Von da reiste Solon nach Sardes, zu Kroisos, dem überreichen Könige der Lyder. Kroisos wollte anfänglich nach Art unvornehmer Leute durch die Vorzeigung seiner Schätze auf Solon Eindruck machen. Der Grieche betrachtete diesen aufdringlichen Prunk höflich und gelassen. Er brach nicht in die von Kroisos erwartete Bewunderung aus, was den eitlen Herrn von Lydien ein wenig schmerzte. Dennoch blieb er seinem Gaste wohlgesinnt und ertrug sogar dessen allzu philosophische Bemerkungen – über das wahre Glück – mit Geduld. Wenn Solon in seiner freiwilligen Verbannung meinte, daß Niemand vor dem Tode glücklich zu preisen sei, so wußte das Kroisos besser. Er war glücklich. Lydien, das reiche, gehörte und gehorchte ihm. Von Persern oder Griechen gab es nichts zu fürchten. Im Innern war eine Ruhe, die das Herrschen zur lauteren Wonne machte. Dazu kam das Behagen der Familie. Dem Kroisos blühte eine Tochter, Omphale genannt nach jener sagenhaften Königin von Lydien, und lieblich anzuschauen in ihrer Jungfrauschaft. Kroisos verstand es aber auch, sich das Leben auf erlesene Art zu zieren. Er schuf sich Genüsse des Geistes, ohne die Reichthum und Macht nur den rohen Gemüthern Freude bereiten. Künstler und Philosophen bewirthete er mit Anmuth, und die besten Männer von Hellas waren ihm Freunde. So war um diese Zeit auch der Fabeldichter Aesop sein Gast in Sardes. Diesem aufgeklärten Poeten verrieth Kroisos in traulicher Stunde sein Erstaunen über Solons Kälte.
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