Bevor wir zu den inneren Genitalien übergehen, sei jetzt noch erst eines paarigen Gebildes gedacht, das sich etwa in 1 - 1,5 cm Tiefe zu beiden Seiten der Vulva und des Introitus vaginae, nahe an der Vaginalwand gelegen, befindet. Ich meine die Vorhofszwiebel. Diese Bulbi vestibuli bestehen aus weiten, dünnwandigen, schwammartigen Blutgefäßräumen, welche sich, ähnlich wie das schon beschriebene Gewebe der Clitoris, auf Reize geschlechtlicher Art (seien sie psychischer Natur oder von örtlicher Berührung ausgehend) prall füllen. Die vorderen Enden der Bulbi verschmälern sich stark und konvergieren in der Höhe des Clitoriswinkels. Nach hinten wird der Durchmesser größer, so daß der Bulbus (in nicht geschwollenem Zustande) etwa 0,5 - 1 cm dick und 1 - 1,5 cm breit ist (die Länge beläuft sich auf 3 - 5 cm). Das hintere Ende ist abgerundet; es bedeckt von der Seite und oben her gerade die Glandula Bartholini, reicht somit ungefähr bis an die hintere Scheidenwand. Sein unterer Rand liegt in der Basis der großen Schamlippe, sein innerer Rand grenzt an die kleine Schamlippe und hinten an die seitliche Scheidenwand. Beide Schwellkörper zusammen bilden somit ein den Scheidenvorhof und den Scheideneingang umfassendes Hufeisen, dessen Öffnung nach hinten gerichtet ist.
Bei eintretender Schwellung der Vorhofszwiebel werden die großen Schamlippen praller und dicker, und ihre Innenseite kommt mehr nach außen, wobei sie zu gleicher Zeit auseinander gehen, so daß sich die Vulva etwas öffnet; man sieht es den Organen an, daß sie von Blutfüllung förmlich strotzen, und die Coitusbereitschaft ist durch diese Erscheinungen auch örtlich auffallend wahrnehmbar. Das Hufeisen bringt eine weniger sichtbare als fühlbare, polsterartige Verengung des Introitus vaginae zustande, welche beim Coitus die Reibung verstärkt und die Reize für beide Beteiligten beträchtlich erhöht.
Th. van de Velde: Die vollkommene Ehe, S. 59
38. Aufl. 1929
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