VIAGRA - Authentisches Protokoll eines Selbstversuchs
19.20 Soeben im Selbstversuch 100 mg Viagra eingenommen. Die Berichte über blaue Punkte vor den Augen und schmerzhafte Dauerektionen schreien nach empirischer Untermauerung.
19.30 Noch keine Wirkung, zweite Flasche Bier geöffnet. Beipackzettel gelesen: »Der Zeitraum bis zum Wirkungseintritt von Viagra ist von Patient zu Patient verschieden, er liegt üblicherweise bei einer halben bis einen Stunde.« Also noch Zeit genug, meine Papiere zu ordnen.
19.37. Mich über die Waschzettelbemerkung gewundert 'Viagra darf von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht eingenommen werden'. Wieso wird einem 16jähriger mit erektyler Disfunktion nicht das Recht auf einen Orgasmus gewährt? Schwache Zuckungen beim Gedanken, einem solchen zu tablettenfreier Erfüllung zu verhelfen, die Sache aber zunächst beiseite gesteckt.
19.40 Verärgert festgestellt, daß bei erfolgreichem Verlauf des Experiments derzeit niemand im Haus ist, mir aus der erstrebten Not zu helfen. Gang in die Innenstadt erwogen, als zu weit befunden. Marillenbrand getrunken, prophylaktisch nach vergrabenen Magazinen gekramt, AdultCheck-Nummer aus dem Dateispeicher gefischt.
19.45 Meine, soeben ein warmes Prickeln im Unterleib zu verspüren, ähnlich dem, was nach Verzehr eines Morgenroors in den Fingerspitzen passiert. Kurz erwogen, das ganze Protokoll abzubrechen, und stattdessen zu meinem Scherzartikelverkäufer zu fahren. Verworfen im Hinblick auf die gehabten Biere nebst Marillenbrand.
19.52 Inzwischen bin ich sicher, daß dieses gleichmäßig warme Gefühl oben- und untenrum nicht auf vorgezogenes Klimakterium oder Bier zurückzuführen ist. Nochmal via Beipackzettel versichert, daß ich nicht an Sichelzellenanämie, Leukämie, Knochenmarkskrebs (Charles M. Schulz ist ja daran...) oder einer Deformation meines Penis leide - ja, deformiert der sich dann etwa noch weiter? Rutenverknotung? Wachsende Neugierde, die penide Reizbarkeit auszuloten. Rolladen geschlossen, weiteres Bier geholt.
20.00 Carlos Peron ins Laufwerk geschoben, mich jedoch zunächst nochmal, ganz Addict, durch die neuen Blaster– und Forenbeiträge geklickt. Immer noch bedauerndes Kopfschütteln über KdW. Zwischendrin unter der Hand in mich reingehört, kein nennenswerter Erfolg.
20.02 Achso: 'Viagra wird ihnen nur dann zu einer Erektion verhelfen, wenn sie sexuell stimuliert werden.' Erwogen, vom geöffneten Browserfenster zu Reiterpisse–Beiträgen zu wechseln, als zu speziell verworfen. DerSagenumwobeneKelchderKotze624 angeklickt. Abgelenkt, weil aus dem Hintergrund Mombasaberichte tönen. Peron lauter gestellt.
20.06 Im Beschluß, die Sache zu forcieren, Wasser lassen gegangen (Jever), dabei einen durchaus positiven Eindruck meiner Uretherummantelung gewonnen, die bei aller Unspektakularität irgendwie gut in der Hand liegt, warm, weich, aber leicht verdickt. Trotzdem zunächst von einer Intensivierung der Bemühungen abgesehen.
20.11 Habe eindeutig heiße Ohren. Ob das vielleicht aber nur daran liegt, daß ich mir gerade die Konsequenzen dieses halböffentlichen Versuchs verdeutlicht habe? Erstmals seit längerem für einen Großbeitrag Pseudonymänderung erwogen.
20.18 Mich auf der gerngesehenen Seite http:/http://www.bearclaws.net/evilcub23 eingeloggt, der seit einer Viertelstunde zunehmend lendenlahmere Computer stürzte nach Eingabe des Zauberwortes probe4prill jedoch ab. Drei Kreuze für meine Vorahnung gemacht, dieses Protokoll zuvor zwischenzuspeichern, aber die mühsam aufgebaute Versuchsanordnung ist darüber wieder zum Teufel.
20.23 Glühend heiße Birne, aber das ist es im Augenblick schon. Jedoch zu träge, auf Fehlersuche zu gehen, und zu sehr eigener Protokollant, um die Hände von der Tastatur zu nehmen.
20.27 Zwischendrin Anruf der oberen Mieterin, Wassereinbruch im zweiten Stock, die verdammten Heizungsrohre. Gottlob begrenztes Areal, von ihr bereits weggefeudelt, morgen kommt der Heizungsmann, kommt mit seinen Flanschen.
20.31 Mir die Mieterin aus dem zweiten Stock, die ich auf Bitten des Prostatikers aus dem ersten Stock bereits einmal wegen zu lauter Beischlafgeräusche und nächtlichen Gehens in Stöckelschuhen abgemahnt habe, im Vollzug mit ihren wechselnden albanischen Freunden vorgestellt. Als untaugliche Fantasie verworfen, die Dame ist immerhin 65, sollte sich lieber schämen, statt mir durch den Kopf zu gehen. Immer noch großes Wärmegefühl, fast überall. Leider nur fast. Finger immer noch im Dokumentationsrausch an der Tastatur klebend.
20.36 Kurz vor meiner solipsistischen Ethikkommision beantragt, für fünf Minuten Chronistenpflicht Chronistenpflicht sein zu lassen.
20.38 Antrag stattgegeben.
20.43 Hände gewaschen usw. Mir ist immer noch warm.
20.45 Statt vor Dauererektionen sollte Pfizer lieber vor Ohrenglühen warnen. Versuch an dieser Stelle als beendet erklärt, allgemeine Tristesse, erneut zum Kühlschrank gepilgert: »Bier, Bier, Bier, wie es auch komme!« (Jean Paul)
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