Ich bin davon überzeugt, dass Volksmusik nicht nur für Rentner, sondern auch für bekiffte Jugendliche gemacht wird. Es lohnt wirklich, nach einem Joint den Musikantenstadl zu gucken.
Überraschend für mich war, dass die Lieder sogar einen Inhalt haben. Allerdings haben alle Lieder den SELBEN Inhalt. Meist schöne, paradiesische Landschaft in Verbindung mit perfekter Liebe. Für das vereinsamte Publikum sicher ein Vorgeschmack auf das Leben nach dem Tod. Die alten Ägypter hatten ähnliche Vorstellungen von der Ewigkeit.
Die Kostüme der Interpreten ergänzen den Inhalt: Sie unterstützen die Illusion von einem paradiesischen Landstrich, wo die Welt noch in Ordnung ist. Am beliebtesten sind der Alpenraum, das Erzgebirge und die Küstenregion. Aber weder im Erzgebirge noch sonst irgendwo auf der Welt rennen die Leute in Trachten herum und jodeln den ganzen Tag. Die Rentner aus dem Erzgebirge träumen sich in ein phantastisches Bayern, und die Greise von der Waterkant schwärmen von den Randfichten. Kein Ort. Nirgends. Das Rentnerutopia!
Wärme, Gemeinschaft und Freude finden die Alten nur noch bei Marianne und Michael - nicht etwa bei den Leuten, mit denen sie angekarrt wurden, um anonym zu schunkeln. Die Lieder sind ganz matschig von verdrängter Sexualität und kindlicher Sinnenfreude. Der Versuch, die Unschuld zurückzugewinnen und noch einmal ganz von vorne anzufangen, wird in eine phantastische Gegenwelt verlagert.
Nicht nur Volksmusik erschließt sich dem bekifften Beobachter ganz neu; auch Homeordertelevison, wissenschaftliche Reportagen und »Die Blechtrommel« offenbaren plötzlich reine Bedeutung!
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