bewegung in Verbindung bringst, die ja ebenfalls aus der Musik kommt. Industrial-Ästhetik hat vieles gemeinsam mit der digitalen Technologie der Achtziger Jahre. Das Zeitalter des Immateriellen vorwegnehmend, feierte sie die Düsterkeit verlassener Fabrikgelände, die Extrembedingungen von Häuserkampf und Straßenschlacht und die pure Materialität gigantischer, aber nutzloser Metallgegenstände. Obwohl man es auch als dionysische Antwort auf die unerträgliche Leichtigkeit des Yuppie-Seins (der herrschenden Klasse der Achtziger Jahre) sehen könnte, wirfst du SRL »Macchinismo« vor und sprichst von »verdrängter männlicher Sexualität«. Aber vielleicht ist ihr Publikum ja angesichts der ganzen politischen Korrektheit und allgemeinen Transparenzforderungen besonders angetan von der Düsterkeit und dem Schmutz von SRLs Spektakel »der niederen Schichten«?
Dery: Ich bekenne mich schuldig. Ich habe versäumt, SRL in den kunstgeschichtlichen Kontext von Industrial zu stellen, aber zu meiner Rechtfertigung möchte ich anfügen, ich bin einfach davon ausgegangen, daß die meisten sowieso Re/Searchs berühmtes »Industrial Culture Handbook« gelesen haben, in dem SRL als Nullpunkt dieser Form von Ästhetik bezeichnet wird. Natürlich sind alle meine selbstgedichteten Cybermythen - das mechanistische Chaos von SRL, die Cyber-Körper-Performance-Kunst von D.A.Therriens Comfort/Control, Industrial-Musik und Science-Fiction-Filme von Tetsuo bis Terminator - Teil einer mechanistischen lkonographie, ironische Metaphern für eine Informationsgesellschaft, deren technologisches Totem, der Computer, sich jeder Repräsentation entzieht. Sein serienmäßig glattes Äußeres ist zu undurchdringlich und seine inneren Vorgänge zu komplex und dynamisch, um sie greifen zu können. Nur über die Heavy-Metal-Materialität des Maschinenzeitalters ist es möglich, sich dieser post-
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industriellen Maschine Oberhaupt anzunähern. dieser Logik zu breche nur einmal gelungen, mit
sigung von T-1000 im Terminator 2 - wenn es gab, dann diesen! Seine Logik ist möglicherweis sige, silbrige Gestalt ohne Merkmale wird, so täuschend echter Kopie und vor-verkörpert so beunruhigend ungewisse Zukunft. T-1000 ist d Cyberkultur, deren Kennzeichen die Entmateri selbst der genetischen Codes lebender Organis Zu deiner Bemerkung, SRL-Spektakel wollt scher oder dionysischer Impulse der >,unerträ Seins« entgegentreten - übrigens eine Interpret Ecke stellen würden als die üblichen Anschuldi sein - muß ich zunächst sagen, daß die von dir sondern von feministischen Kritikerinnen stam einer kritischen Analyse von SRLs avantgar hinsichtlich ihrer Geschlechterpolitik wiederh ity lautet so'. >@Manche sind allerdings der Mei Macho-, halb Macchinismo-Ästhetik, den Te stätigen und nicht, wie behauptet, ihm entgege te SRLs Gewaltorgien als >verdrängte, männlic trieb wiederkehrt,«. Ich will einfach zeigen, men ist, das sich nicht in ideologische Zwan mances inszenieren die Cyberpunk-Phantasie kohlrabenschwarze Komödien über Aufrüstu der wechselseitigen Vernichtung, auch wenn si bertäre, möglicherweise »männliche« Wunsch ist dabei recht ärgerlich - ansprechen. in ein schinen-Kunst mit dem Titel Pandemonium h ter Pans Verlorene, Buben und der Baader-M Ehrlich gesagt, ich finde SRLs unverhohlen gemetzel hinreißend. Ein kraftvolles Korrekti braucher-Moral in der Mainstream-Kunstszen che Denken besteht darauf, daß wir uns mit gnügungen »aussöhnen« müssen. Es findet A ihren Vertretern ja gerade die Unversöhnlich mit sich selbst große Freude bereitet. ich wür weil mir das zu sehr nach Mondo 2000 und Ji
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