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Geromel schrieb am 16.1. 2012 um 16:11:26 Uhr über

Vollstreckung

Mr. Wuitong erzählte mir auch von seinen unangenehmeren Pflichten: „Als Vertreter der Regierung musste ich regelmäßig an der Vollstreckung von Todesurteilen teilnehmen, die damals noch durch eine Gewehrsalve in den Rücken vollzogen wurden. An viele kann ich mich gar nicht mehr erinnern, aber eine Hinrichtung ist mir doch im Gedächtnis geblieben. Ein Geschwisterpaar, Junge und Mädchen, gerade volljährig, verurteilt wegen Drogenschmuggels. Zuerst holten die Wärter, begleitet vom Priester, dem Richter und mir den Jungen aus der Zelle. Als erstes streiften sie ihm die schwarze Jogginghose ab. Unterhalb des blauen T-Shirts sah man jetzt eine blau-gelbe Sprinterhose. Da er unter dem T-Shirt eine Art Sporthemd trug, wurde es ihm auch abgenommen. Dann wurden Handschellen angelegt und er musste seinen letzten Gang antreten. In der Hinrichtungskammer standen zwei Erschießungsböcke bereit. Das waren Holzkreuze mit einem Querbalken nach vorne in Schritthöhe. Diese sollten den im Tod zusammensackenden Körper des Delinquenten auffangen und waren schon gelblich gegerbt von durch die letzte Hose dringenden Angstschweiß und im Moment des Todes abgehenden Urin und Exkrementen. Dem Jungen wurden die Schuhe ausgezogen, dann wurde er auf mit breiten Stoffbändern auf den Bock geschnallt. Das Hemd wurde über den Kopf vom Oberkörper gezogen, die Handschellen abgenommen und die Hände in einer Art Gebetshaltung hinter dem Balken zusammengebunden. Dann brachten Sie das Mädchen. Zuerst zogen sie ihr Shorts und Schuhe aus, dann wurde sie auf dem linken Bock fixiert. Auf dem Weg dorthin versuchte sie mit ihrem Bruder zu sprechen, was von den Wärtern unterbunden wurde. Nachdem ihr T-Shirt entfernt worden war, trug sie nur noch eine Art Sportanzugaus Lycra, bestehend aus Bustier und Slip in den selben Farben wie die Hose des Jungen. Der Priester sprach unablässig Rosenkränze, während auf den Rücken der Verurteilten das Herz markiert wurde, um die jetzt hereingebrachten Maschinengewehre zu justieren. Als letztes wurden zwischen die Hände rituell Blumen gelegt und die Augen verbunden. Auf der Stirn der beiden Todeskandidaten stand Angstschweiß, beide zitterten. Eine Papierwand wurde durch den Raum gezogen, so dass der in diesem Moment hinzukommende Henker die Verurteilten nicht sehen konnte. Links hörte man ein plätschern, vermutlich piescherte das Mädchen in Todesangst in ihr Sporthöschen. Der Henker bat zuerst die Deliquenten rhetorisch um Vergebung, was in der Prozedur aus religiösen Gründen so üblich war, dann hob der Richter eine Fahne. Als er diese senkte, salutierte der Henker und setzte mit einem Hebel beide Maschinengewehre in Gang. Die Salve dauerte etwa 5 Sekunden. Danach war es still. Durch die zerschossene Papierwand hörte man noch ein kurzes Röcheln und das Tropfen und Plätschern abgehender Körperflüssigkeiten. Ein Arzt trat jetzt heran, schob die Wand zur Seite und suchte zwischen den Ausschusslöchern auf der Brust einen Platz für sein Stethoskop. Es stank, denn im Moment des Todes hatten die Hingerichteten den Darm in die Hose entleert. Beide Urteile waren erfolgreich vollstreckt. Wärter mit Gummischürzen traten jetzt in den Raum, um die Toten einzusagen und das Gemisch aus Blut, Urin und Stuhl vom Boden und den Wänden zu entfernen. Das war mit Abstand die abscheulichste Exekution, der ich beiwohnen musste. Später dann wurde nur noch die Giftspritze benutzt. Das machte die Hinrichtungen zwar etwas weniger abstoßend, änderte aber nichts an der Grausamkeit der Strafe.


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